Auch Bereitschaftsdienste, zu denen sich Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufzuhalten haben, sind mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten (BAG, Urteil vom 29.06.2016, Az. 5 AZR 716/15).


Bereitschaftsdienste, hinsichtlich derer sich der Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers an einem bestimmten Ort aufzuhalten hat, sind vergütungspflichtige Arbeitszeit auf Basis des gesetzlichen Mindestlohns. Rechnet man indes alle vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitsstunden auf Basis des gesetzlichen Mindestlohns hoch und erhält der Arbeitnehmer bereits einen wenigstens gleich hohen Bruttomonatslohn, so kann eine separate weitere Vergütung für Bereitschaftsdienste dennoch nicht gefordert werden (BAG, Urteil vom 29.06.2016, Az. 5 AZR 716/15).


Sachverhalt:

Der Kläger ist als Rettungsassistent mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden beschäftigt. Ein einschlägiger Tarifvertrag sieht die Regelung vor, dass die wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 48 Stunden durch angeordnete Bereitschaftsdienste verlängert werden kann. Der Kläger meint nun, dass neben seinem Monatslohn auch die erbrachten Bereitschaftsdienste zusätzlich zu vergüten sind, da die Bereitschaftsdienste sonst praktisch unvergütet seien. Für die Bereitschaftsdienste müsse er deshalb wenigstens den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € pro Stunde erhalten. Der Arbeitgeber hält den Anspruch für nicht gegeben, weil der Arbeitnehmer bereits eine branchenübliche Vergütung von 15,81 € pro Arbeitsstunde erhalten würde. Darin seien die Bereitschaftsdienste als mit vergütet anzusehen. Außerdem würde es genügen, wenn der Arbeitnehmer für alle seine in Summe erbrachten Arbeitsstunden den gesetzlichen Mindestlohn erhalten würde, was der Fall sei. (BAG, Urteil vom 29.06.2016, Az. 5 AZR 716/15)



Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht stellt in seiner Entscheidung (BAG, Urteil vom 29.06.2016, Az. 5 AZR 716/15) zwar ausdrücklich klar, dass zwar auch Bereitschaftsdienste mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten sind. Allerdings könne die Frage danach, ob dem Arbeitnehmer für Bereitschaftsdienste auch ein weiterer Lohnanspruch auf Basis des gesetzlichen Mindestlohns zustünde, nur in jedem Einzelfall beantwortet werden. Nur wenn nach Multiplikation der gesamten Arbeitszeit, also unter Einbezug der Bereitschaftsdienste, mit dem gesetzlichen Mindestlohn der so errechnete Betrag hinter dem vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlten Lohn zurückbleibt, besteht ein weiterer Lohnanspruch für den Arbeitnehmer.

Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug vorliegend 2.680,31 €. Mit Bereitschaftsdiensten hat der Kläger insgesamt 228 Stunden im betreffenden Monat erbracht. Multipliziert mit 8,50 € gesetzlichem Mindestlohn, ergibt sich ein Vergleichsbetrag von 1.938,00 € brutto. Da der vom Arbeitgeber mit 2.680,31 € gezahlte Betrag damit über dem für alle geleisteten Arbeitsstunden zu vergütenden gesetzlichen Mindestlohn gelegen hat, hat das Bundesarbeitsgericht einen ergänzenden Lohnanspruch des Arbeitnehmers abgelehnt. (BAG, Urteil vom 29.06.2016, Az. 5 AZR 716/15)



Gesetzlicher Mindestlohn für Bereitschaftsdienste (BAG, Urteil vom 29.06.2016, Az. 5 AZR 716/15) - Dr. Thomas Langner Fachanwalt für Arbeitsrecht und Rechtsanwalt in Chemnitz
Hinweise und Empfehlungen:

Die Arbeitsvertragsparteien sollten sich grundlegend darüber im Klaren sein, dass angeordnete Bereitschaftsdienste, in denen sich der Arbeitnehmer an einem bestimmten Ort zur Arbeit bereithalten muss, stets vergütungspflichtig sind. Hätte im hier entschiedenen Fall der Arbeitnehmer einen Stundenlohn von z.B. lediglich 8,50 € gehabt, wäre ihm für jede Stunde seines Bereitschaftsdienstes ein ergänzender Lohnanspruch zu einem Stundenlohn von 8,50 € zugesprochen worden.

Bei alledem darf aber nicht übersehen werden, dass eine zusätzliche Vergütung der Bereitschaftsdienste durchaus im Arbeitsvertrag oder einem einschlägigen Tarifvertrag geregelt sein kann. Dann sind natürlich Bereitschaftsdienste auch auf Basis dieser Regelung neben der üblichen Arbeitszeit zu vergüten. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 29.06.2016 Az. 5 AZR 716/15) betraf hier aber eine Sachlage, bei der eine separate Vergütung für Bereitschaftsdienste gerade nicht vorgesehen war.

(BAG, Urteil vom 29.06.2016 Az. 5 AZR 716/15)



weiterführende Darstellung:










Eingestellt am 04.10.2016 von Dr. Thomas Langner
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