Ein formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutz-klage, stellt eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar und ist deshalb unwirksam (BAG, Urteil vom 25.09.2014, 2 AZR 788/13).

Ist ein Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage in eine zur mehrfachen Verwendung gedachten Ausgleichsquittung des Arbeitgebers eingebettet, ist diese nach den Bestimmungen zur Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, weil der Arbeitnehmer einerseits nicht hiermit rechnen musste und ihm andererseits auch keine Gegenleistung zufließt (BAG, Urteil vom 25.09.2014, 2 AZR 788/13).

Sachverhalt:

Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer eine sozial nicht gerechtfertigte Kündigung ausgesprochen. Hiergegen hat der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhoben. Dagegen wendet der Arbeitgeber ein, dass eine Kündigungsschutzklage für den Arbeitnehmer nicht mehr möglich sei, weil der Arbeitnehmer eine Ausgleichsquittung unterzeichnet habe, in der er auch auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet habe. Die Ausgleichsquittung, die überschrieben war mit dem Begriff "Arbeitspapiere", beinhaltete den Hinweis, dass bestimmte mit Kreuz auszuwählende Papiere ausgehändigt würden. Zugleich war enthalten, dass mit Unterzeichnung keine weiteren Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber bestehen. Schließlich war im Fließtext benannt, dass eine Kündigungsschutzklage nicht erhoben werde bzw. eine bereits erhobene Kündigungsschutzklage zurückgenommen wird. Das Unterschriftsfeld war vorbereitet mit "Unterschrift des ausgeschiedenen Mitarbeiters". Der Arbeitnehmer wendet hiergegen ein, er habe die Ausgleichsquittung nie unterzeichnet und deshalb nicht wirksam auf die Einreichung einer Kündigungsschutzklage verzichtet (BAG, Urteil vom 25.09.2014, 2 AZR 788/13).

Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden (BAG, Urteil vom 25.09.2014, 2 AZR 788/13), dass der Arbeitnehmer nicht wirksam auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet habe. Das deshalb, weil sich der Klageverzicht als überraschende Klausel in der Ausgleichsquittung darstellt und überdies keine Gegenleistung enthält.

Die vom Arbeitgeber vorbereiteten Textpassagen der Ausgleichsquittung hat das Bundesarbeitsgericht als Allgemeine Geschäftsbedingungen bewertet. Darauf würde insbesondere hindeuten, dass die als erhalten zu quittierenden Arbeitspapiere durch Ankreuzen auszuwählen sind und in der Unterschriftszeile allgemein vom „ausgeschiedenen Mitarbeiter“ die Rede sei. Nach dem äußeren Erscheinungsbild der Ausgleichsquittung, die mit "Arbeitspapiere" überschrieben war, sei es zudem ungewöhnlich, dass sich im Text ein Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage finde. Hiermit braucht ein Arbeitnehmer nicht zu rechnen. Das umso weniger, als dass der Verzicht nicht wenigstens durch Schriftart, Schriftgröße oder Fettdruck besonders hervorgehoben worden sei. In Summe habe sich daher für den Arbeitnehmer der Eindruck ergeben, er bestätige bei Unterzeichnung der Ausgleichsquittung nur der Erhalt seiner Arbeitsunterlagen.

Zudem sei der formularmäßige Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage in der Ausgleichsquittung auch deshalb unwirksam, weil er den Arbeitnehmer unangemessen benachteilige. Die Benachteiligung sei hier darin zu sehen, dass dem Arbeitnehmer für seine Verzichtserklärung keine Gegenleistung zufließt. Damit habe der Arbeitgeber seine Rechtsposition ohne Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitnehmers einseitig verbessern wollen.

Im Ergebnis hat das Gericht dahingehend geurteilt, das der in der Ausgleichsquittung enthaltene Verzicht auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage unwirksam gewesen ist. Damit war zugleich festgestellt, dass der Arbeitnehmer seine Kündigungsschutzklage wirksam erheben konnte. Weil bereits in der Vorinstanz die Kündigung zu Recht als sozial ungerechtfertigt qualifiziert wurde, hatte damit die Kündigungsschutzklage Erfolg. Die Kündigung wurde als unwirksam befunden (BAG, Urteil vom 25.09.2014, 2 AZR 788/13).

Rechtsanwalt Dr. Thomas Langner Chemnitz: Verzicht auf Kündigungsschutzklage in einer Ausgleichsquittung
Hinweise und Empfehlungen:

Für Arbeitnehmer dürfte es riskant sein, in gleich gelagerten Fällen auf eine auch gleichlautende Rechtsprechung zu spekulieren. Einerseits lässt das Urteil offen, weswegen einem Arbeitnehmer eigentlich nicht zugemutet werden kann, den klaren Wortlaut einer kurzen Erklärung inhaltlich vollumfänglich erfassen zu können. Zum anderen weist das Urteil selbst aus, dass im Falle einer deutlichen drucktechnischen Abhebung des Verzichts auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage in der Ausgleichsquittung eine andere Beurteilung möglich gewesen wäre.

Für Arbeitgeber bedeutet das Urteil nicht, dass die Vereinbarung über den Verzicht auf Erhebung einer Kündigungsschutzklage in Ausgleichsquittungen immer unwirksam wäre. Wenn Arbeitgeber eine solche Verzichtsklausel schon als Allgemeine Geschäftsbedingungen formulieren wollen, sollte diese dann aber wenigstens sehr deutlich hervorgehoben werden. Besser dürfte es sein, die Klausel völlig separat unterzeichnen zu lassen. Der sicherste Weg hingegen ist es, wenn nicht auf bestehende Formulare zurückgegriffen wird, sondern der konkrete Text individuell mit dem Arbeitnehmer ausgehandelt, niedergeschrieben und unterzeichnet wird. Bei individuellen Vereinbarungen wird nämlich eine Prüfung, ob solche Vereinbarungen den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen, nicht vorgenommen.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.09.2014, 2 AZR 788/13)

Stand: 07.03.2015










Eingestellt am 07.03.2015 von Dr. Thomas Langner
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