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Die Höhe des Unterhaltsbetrags bleibt unberührt, hat der Unterhaltsschuldner dadurch weniger Einkommen, weil er die Höhe seines bisherigen Einkommens vorwerfbar aufgegeben hat (sog. fiktives Einkommen), (BGH, Urteil vom 30.03.2011, XII ZR 3/09).

Bei der Berechnung der Höhe eines Unterhaltsanspruchs ist der Unterhaltsverpflichtete, der die Höhe seines bisherigen Einkommens grundlos aufs Spiel gesetzt hat und deshalb weniger verdient, so behandelt, als würde er noch die Einkünfte aus seiner bisherigen Tätigkeit besitzen (sog. fiktives Einkommen), (BGH, Urteil vom 30.03.2011, XII ZR 3/09)


Sachverhalt:

Die Kindesmutter hat gegenüber dem Kindesvater nacheheliche Unterhaltsansprüche als Betreuungsunterhalt geltend gemacht. Das gemeinsame Kind beider lebt im Haushalt der Mutter. Gegen die vom Amtsgericht festgesetzte Höhe des Unterhalt wendet sich der Vater mit der Argumentation, dass er gar nicht das vom Amtsgericht zugrunde gelegte Einkommen besitzen würde, sondern wegen der dem Gericht bekannten Verringerung seiner Arbeitszeit von Vollzeit auf nur noch 25 Stunden/Woche auch ein geringeres Nettoeinkommen besitzen würde. Würde sein tatsächlicher Nettobetrag herangezogen, entfiele der Unterhalt. Die Mutter sieht die Einkommensreduzierung als böswillig an und hält deshalb das Urteil des Amtsgerichts für beanstandungsfrei (Sachverhalt nach: BGH, Urteil vom 30.03.2011, XII ZR 3/09).

Entscheidung:

In ständiger Rechtsprechung - und so auch in der hier besprochenen Entscheidung vom 30.03.2011 (Az: XII ZR 3/09) - stellt der Bundesgerichtshof immer wieder klar, dass es für die Berechnung der Höhe eines Unterhaltsanspruchs nicht allein auf die tatsächlichen Einkommensverhältnisse eines Unterhaltsschuldners ankomme, sondern zudem noch darauf abzustellen ist, in welcher Weise der Unterhaltsverpflichtete im Rahmen seiner ihm möglichen Erwerbsfähigkeit Einkommen erzielen könne. Zur Beurteilung dessen sei auf die persönlichen und auf dem Arbeitsmarkt bedeutsamen individuellen Zugangsvoraussetzungen des Unterhaltsschuldners abzustellen. Sei ein Unterhaltsschuldner zur Vollzeittätigkeit in der Lage, gibt er diese zugunsten einer Tätigkeit mit geringerem Zeitumfang und geringerer Entlohnung auf oder bemüht er sich nicht entsprechend intensiv um vollschichtige Tätigkeit, sei ihm das früher erzielte Einkommen als fiktives Einkommen zuzurechnen.
Der Kindesvater müsse deshalb so behandelt werden, als wenn er das frühere Einkommen noch besitzen würde. Er war deshalb so zu behandeln, als hätte er noch die früheren höheren Einkünfte aus seiner Vollzeittätigkeit zur Verfügung (sog. fiktives Einkommen). Für die Unterhaltsberechnung war somit das frühere Einkommen des Kindesvaters als fiktives Einkommen heranzuziehen und gerade nicht das von ihm grundlos verminderte Einkommen (BGH, Urteil vom 30.03.2011, XII ZR 3/09).

Auswirkungen und Empfehlungen:

Oft hört man in Unterhaltstreitigkeiten gegen die Seite des Unterhaltsberechtigten die Drohung des zur Zahlung Verpflichteten, dass er seine Arbeit aufgeben werde, dann ein niedrigeres Einkommen habe und so nicht mehr zur Unterhaltszahlung verpflichtet werden könne. Ein solches Verhalten führt aber nicht zum gewünschten Ziel. Vielmehr legt die Rechtsprechung in solchen Fällen das sogenannte fiktive Einkommen (das Einkommen also, was bei nicht treuwidrigem Verhalten noch erzielt würde oder werden könnte) der Unterhaltsberechnung zu Grunde. Obgleich der Unterhaltsschuldner weniger Geld zur Verfügung hat, bleibt es der Höhe nach bei der Unterhaltsverpflichtung, die sich nach der Höhe des alten Einkommens ergäbe.

Gegen die Annahme des fiktiven Einkommens kann sich der Unterhaltsverpflichtete nur dann wehren, kann er nachweisen, dass er sein früher erzieltes Einkommen nicht mehr erzielen kann. Das ist z.B. der Fall, hätte er seine bisherige Arbeitsstelle zwischenzeitlich ohnehin verloren oder könnte er die Höhe der früheren Einkünfte auch auf dem freien Markt nicht mehr erzielen.

(BGH, Urteil vom 30.03.2011, XII ZR 3/09)









Eingestellt am 28.05.2011 von Dr. Thomas Langner
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