Ausschlussfristen gelten nicht für sich aus Arbeitszeitkonten ergebende Vergütungsansprüche, wenn die Anzahl der angesparten Überstunden durch den Arbeitgeber bereits in einer Lohnabrechnung anerkannt wurde (BAG, Urteil v. 28.07.2010, 5 AZR 521/09)

Begehrt der Arbeitnehmer nach seinem Ausscheiden die Vergütung von in einem Arbeitszeitkonto festgehaltenen Überstunden, so hat er eine Ausschlussfrist dann nicht zu beachten, ist die Anzahl der Stunden auf dem Arbeitszeitkonto durch den Arbeitgeber in der Vergangenheit im Rahmen einer Lohnabrechnung bereits anerkannt worden (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.07.2010, 5 AZR 521/09).

Sachverhalt:

Der Arbeitnehmer begehrt vom Arbeitgeber Vergütung für von ihm erbrachte Überstunden, die konkret mit 90 Überstunden auf dessen Arbeitszeitkonto zum Stand des 01.10.2006 ausgewiesen waren. Ohne dass der Arbeitnehmer in der Folgezeit hierfür einen Freizeitausgleich oder eine Vergütung erhalten hätte, strich der Arbeitgeber die auf dem Arbeitszeitkonto angesammelten Überstunden in der Folgezeit ersatzlos. Der Arbeitnehmer, der mittlerweile zum 14.05.2008 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, begehrt nun die Vergütung dieser Überstunden. Der Arbeitgeber entgegnet, dass nach dem einschlägigen Tarifvertrag eine 2-monatige Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen einzuhalten wäre, die der Arbeitnehmer nicht beachtet habe. Schon wegen der Ausschlussfrist sei der Anspruch auf Vergütung der ursprünglich auf dem Arbeitszeitkonto erfassten Überstunden untergegangen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.07.2010, 5 AZR 521/09).

Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 28.07.2010 (5 AZR 521/09) dem Arbeitnehmer die begehrte Vergütung zugesprochen. Das Überstundenguthaben auf einem Arbeitszeitkonto drücke seinerseits eine andere Form des Vergütungsanspruchs des Arbeitnehmers aus. Stelle aber eine Lohnabrechnung bereits ein Anerkenntnis der dort ausgewiesenen Beträge dar, hinsichtlich derer der Arbeitnehmer keine Ausschlussfristen mehr einzuhalten habe, so müsse Gleiches auch für die in einem Arbeitszeitkonto erfassten Überstunden gelten. Anerkenne der Arbeitgeber einen Lohnanspruch oder aber mit der Erfassung von Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto, dass insoweit künftig entweder ein Freizeitausgleich oder eine Vergütung zu gewähren ist, bedürfe es nicht mehr des Schutzes durch Ausschlussfristen. Das ändere sich auch dadurch nicht, wenn der Arbeitgeber später eine von ihm zunächst selbst vorbehaltlos anerkannte Forderung wieder bestreite. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Vergütung der angesammelten Überstunden sei kein neuer Anspruch, für den wieder neue Ausschlussfristen gelten würden. Er ersetze lediglich den Freizeitausgleichsanspruch, der seinerseits der Höhe nach in der Lohnabrechnung bereits anerkannt wurde und wegen des zwischenzeitlichen Endes des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erfüllt werden könne. Der Arbeitnehmer müsse daher keine Ausschlussfristen einhalten, weswegen ihm eine Vergütung der auf dem Arbeitszeitkonto angesparten Überstunden zuzusprechen war (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.07.2010, 5 AZR 521/09).

Auswirkungen und Empfehlungen:

Arbeitnehmer sollten darauf dringen, dass Überstunden auf ihrem Arbeitszeitkonto auf der Lohnbescheinigung oder einem Anhang hierzu ausgewiesen werden. Nur so wird künftig ein Nachweis für einen Vergütungsanspruch möglich sein, dem der Arbeitgeber nicht allein mit dem Einwand einer abgelaufenen Ausschlussfrist begegnen kann. Zu beachten ist dabei natürlich stets die Grenze der Verwirkung bzw. Verjährung. Zugleich muss der Arbeitnehmer vertragliche und tarifliche Regelungen danach durchsehen, ob nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weitere – und damit neu zu beginnende ! - Ausschlussfristen greifen. Selbst im Vorfeld anerkannte Ansprüche durch den Arbeitgeber wären bei Versäumung dieser Frist dann doch wieder ausgeschlossen, was dem Vergütungsanspruch untergehen lässt.

Zwar ist die Entscheidung konkret auf Vergütungsansprüche für sich aus Arbeitszeitkonten ergebende Überstunden bezogen. Für Arbeitgeber lässt die Entscheidung aber generell erkennen, dass Ausschlussfristen in der Regel nur dann erfolgreich eingewendet werden können, wenn der Arbeitgeber den betreffenden Anspruch nicht bereits anerkannt hat. Bevor eine Anerkennung (z.B. durch ein Erfassen auf dem Lohnschein) erfolgt, sollte deshalb stets eine sorgfältige Prüfung erfolgen. Im Weiteren ist es nötig, dass der Arbeitgeber bei zwischenzeitlichem Ausscheiden des Arbeitnehmers nochmals die dann etwa separat neu beginnenden Ausschlussfristen prüft. Möglicherweise ergibt sich hierdurch eine neue Möglichkeit, dem geltend gemachten Anspruch des Arbeitgebers doch noch wirksam begegnen zu können.









Eingestellt am 02.11.2010 von Dr. Thomas Langner
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