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Ein lückenhaftes gemeinschaftliches Testament (sog. Berliner Testament) führt zur gesetzlichen Erbfolge (OLG Brandenburg, Beschluss vom 09.08.2022 – 3 W 67/22)



Der Fall:

Die Eheleute haben drei gemeinsame Kinder. In einem gemeinschaftlichen Testament (sog. Berliner Testament) bestimmten sie, dass ihr Hausgrundstück nach dem Tod des länger lebenden Ehegatten auf ihre Tochter und ein Enkelkind übergehen soll. Das gemeinschaftliche Testament war dabei überschrieben mit: „Testament betreffend Wohnhaus und Grundstück“. Wunsch der Ehegatten war dabei, dass das Hausgrundstück nicht verkauft wird. Es sollte in der Familie bleiben. Im Übrigen wurden keine Anordnungen getroffen. Das Hausgrundstück war ca. 500.000,00 € wert, das übrige Vermögen ca. 250.000,00 €. Nach dem Tod des Ehemanns beantragt eines der im Testament nicht bedachten Kinder einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Nach der gesetzlichen Erbfolge wäre die Ehefrau zu ½ Erbin geworden und die drei Kinder zu jeweils 1/6. Das Nachlassgericht war anderer Auffassung. Es verweigerte die Erteilung des Erbscheins nach der gesetzlichen Erbfolge. Zwar sei der erste Erbfall nicht benannt worden. In einem solchen Fall müsse aber der wirkliche Wille der Ehegatten ermittelt werden. Danach hätte in üblicher Weise die Ehefrau zunächst Alleinerbin werden sollen und erst nach deren Versterben die gemeinsamen Kinder. Hiergegen wendet sich das nicht bedachte Kind des Erblassers. Es sieht trotz des gemeinschaftlichen Testaments der Eltern die gesetzliche Erbfolge als eingetreten an. (OLG Brandenburg, Beschluss vom 09.08.2022 – 3 W 67/22)



Rechtsanwalt Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zum Thema: Zur Wirksamkeit eines Berliner Testaments
Die Entscheidung:

Das Oberlandesgericht sieht die gesetzliche Erbfolge als eingetreten an. Der vom nicht bedachten Kind begehrte Erbschein müsse daher in der beantragten Weise ausgestellt werden. Zwar sei es üblich, dass sich Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament beim ersten Erbfall zunächst gegenseitig bedenken. Allein das sei aber nicht ausreichend, um tatsächlich den zunächst überlebenden Ehegatten als Alleinerben ansehen zu können. Es müsse sich hierfür wenigstens eine Andeutung im Testament finden. Das sei vorliegend nicht der Fall. Insbesondere haben die Eheleute ihre Tochter und den Enkel nicht als Schlusserben eingesetzt. Dann hätte zwangsläufig ein erster Erbfall vorgeschaltet sein müssen. Im Übrigen sprachen auch die Wertverhältnisse (Grundstück ca. 500.000,00 €; restliches Sparvermögen ca. 250.000,00 €) nicht zwingend dafür, dass eine Erbeinsetzung der Tochter und des Enkels erfolgen sollte. Das wesentliche weitere Vermögen neben dem Hausgrundstück hatten die Eheleute gerade nicht testamentarisch erfasst. Die Zuwendung einzelner Gegenstände sei aber auch als Vermächtnis möglich. Dafür würde insbesondere sprechen, dass das Testament in seiner Überschrift lediglich auf das Hausgrundstück Bezug genommen hatte und nicht auf das weitere Vermögen. Zwar könne die Zuwendung einzelner Vermögensgegenstände auch eine Erbeinsetzung darstellen. Dafür müssten diese Vermögensgegenstände aber den wesentlichen Wert der Erbmasse ausmachen. Das war wegen des weiteren erheblichen Sparvermögens vorliegend aber nicht der Fall. In solchen Fällen seien mit einzelnen Vermögensgegenständen Bedachte nicht Erben sondern Vermächtnisnehmer. Auf Basis all dessen konnte das Gericht nicht feststellen, dass das Testament eine Andeutung zur Alleinerbenstellung des überlebenden Ehegatten beinhaltete. Es gab daher dem im Testament nicht bedachten Kind recht.












Eingestellt am 02.01.2023 von Dr. Thomas Langner
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