Die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist nur möglich, wenn eine Abmahnung das Unterbleiben künftiger Vertrags- störungen nicht erwarten lässt (BAG, Urt. v. 24.03.2011, 2 AZR 282/10)


Eine außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist nur möglich, wenn eine mildere Reaktion, etwa durch Abmahnung oder ordentliche Kündigung, deshalb unzumutbar ist, weil sie nicht erwarten lässt, dass hierdurch künftige gleichgelagerte Störungen des Arbeitsverhältnisses unterbleiben (BAG, Urteil vom 24.03.2011, 2 AZR 282/10).

Sachverhalt:

Der Arbeitnehmer ist als Abteilungsleiter im IT-Bereich eines auf dem Gebiet für Vertriebs- und Servicedienstleistungen tätigen Arbeitgebers beschäftigt. Im August 2008 stellte der Arbeitgeber fest, dass der Arbeitnehmer sich seit Mai 2007 nicht mehr im Netzwerk der Firma angemeldet hatte, um seine Arbeitsergebnisse auf dem Zentralserver zu speichern. Allein so war auch ein Zugreifen auf die Daten durch den Arbeitgeber möglich. Der Kläger speicherte und sicherte die Firmendaten vielmehr auf einer privaten Festplatte. Hieraufhin sprach der Arbeitgeber die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus. Der Arbeitnehmer war der Auffassung, dass dies ungerechtfertigt sei. Es bestehe kein Grund, ohne vorherige Abmahnung sogleich eine außerordentliche fristlose Kündigung auszusprechen. Der Arbeitgeber vertrat die Ansicht, dass ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer unzumutbar wäre und die außerordentliche fristlose Kündigung deshalb gerechtfertigt sei (Grundlage: BAG, Urteil vom 24.03.2011, 2 AZR 282/10).

Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht hat zugunsten des Arbeitnehmers geurteilt (BAG, Urteil vom 24.03.2011, 2 AZR 282/10). Die außerordentliche fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses komme nur in Betracht, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dies ist der Fall, sind Tatsachen gegeben, derentwegen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedwede weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist. Eine außerordentliche fristlose Kündigung könne deshalb nur ausgesprochen werden, wenn eine mildere arbeitsrechtliche Sanktion (etwa durch Abmahnung oder ordentliche Kündigung) eine Änderung des Verhaltens ohnehin nicht erwarten lässt. Liegt – wie hier – die Ursache des herangezogenen wichtigen Grundes für die außerordentliche fristlose Kündigung in einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers, so bedürfe es in der Regel einer Abmahnung. Im konkreten Fall sei zu erwarten gewesen, dass schon die Abmahnung den Arbeitnehmer diszipliniert hätte. Gegen die außerordentliche fristlose Kündigung sprächen auch nicht die Interessen des Arbeitgebers. Zwar habe der Arbeitnehmer die Unternehmensdaten gefährdet. Er sei aber nicht schon deshalb leichtfertig mit ihnen umgegangen. Zudem indiziere der Umstand des Speicherns auf einer privaten Festplatte nicht, dass der Arbeitnehmer die Daten gegenüber dem Arbeitgeber hätte vorenthalten wollen. Die außerordentliche fristlose Kündigung war damit unwirksam (BAG, Urteil vom 24.03.2011, 2 AZR 282/10).

Auswirkungen und Empfehlungen:

Für Arbeitnehmer warnend vorausgeschickt werden muss, dass es sich bei Urteilen - so auch bei diesem - stets um Einzelfallentscheidungen handelt. Im konkreten Fall konnte der Arbeitgeber als Grundlage seiner außerordentlichen fristlosen Kündigung nichts dazu vortragen, dass ihm durch das Verhalten des Arbeitnehmers ein Schaden entstanden ist, es zu Beeinträchtigungen von Arbeitsabläufen gekommen ist, oder Dritte auf die firmeneigenen Daten zugegriffen hätten bzw. Zugriff hätten nehmen können, oder ihm aus anderen Gründen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar geworden war. Wohl vordergründig deshalb ist es bei der Abmahnung geblieben.

Für Arbeitgeber gelten die im Absatz zuvor gemachten Anmerkungen spiegelbildlich. Arbeitgebern ist deshalb zu raten, im Vorfeld klare Regelungen aufzustellen und Anweisungen zu erteilen, deren Vereinbarung bzw. Anordnung sinnvollerweise schriftlich erfolgen sollte. Das kann dazu beitragen, eine außerordentliche fristlose Kündigung rascher und wirksam aussprechen zu können.

(BAG, Urteil vom 24.03.2011, 2 AZR 282/10).

weiterführend zu außerordentliche fristlose Kündigung









Eingestellt am 28.07.2011 von Dr. Thomas Langner
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