Die Nichteinhaltung der objektiv richtigen Kündigungsfrist ist innerhalb der 3-wöchigen Klagefrist mit einer Kündigungsschutzklage anzugreifen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 01.09.2010, Az. 5 AZR 700/09)

Kündigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer und hält er dabei die Kündigungsfrist nicht ein, muss der Arbeitnehmer dann hiergegen innerhalb von drei Wochen seit Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erheben, wenn die sich mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung nicht in eine Kündigung mit ordnungsgemäßer Frist auslegen lässt. Andernfalls hat schon auf Grund des Fristablaufs die unrichtige Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis wirksam beendet (BAG, Urteil vom 01.09.2010, Az. 5 AZR 700/09).

Sachverhalt:

Der Arbeitnehmer begehrt vom Arbeitgeber noch ausstehenden Lohn für die Monate August und September 2008. Die Zahlung dieser Löhne verweigerte der Arbeitgeber mit Hinweis darauf, dass man dem seit 1995 beschäftigten Arbeitnehmer am 22.04.2008 zum Ablauf des 31.07.2008 wirksam gekündigt habe. Der Arbeitnehmer entgegnete, dass die in der Kündigung benannte Kündigungsfrist von lediglich drei Monaten zum Monatsende unwirksam gewesen sei und die Kündigungsfrist unter Einhaltung der gesetzlichen Regelungen frühestens am 30.09.2008 geendet hätte und er deshalb bis dahin noch Lohn verlangen könne. Eine Kündigungsschutzklage innerhalb der 3-wöchigen Klagefrist seit Zugang der Kündigung hatte der Arbeitnehmer nicht erhoben.

Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 01.09.2010 (Az. 5 AZR 700/09) dem Arbeitnehmer zwar hinsichtlich der grundsätzlichen Berechnung der Kündigungsfrist recht gegeben. Diese wäre objektiv tatsächlich erst zum Ablauf des 30.09.2008 und nicht bereits zum 31.07.2008 abgelaufen. Im Ergebnis hat der Arbeitnehmer jedoch mit seinem Anliegen deshalb nicht durchdringen können, weil er nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung die vom Arbeitgeber unzutreffend angenommene Kündigungsfrist gerichtlich mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen habe. Das sei aber nötig gewesen, weil sich die vom Arbeitgeber mit zu kurzer Frist, aber eben unter konkreter Benennung eines festen Kündigungstermins, ausgesprochene Kündigung dann nicht mehr in eine Kündigung mit ordnungsgemäßer Frist habe auslegen lassen. Eine Umdeutung der zu kurzen Kündigungsfrist in eine ordnungsgemäße Kündigungsfrist sei hingegen nicht möglich gewesen, da nur eine unwirksame Erklärung umgedeutet werden könne. Zwar hätte sich die Unwirksamkeit der Kündigung im Prozess ergeben können. Da aber aufgrund der Fristversäumnis die Kündigung gerade Wirksamkeit entfaltet habe, schied eine Umdeutung aus. Aufgrund des Fristablaufs sei deshalb die Kündigung zum an sich zu früh ausgesprochenen Zeitpunkt dennoch in Wirksamkeit erwachsen. Das Arbeitsverhältnis sei deshalb mit der vom Arbeitgeber angegebenen zu kurz bemessenen Kündigungsfrist bereits zum 31.07.2008 wirksam beendet worden. Folglich könne der Arbeitnehmer Lohn für die Folgemonate nicht mehr fordern (BAG, Urteil vom 01.09.2010, Az. 5 AZR 700/09).

Auswirkungen und Empfehlungen:

Die Rechtsprechung der einzelnen Senate des Bundesarbeitsgerichts zur hier entschiedenen Frage ist durchaus nicht einheitlich. Das erschwert eine punktgenaue Beratung. Wichtigste Erkenntnis aus dem Urteil muss es deshalb sein, künftig vorsorglich gegen jede Kündigung mit der fristgebundenen Kündigungsschutzklage vorzugehen, sollte die Kündigungsfrist nicht eingehalten sein.

Nach dem Wortlaut des § 4 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) ist lediglich gegen Gründe, die die Unwirksamkeit der Kündigung herbeiführen können, innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage zu erheben. Hiervon war bisher die Thematik nach der Länge der Kündigungsfrist ausgenommen, weil die Klärung dieser Frage denknotwendig eine wirksame Kündigung voraussetzte. Da allein aber die Erklärung einer falschen Kündigungsfrist die Kündigung als solche nicht unwirksam werden lässt, spricht der Gesetzeswortlaut gegen die jetzige Entscheidung. Aus meiner Sicht vermögen die Urteilsgründe nicht zu überzeugen.









Eingestellt am 06.09.2010 von Dr. Thomas Langner
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