Keine Anfechtung eines Aufhebungsvertrags wegen Drohung, wenn der Arbeitgeber stattdessen eine außerordentliche fristlose Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen durfte (BAG, Urteil vom 24.02.2022 – 6 AZR 333/21)



Der Fall:

Die Arbeitnehmerin hatte Waren des Arbeitgebers zu einem unangemessen niedrigen Preis verkauft. Um das zu vertuschen, manipulierte sie die im EDV-System enthaltenen Einkaufspreise nach unten. So spiegelte sie dem Arbeitgeber einen höheren Verkaufsgewinn vor. Nachdem der Arbeitgeber hiervon Kenntnis erlangt hatte, stellte er die Arbeitnehmerin vor die Wahl. Entweder würde sie sofort einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen oder der Arbeitgeber würde Strafanzeige stellen und eine außerordentlich fristlose Kündigung aussprechen. Zwar unterschrieb die Arbeitnehmerin den Aufhebungsvertrag zunächst. Später erklärte sie die Anfechtung und führte gegen den Aufhebungsvertrag ein Arbeitsgerichtsverfahren, weil ihr widerrechtlich gedroht worden sei. Der Arbeitgeber sprach hieraufhin vorsorglich dann doch noch eine außerordentlich fristlose Kündigung aus und berief sich im Übrigen darauf, dass bei der vorliegenden Sachlage die Ankündigung des Ausspruchs einer außerordentlich fristlosen Kündigung keine Drohung gewesen sei, sondern auch ohne vorherige Abmahnung zu Recht hätte ausgesprochen werden dürfen. (BAG, Urteil vom 24.02.2022 – 6 AZR 333/21)



Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zum Thema: Aufhebungsvertrag nach nicht widerrechtlicher Drohung
Die Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Arbeitgeber Recht. Zwar wurde mit einer Strafanzeige und dem Ausspruch einer außerordentlich fristlosen Kündigung gedroht. Diese Drohung sei jedoch nicht rechtswidrig gewesen. Bei der vorliegenden Sachlage habe ein verständiger Arbeitgeber auch ohne Abmahnung ernsthaft in Erwägung ziehen dürfen, tatsächlich Strafanzeige zu stellen und eine außerordentlich fristlose Kündigung auszusprechen. Auch sei das Gebot des fairen Verhandelns nicht verletzt worden. Eine Verhandlungssituation sei nur dann unfair, wenn der Arbeitgeber objektiv erkennbar körperliche oder psychische Schwächen des Arbeitnehmers ausnutzen würde. Im hier konkret zu entscheidenden Einzelfall habe eine solche Situation nicht vorgelegen. Die Anfechtung des Aufhebungsvertrags durch die Arbeitnehmerin wurde daher als unwirksam erklärt. Auf die vom Arbeitgeber vorsorglich nochmals ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung komme es daher nicht mehr an, da der Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis bereits beendet hatte. (BAG, Urteil vom 24.02.2022 – 6 AZR 333/21)












Eingestellt am 26.09.2022 von Dr. Thomas Langner
Trackback

Kommentar hinzufügen:

Ihr Kommentar wird nach Überprüfung veröffentlicht.
Ihre persönlichen Daten werden nicht angezeigt.
Ihr Name:
Ihr Kommentar:
Registrieren: E-Mail Benachrichtigung bei neuen Kommentaren.
Registrierte Nutzer können Benachrichtigungen per Email
anfordern, unseren Newsletter abonnieren und weitere
Informationen erhalten.
Spamschutz: Bitte geben Sie die Zeichen auf dem Bild ein.
Neu laden

Wie viele Zeichen befinden sich im Bild?


Bewertung: 5,0 bei 1 Bewertungen.
Wie hilfreich fanden Sie diese Informationen?
(1=wenig hilfreich, 5=sehr hilfreich)

Bewertung: 3,5 bei 87 Bewertungen.
Wie hilfreich fanden Sie diese Informationen?
(1=wenig hilfreich, 5=sehr hilfreich)