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Kinderbetreuungskosten wegen Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils sind nicht Unterhaltsmehrbedarf des Kindes, sondern berufsbedingte Aufwendungen des Elternteils (BGH, Beschl. vom 04.10.2017, Az. XII ZB 55/17)


Entstehen Kosten für die Kinderbetreuung wegen der Berufstätigkeit des für die Betreuung verantwortlichen Elternteils und ist mit der Betreuung keine besondere Förderung des Kindes verbunden, sind diese nicht als Unterhaltsmehrbedarf des Kindes mit der Folge zu bewerten, dass die Eltern sich die Kosten entsprechend ihrer Einkommensverhältnisse teilen, sondern lediglich als berufsbedingte Aufwendungen des betreuenden Elternteils. (BGH, Beschluss vom 04.10.2017, Az. XII ZB 55/17)


Sachverhalt:

Die Eltern des noch nicht schulpflichtigen Kindes streiten darum, ob sich der Kindesvater, der Barunterhaltszahlungen zu Händen der Mutter für das Kind leistet, ebenso auch an den Kinderbetreuungskosten zu beteiligen hat, die dadurch entstehen, dass die Mutter für das in ihrem Haushalt lebende Kind stundenweise eine Tagesmutter bezahlt. Die Betreuung erfolgt dabei im Haushalt der Mutter. Die Betreuung ist nötig, damit die Mutter ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen kann. Infolgedessen ist die Mutter der Auffassung, der Vater muss sich anteilig an den Betreuungskosten beteiligen, weil es sich hierbei um einen Mehrbedarf des Kindes handeln würde, der vom Regelunterhalt nicht erfasst sei. Der Vater vertritt die Auffassung, dass die Mutter für die Betreuung des Kindes verantwortlich sei. Insofern sie sich hierzu anderer Personen bediene, könnten die entstehenden Kosten nicht auf ihn mit umgelegt werden. (Sachverhalt verkürzt nach: BGH, Beschluss vom 04.10.2017, Az. XII ZB 55/17)



Entscheidung:

Der BGH stellt in seinem Beschluss vom 04.10.2017 (Az. XII ZB 55/17) klar, dass die Unterhaltsverpflichtung zwischen getrennt lebenden Eltern grundlegend einerseits vorsieht, dass der das Kind betreuende Elternteil den Betreuungsunterhalt leistet und der andere Elternteil barunterhaltsverpflichtet ist. Diesem Grundsatz würde es widersprechen, wenn der für die Betreuung des Kindes verantwortliche Elternteil die Betreuung auf Dritte delegiert und die hierfür entstehenden Kosten auch dem anderen Elternteil mit auferlegen könnte, der bereits Barunterhalt leistet. Deswegen müsse der betreuende Elternteil die für eine Betreuung durch Dritte entstehenden Kosten grundsätzlich auch allein tragen. Das sei nur dann anders, wenn der Umfang der geschuldeten Betreuungspflicht in besonderem Maß überschritten würde. Hiervon sei im Fall der Betreuung im mütterlichen Haushalt durch eine Tagesmutter aber nicht auszugehen gewesen. Eine Tagesmutter leiste keinen über die übliche Betreuungsverpflichtung von Eltern hinausgehenden besonderen Beitrag zur Förderung des Kindes. Deshalb seien die hierfür entstehenden Kosten auch nicht als Unterhaltsmehrbedarf des Kindes zu bewerten. Da ohne die Entstehung der Kosten indes die Berufstätigkeit der Mutter nicht möglich sei, könnten die Kosten jedoch als deren berufsbedingte Aufwendungen qualifiziert werden. (BGH, Beschluss vom 04.10.2017, Az. XII ZB 55/17)


Dr. Thomas Langner, Chemnitz, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Betreuungskosten als berufsbedingte Aufwendungen und nicht als Unterhaltsmehrbedarf
Hinweise und Empfehlungen:

Der Beschluss stellt klar, dass besondere Voraussetzungen gegeben sein müssen, um einen Unterhaltsmehrbedarf annehmen zu können. Dabei skizziert das Gericht auch, wann das der Fall sein kann, nämlich dann, wenn es sich um eine pädagogisch veranlasste Betreuung des Kindes handelt, so in staatlichen Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen oder Schulhorten.

Dass die Kosten bei der Mutter nur als berufsbedingte Aufwendungen berücksichtigt wurden, hatte im konkreten Fall für die Mutter keinen Nutzen, da die geschiedenen Eltern wechselseitig keinen Unterhalt geschuldet hatten. Wechselseitig wurden Unterhaltsansprüche der Eltern durch wirksamen Verzicht ausgeschlossen. Sonst hätte die Berücksichtigung der berufsbedingten Aufwendungen dazu geführt, dass sich das bereinigte Nettoeinkommen der Mutter verringert hätte. Je nach Höhe des Einkommens des Vaters und nach Zielrichtung der Unterhaltsverpflichtung hätte die Mutter dann nach Berücksichtigung der wegen der Kinderbetreuungskosten höherer berufsbedingter Aufwendungen entweder einen geringeren Unterhalt an den Vater zu entrichten gehabt oder einen höheren Unterhalt vom Vater zu erwarten gehabt. Gerade weil vorliegend aber der Unterhalt ausgeschlossen wurde, hatte die Mutter nur die Chance, einen finanziellen Vorteil dann zu erzielen, wenn die Betreuungskosten als Unterhaltsmehrbedarf des Kindes beurteilt würden, an denen sich der Vater dann entsprechend der Quote der Einkommensverhältnisse beider Elternteile hätte beteiligen müssen.

Kurz: Wenn eine Betreuung durch dritte Personen lediglich absichern soll, was auch dem betreuenden Elternteil persönlich obliegt, sind die hierfür entstehenden Kosten in der Regel nie Unterhaltsmehrbedarf des Kindes, sondern lediglich berufsbedingte Aufwendungen des betreuenden Elternteils.

(BGH, Beschluss vom 04.10.2017, Az. XII ZB 55/17)













Eingestellt am 16.01.2018 von Dr. Thomas Langner
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