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Kündigungsschutzklage - Die häufigsten Fragen



Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zum Thema: Kündigungsschutzklage - Die häufigsten Fragen


1. Welches Ziel verfolgt eine Kündigungsschutzklage?

Mit dem Klageverfahren wird grundlegend das Ziel verfolgt, die Unwirksamkeit der Kündigung festzustellen. Ist die Kündigung für unwirksam erklärt worden, wird das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Konditionen weiter fortgesetzt.

In der Praxis ist jedoch häufig festzustellen, dass der Arbeitnehmer seit der Kündigung innerlich mit dem Arbeitgeber gebrochen hat und nur noch aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden will. Dabei will er aber möglichst eine Abfindung erzielen.

Deshalb münden viele Kündigungsschutzverfahren in Abfindungsverhandlungen. In der Regel ist das für beide Seiten von Vorteil:

  • Der Arbeitgeber hat Planungssicherheit, wenn er eine Abfindung zahlt. Der Arbeitnehmer kehrt definitiv nicht mehr in das Arbeitsverhältnis zurück. Der Arbeitgeber muss sich nicht dem Risiko aussetzen, dass er das Kündigungsschutzverfahren verliert und dann den gesamten Lohn nachzahlen muss für die Zeit nach Ablauf der erhofften Kündigungsfrist.
  • Der Arbeitnehmer hat seinerseits die Sicherheit definitiv ausscheiden zu können und dafür eine Abfindung zu erhalten. Eine Rückkehr in das Arbeitsverhältnis würde nämlich oftmals bedeuten, dass der Arbeitnehmer mit einem Spießrutenlauf zu rechnen hätte, künftig eine erneute Kündigung ausgesprochen werden könnte, die dann schlimmstenfalls wirksam wäre. Dann bekäme der Arbeitnehmer keine Abfindung mehr.

2. Ist das Kündigungsschutzgesetz für mich anwendbar?

Das Kündigungsschutzgesetz findet Anwendung, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Ihr Arbeitsverhältnis hat zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ohne Unterbrechung länger als 6 Monate bestanden und
  • abhängig vom Beginn Ihres Arbeitsverhältnisses ist eine Mindestanzahl von Arbeitnehmern in Ihrem Betrieb erforderlich, nämlich: wenn Sie vor dem 01.01.2004 Ihr Arbeitsverhältnis begonnen haben und mit Ihnen seither ununterbrochen immer noch mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt sind oder wenn Sie Ihr Arbeitsverhältnis ab dem 01.01.2004 begonnen haben und mit Ihnen aktuell mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind.
Bei der Feststellung der Anzahl der Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 20 Stunden pro Woche mit einem Faktor von 0,5, von bis zu 30 Stunden pro Woche mit einem Faktor von 0,75 und mit einer darüberhinausgehenden Anzahl mit einem Faktor mit 1,0 zu berücksichtigen. Achtung: Auszubildende werden bei der Beschäftigtenanzahl nicht mitgezählt.

3. Innerhalb welcher Frist muss ich Kündigungsschutzklage einreichen?

Ganz wichtig ist es, dass Sie innerhalb einer Frist von 3 Wochen seit Zugang der Kündigung die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen. Verstreicht die 3-Wochen-Frist, gilt die Kündigung grundsätzlich als wirksam. Das gilt auch dann, sind die Kündigungsgründe auch noch so falsch. Hintergrund der kurzen Frist ist die Herbeiführung rascher Rechtssicherheit. Nur in sehr seltenen Ausnahmefällen kann die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage auch nach Ablauf der 3-Wochen-Frist beantragt werden. Das muss dann innerhalb von 2 Wochen nach Behebung des zum Fristversäumnis geführten Hindernisses geschehen.

4. Bin ich schutzlos, ist das Kündigungsschutzgesetz für mich nicht anwendbar?

Ist das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar, kann der Arbeitgeber Ihnen in der Regel viel einfacher kündigen, denn das Kündigungsschutzgesetz ist im Kleinbetrieb nicht anwendbar. Der Arbeitgeber darf aber auch dort nicht aus sachfremden Gründen kündigen. Etwa dann, wenn dem Arbeitgeber „Ihre Nase nicht gefällt“, er mit der Kündigung gegen das allgemeine Gleichheitsgebot verstößt oder Sie mit der Kündigung für die Ausübung Ihrer Ihnen zustehenden Rechte maßregeln will. In diesen Fällen hätte eine Kündigungsschutzklage ebenso Aussichten auf Erfolg. Sind derlei Dinge nicht gegeben (bzw. nicht nachweisbar), wird es schwer bis unmöglich ein Kündigungsschutzverfahren erfolgreich zu führen. Eine Ausnahme gilt dann nur dort, wo Sie Sonderkündigungsschutz genießen.

5. Wo wird eine Kündigungsschutzklage erhoben?

Mit der Kündigungsschutzklage wird zunächst begehrt, das Fortbestehen eines Arbeitsverhältnisses festzustellen. Für Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis sind sachlich die Arbeitsgerichte zuständig. Bei der örtlichen Zuständigkeit besteht eine Wahlmöglichkeit. Entweder die Kündigungsschutzklage wird am Sitz des Arbeitgebers erhoben. Das kann auch eine Niederlassung des Arbeitgebers sein. Oder aber der Arbeitnehmer wählt das Arbeitsgericht, in dessen Zuständigkeitsbereich er üblicherweise seine Arbeit verrichtet bzw. verrichtet hat. Bei vor Ort in einem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern ist das in der Regel kein Problem. Wichtig wird die Wahlmöglichkeit aber z. B. bei Außendienstmitarbeitern. Hier ist oftmals auch das am Wohnsitz des Arbeitnehmers ansässige Arbeitsgericht zuständig, weil der Außendienstmitarbeiter die wesentlichen Anteile seiner Arbeitsleistung von zu Hause aus erbringt (Routenplanung, Abwicklung, ...). Hat der Arbeitgeber seinen Sitz weit weg, wählt der Arbeitnehmer dann den für ihn näheren Gerichtsstand und hat für ein Verfahren kürzere Wege.

6. Wann ist eine Kündigungsschutzklage erfolgreich?

Die Kündigungsschutzklage ist erfolgreich, wenn die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist. Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber

  • keine in der Person des Arbeitnehmers vorliegenden Kündigungsgründe besitzt (z.B. krankheitsbedingte Kündigungsgründe) oder
  • keine im Verhalten des Arbeitnehmers liegenden Kündigungsgründe gegeben sind (z.B. Diebstahl oder häufiges Zuspätkommen) oder aber
  • keine durch dringende betriebliche Erfordernisse hervorgerufenen Kündigungsgründe gegeben sind bzw.
  • wenn zwar dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung vorliegen, aber die Sozialauswahl zwischen den hier einzubeziehenden Arbeitnehmern fehlerhaft erfolgte.

7. Wie wird eine Sozialauswahl getroffen?

Liegen zwar betriebsbedingte Gründe für eine Kündigung vor, darf der Arbeitgeber nicht einem beliebigen Arbeitnehmer kündigen. Vielmehr muss er zwischen allen vergleichbaren Arbeitnehmern eine sogenannte Sozialauswahl treffen. Die Sozialauswahl ist nur dann korrekt erfolgt, wenn der Arbeitgeber den am wenigsten schutzwürdigen Arbeitnehmer kündigt. Diesen würde nämlich eine Kündigung am wenigsten hart treffen. Bei der Auswahl der sozialen Kriterien sind folgende entscheidend:

  • die Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • das Alter der Arbeitnehmer
  • die Unterhaltsverpflichtungen der Arbeitnehmer
  • eine mögliche Schwerbehinderung
Für diese 4 Kriterien vergibt der Arbeitgeber Punkte. So z.B. pro Beschäftigungsjahr 1 Punkt, pro Lebensjahr 1 Punkt, pro Unterhaltsverpflichtung 5 Punkte und für eine Schwerbehinderteneigenschaft 5 Punkte. Das Schema ist dabei aber nicht als absolut zu verstehen, aber als grobe Richtschnur für die Gewichtung der verschiedenen Kriterien. Der Mitarbeiter mit der geringsten Gesamtpunktzahl ist in der Regel am wenigsten schutzbedürftig.

Nur ganz ausnahmsweise kann der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl herausnehmen. Das kann dann geschehen, wenn einzelne Arbeitnehmer für den Betrieb besonders wichtige Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen. Hierin sieht der Gesetzgeber aber die absolute Ausnahme.

8. Wo treten besondere Fehlerquellen bei der Sozialauswahl auf?

Einerseits kann es vorkommen, dass der Arbeitgeber die Gruppe der miteinander vergleichbaren Arbeitnehmer unrichtig zusammenstellt. Andererseits kommt es vor, dass ein zugrunde gelegtes Punkteschema in sich nicht billigenswert ist oder aber die Bepunktung auf falsch zugrunde gelegten Tatsachen beruht. Schließlich gibt es Fälle, in denen der Arbeitgeber überhaupt keine Sozialauswahl getroffen hat.

9. Brauche ich für die Kündigungsschutzklage einen Rechtsanwalt?

Für die Kündigungsschutzklage besteht kein Anwaltszwang. Sie können die Klage auch selbst beim Arbeitsgericht einreichen.

Allerdings ist ein solches Verfahren recht komplex. Zu den oben benannten Unwirksamkeitsgründen können weitere Gründe hinzutreten, die die Kündigung unwirksam machen können. So z.B. die Nichteinhaltung von Formvorschriften, fehlende Vollmacht des Kündigenden, die fehlerhafte Anhörung einzubeziehender Gremien, die fehlende behördliche Zustimmung, Verstoß gegen Schutzgesetze oder der Verstoß gegen anzuwendende Sonderkündigungsvorschriften. Sie sollten also sehr genau abwägen, ob Sie das Verfahren tatsächlich allein führen wollen.

Hinzu tritt, dass im Verfahren taktische Fehler gemacht werden können, die der Gegenseite dann möglicherweise einen prozessualen Vorteil verschaffen. Außerdem ist es in der Regel so, dass der mit Arbeitsrecht bewanderte Vertreter die ungeschriebenen „Regeln beim Pokern um die Abfindungshöhe“ kennt und möglicherweise hier deutlich erfolgreicher ist als Sie selbst. In diesem Bereich steht mit zunehmender Beschäftigungsdauer finanziell auch mehr für Sie auf dem Spiel.

Schließlich ist bei der Auseinandersetzung auch noch zu beachten, ob der Inhalt des Vergleichs etwa Sanktionen durch die Bundesagentur für Arbeit auslöst (Stichwort Sperrfrist).

Wenn Sie sich zutrauen, all das selbst in ausreichendem Maße im Blick zu haben und berücksichtigen zu können, spricht nichts gegen eine eigene Vertretung. Ansonsten würden Sie möglicherweise an der falschen Stelle sparen.

10. Mit welchen Kosten ist bei einer Kündigungsschutzklage zu rechnen?

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren gibt es zwei Besonderheiten. Einerseits sind die Gerichtskosten deutlich geringer als bei anderen Gerichten. Zudem fallen Gerichtskosten nur dann an, wenn das Gericht ein Urteil fällt. Vergleichen sich die Parteien, werden die Gerichtskosten in der Regel niedergeschlagen.

Eine weitere Besonderheit gilt bei den Anwaltskosten. Egal, wer das Verfahren gewinnt, trägt jeder die Kosten seines eigenen Anwalts. Die konkrete Höhe der Kosten richtet sich auf Basis der gesetzlichen Vergütung nach dem 3-fachen durchschnittlichen Bruttomonatseinkommen des Arbeitnehmers. Hierzu folgende Beispiele:

Beispiel 1:

Der Arbeitnehmer verdient 2.500,00 € Brutto pro Monat. Der Streitwert für das Verfahren beträgt dann 7.500,00 €. Auf Basis der gesetzlichen Vergütung (RVG 2021) ergibt sich ein Betrag von 1.517,25 € wenn ein Urteil gesprochen wird. Gewinnt der Arbeitnehmer, muss er daneben keine Gerichtskosten zahlen. Unterliegt der Arbeitnehmer, fallen Gerichtskosten von 406,00 € an. Vergleichen sich die Parteien im Gerichtsverfahren, steigern sich die Anwaltsgebühren auf 2.114,63 €, Gerichtskosten fallen in der Regel keine an.

Dabei mag es zunächst ungewöhnlich klingen, dass die Kosten bei einer Einigung höher sind als bei einem Urteil. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass mit der Einigung das Verfahren definitiv beendet ist. Bei einem Urteil ist ungewiss, ob eine Partei in Berufung geht und dort weitere Kosten ausgelöst werden. Zudem endet ein Vergleich in der Regel mit einer Abfindung, ein Urteil hingegen nur in sehr seltenen Ausnahmefällen. Ein Vergleich bietet daher absolute Planungssicherheit. Ein Urteil zunächst nicht.

Beispiel 2:

Der Arbeitnehmer verdient 5.000,00 € Brutto pro Monat. Der Streitwert für das Verfahren beträgt dann 15.000,00 €. Auf Basis der gesetzlichen Vergütung (RVG 2021) ergibt sich ein Betrag von 2.159,85 € wenn ein Urteil gesprochen wird. Gewinnt der Arbeitnehmer, muss er daneben keine Gerichtskosten zahlen. Unterliegt der Arbeitnehmer, fallen Gerichtskosten von 586,00 € an. Vergleichen sich die Parteien im Gerichtsverfahren, steigern sich die Anwaltsgebühren auf 3.014,27 €, Gerichtskosten fallen dann in der Regel keine an.

11. Ich kann mir keinen Rechtsanwalt leisten, bin ich dann schutzlos?

In vielen Fällen stellt sich die Frage nach der Kostenlast für den Mandanten deshalb nicht, weil der Mandant eine Rechtsschutzversicherung besitzt, die die Kosten des Kündigungsschutzklageverfahrens übernimmt. Für gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer führt die Gewerkschaft das Kündigungsschutzverfahren kostenfrei. Für Arbeitnehmer mit nicht ausreichendem Einkommen - etwa gerade wegen des durch die Kündigung gerade wegfallenden Lohns - ist die Möglichkeit gegeben Prozesskostenhilfe zu beantragen. Erst wenn all diese Möglichkeiten nicht greifen, muss der Mandant die entstehenden Kosten selbst tragen.

Setzt man die Kostenhöhe jedoch ins Verhältnis zum zu prognostizierenden Klageerfolg, dürfte sich der Kosteneinsatz in den allermeisten Fällen nicht nur amortisieren, sondern einen Gewinn einfahren. Nur in seltenen Ausnahmefällen ist das von Anfang an nicht der Fall. In meiner Kanzlei weise ich Mandaten hierauf hin. Denn es wäre nicht sinnvoll, wenn der Mandant für das Verfahren mehr Kosten aufwendet, als ihm prognostisch an Geldern für das gewonnene Verfahren zufließen würde. Das ist oftmals der Fall bei sehr kurzen Beschäftigungen und relativ niedrigem Einkommen, also geringer Abfindungserwartung.










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