Weigert sich ein Arbeitnehmer, einen Aufhebungsvertrag abzuschließen, stellt dieses Verhalten keinen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar (BAG, Urteil vom 05.11.2009, Az. 2 AZR 609/08).

Eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber ist nur wirksam, verstößt der Arbeitnehmer gegen arbeitsvertragliche Pflichten. Allein die Weigerung des Arbeitnehmers, einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen, ist deshalb für sich gesehen ungeeignet, um außerordentlich kündigen zu können. (BAG, Urteil vom 05.11.2009, Az. 2 AZR 609/08)

Sachverhalt:

Zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer steht die Wirksamkeit einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung im Streit. Der Arbeitgeber hat die Kündigung wegen folgender Umstände ausgesprochen: Der Arbeitnehmer war beim Arbeitgeber seit Jahrzehnten als LKW-Fahrer angestellt. Als in diesem Bereich die Zahl der Beschäftigten minimiert werden musste, bot der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer alternativ eine Weiterbeschäftigung im Lager oder aber eine Weiterbeschäftigung bei einer Drittfirma an. Als der Arbeitnehmer sich zur Weiterbeschäftigung bei der Drittfirma entschied und dort einen Arbeitsvertrag unterzeichnet hatte, begehrte der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die Aufhebung des alten Arbeitsvertrages. Zur Erbringung der Arbeitsleistung beim alten Arbeitgeber ist der Arbeitnehmer nicht aufgefordert worden. Eine Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags verweigerte der Arbeitnehmer jedoch. Der Arbeitgeber war nun der Auffassung, dass er das Arbeitsverhältnis wegen der Weigerung zur Aufhebung außerordentlich kündigen könne. Da der Arbeitnehmer eine andere Arbeitsstelle bei der Drittfirma besitze, könne er die Arbeitsleistungen für den Arbeitgeber ohnehin nicht mehr erbringen. Weigere sich der Arbeitnehmer in einer solchen Situation einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen, bliebe dem Arbeitgeber einzig die außerordentliche Kündigung. Hiergegen wendet sich der Arbeitnehmer mit seiner Kündigungsschutzklage.

Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 05.11.2009 (Az. 2 AZR 609/08) dem Arbeitnehmer Recht gegeben und die vom Arbeitgeber ausgesprochene außerordentliche Kündigung für unwirksam befunden. Einerseits hat das Gericht darauf hingewiesen, dass Grundlage einer außerordentlichen Kündigung stets ein wichtiger Grund sein muss. Vorliegend liegt aber eine rechtswidrige und schuldhafte Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch den Arbeitnehmer nicht vor, da insbesondere eine Pflicht zur Mitwirkung am Verlust des eigenen Arbeitsplatzes - und sei es durch Aufhebungsvertrag – nicht besteht. Überdies sei auch das bloße Eingehen eines weiteren Arbeitsverhältnisses nicht als wichtiger Grund anzusehen. Allein hierdurch verletzt der Arbeitnehmer ebenso keine arbeitsvertraglichen Pflichten. Insbesondere ist es generell nicht ungewöhnlich, dass mehrere Arbeitsverhältnisse parallel bestehen. Einzig dann könnten arbeitsvertragliche Pflichten verletzt sein, wenn aufgrund des neu eingegangenen Arbeitsverhältnisses die Arbeitsleistung im alten Arbeitsverhältnis nicht mehr oder nur unzureichend erbracht werden kann. Hierzu wurde aber vom Arbeitgeber nichts vorgetragen. Insbesondere hatte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer selbst nach Aufnahme des neuen Arbeitsverhältnisses nicht dazu aufgefordert, seine Arbeitsleistungen im alten Arbeitsverhältnis weiter zu erbringen. Allein das hätte der Arbeitgeber zum Anlass für eine Kündigung – gegebenenfalls unter vorherigem Ausspruch einer Abmahnung – nehmen können. Nach dem Sachverhalt, der sich dem Gericht dargestellt hat, hatte der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung beim alten Arbeitgeber weder verweigert noch aufgeben wollen. Demzufolge mangelt es der außerordentlichen Kündigung am Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes. Da ein Fehlverhalten nicht vorliegt, ist weder die außerordentlich ausgesprochene Kündigung, gleich recht nicht die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung wirksam (BAG, Urteil vom 05.11.2009, Az. 2 AZR 609/08).

Auswirkungen und Empfehlungen:

Der Arbeitgeber kann einem Arbeitnehmer zwar einen Aufhebungsvertrag anbieten. Lehnt dieser ab, bleibt dem Arbeitgeber nur, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen oder aus einem anerkannten Grund zu kündigen. Vorliegend hätte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordern sollen, zur Arbeit bei ihm zu erscheinen. So hätte ein gewisser Druck auf den Arbeitnehmer ausgeübt werden können. Der Arbeitnehmer hätte freilich nur eine Arbeitsstelle wahrnehmen können und sich so entscheiden müssen. Fehlt der Arbeitnehmer, kann ihm – ggf. nach vorheriger Abmahnung – (außerordentlich) gekündigt werden.

Ein Arbeitnehmer sollte sich auch durch die drängendsten Wünsche eines Arbeitgebers nicht ohne Not veranlasst sehen, einen Aufhebungsvertrag zu schließen. Zu schnell sind so Rechte aus einer eventuell langen Beschäftigungszeit (etwa: Länge der Kündigungsfrist; bessere Punkte bei einer Sozialauswahl) aufgegeben. Möglicherweise lassen sich ja auch mehrere Teilzeitjobs miteinander vereinbaren.









Eingestellt am 22.02.2010 von Dr. Thomas Langner
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