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Abänderung (Herabsetzung) des Aufstockungsunterhalts an den geschiedenen Ehegatten bei Hinzutreten eines neuen Ehegatten (BGH, Urteil vom 18.11.2009, Az.: XII ZR 65/09)

Tritt eine neuer Ehegatte hinzu, sollte der Unterhaltsverpflichtete seit der Unterhaltsreform vom 01.10.2008 stets prüfen, ob und inwieweit eine Abänderung (Herabsetzung) des an den geschiedenen Ehegatten gezahlten Aufstockungsunterhalts aus einem Unterhaltstitel vor der Unterhaltsreform erzielt werden kann.

Sachverhalt:

Der Kläger, der als Chemieingenieur arbeitet, begehrt die Abänderung (Herabsetzung) eines in der Vergangenheit vereinbarten nachehelichen Unterhalts (Aufstockungsunterhalt) an die Beklagte, die als Reinigungskraft arbeitet. Der Kläger war von der Beklagten nach 28-jähriger kinderloser Ehe im Jahr 2003 rechtskräftig geschieden worden. Seither zahlt er an diese einen monatlichen Unterhalt von € 607,00. Dabei ist bereits berücksichtigt worden, dass der Kläger für zwei aus seiner seit 2004 bestehenden neuen Ehe hervorgegangene eigene Kinder zu sorgen hat. Der Kläger begehrt nun eine weitere Abänderung (Herabsetzung) des Unterhaltsbetrages, da seit der geänderten Rechtslage durch die Unterhaltsreform vom 01.01.2008 einerseits auch der neue Ehegatte beim zu verteilenden Einkommen berücksichtigt werden müsse und andererseits der Aufstockungsunterhalt für die frühere Ehefrau jetzt deshalb zu begrenzen sei, weil diese keine ehebedingten Nachteile erlitten habe.

Entscheidung:

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 18.11.2009 (Az.: XII ZR 65/09) klar gestellt, dass wegen der Unterhaltsreform - anders als früher - das Hinzutreten des weiteren Ehegatten ein Abänderungsgrund für den Aufstockungsunterhalt des geschiedenen Ehegatten sein kann. Zwar soll auch nach der Unterhaltsreform der geschiedene Ehegatte auch weiterhin am ehemals ehelichen Lebensstandard teilhaben können. Das ist jedoch nur dann und insoweit zu billigen, hat der auch der Unterhaltsschuldner seinerseits einen nicht gesunkenen Lebensstandard. Jede andere Beurteilung würde der verfassungsrechtlich garantierten Gleichwertigkeit der alten und der neuen Ehe widersprechen. Vorliegend ist der Lebensstandard des Klägers gesunken durch Hinzutreten des neuen seinerseits unterhaltsberechtigten Ehegatten gesunken. Ein interessengerechter Ausgleich kann nur so gefunden werden, wird das Einkommen gleichmäßig aufgeteilt. Unter Berücksichtigung der erzielten eigenen Einkünfte der geschiedenen Ehefrau wurde der Unterhaltsbetrag auf € 290,00 herabgesetzt. Dagegen ließ der BGH das Argument nicht gelten, der Unterhalt sei zeitmäßig zu begrenzen. Bereits nach altem Unterhaltsrecht wäre eine zeitliche Begrenzung möglich gewesen. Diesen Aspekt hätte der Kläger deshalb schon früher einwenden können, weswegen er jetzt hiermit nicht mehr gehört werden könne (BGH, Urteil vom 18.11.2009, Az.: XII ZR 65/09).

Auswirkungen und Empfehlungen:

Seit der Unterhaltsreform gilt nicht mehr der Grundsatz, dass der geschiedene Ehegatte Vorrang vor dem neuen Ehegatten hat. Der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten kann sich bei Hinzutreten eines neuen Ehegatten verringern. Sind dem geschiedenen Ehegatten hingegen durch die frühere Ehe keine Nachteile bei der Ausübung einer Erwerbstätigkeit entstanden, kann der neue Ehegatte auch vorrangig vor dem geschiedenen Ehegatten unterhaltsberechtigt sein.

Anders ist der Fall dann zu behandeln, tritt Einkommen hinzu, sei es aus dem Splittingvorteil der zweiten Ehe, einem Karrieresprung oder ausreichend eigenem Einkommen des neuen Ehegatten. Zwar bleibt die Drittelmethode bei der Berechnung erhalten, das Rechenergebnis wird dann aber zunehmend mehr zugunsten des geschiedenen Ehegatten ausfallen.

Umstände, die erst wegen des neuen Unterhaltsrechts Bedeutung für die Berechnung der Unterhaltshöhe erlangen, können grundsätzlich zum Anlass für eine Abänderung (Herabsetzung oder – wohl selten – Erhöhung) herangezogen werden. Mit Aspekten, die hingegen bereits früher hätten eingewendet werden können, sind die Parteien hingegen ausgeschlossen.









Eingestellt am 28.12.2009 von Dr. Thomas Langner
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