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Das BVerfG stärkt die Rechte von Vätern nichtehelicher Kinder, deren Ausübung ihres Sorgerechts bisher allein von der Zustimmung der Mutter abhängig war (BVerfG, Beschl. v. 21.07.2010, Az.: 1 BvR 420/09)

! Der Gesetzgeber hat das Urteil mittlerweile am 04.07.2012 umgesetzt ! Die Regelungen der §§ 1626 a Abs. 1 Nr. 1, 1672 Abs. 1 BGB sind verfassungswidrig, da sie die Teilhabe des Vaters an der gemeinsamen Sorge für ein nichteheliches Kind oder die Übertragung des Sorgerechts oder Teilen hiervon von der Zustimmung der Mutter abhängig machen (BVerfG, Beschluss vom 21.07.2010, Az. 1 BvR 420/09).

Sachverhalt:

Noch während der Schwangerschaft trennten sich die zu keinem Zeitpunkt miteinander verheirateten Eltern des 1998 nichtehelich geborenen Kindes. Seitdem wohnte das Kind im Haushalt der Mutter. Der Vater, der seine Vaterschaft anerkannt hatte, übte ein regelmäßiges Umgangsrecht aus. Die Zustimmung zur Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge für das nichteheliche Kind hat die Mutter aber abgelehnt. Nachdem die Mutter angekündigt hatte, mit dem Kind innerhalb Deutschlands umziehen zu wollen, beantragte der Vater die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts als Teil des Sorgerechts auf sich allein. Hilfsweise begehrte der Vater, ihm das Sorgerecht allein zu übertragen oder aber wenigstens die Zustimmung der Mutter zur Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts zu ersetzen, um im Ergebnis in die Lage versetzt zu sein, Entscheidungen im Rahmen des Sorgerechts für das gemeinsame nichteheliche Kind mit treffen zu können (BVerfG, Beschluss vom 21.07.2010, Az. 1 BvR 420/09).

Entscheidung:

Als mit der Verfassung vereinbar hat das BVerfG die Regelung des Gesetzgebers gesehen, dass die Mutter nach der Geburt zunächst stets allein Inhaberin des Sorgerechts eines nichtehelichen Kindes wird, da die Mutter die auch nach außen einzige sichere Bezugsperson des Kindes sei. Nicht zu beanstanden sei es auch, dass der Vater nicht zugleich mit der Anerkennung der Vaterschaft Mitinhaber der elterlichen Sorge für das nichteheliche Kind würde.

In seiner Entscheidung weist das Bundesverfassungsgericht sodann aber darauf hin, dass die gesetzlichen Regelungen der §§ 1626 a Abs. 1 Nr. 1, 1672 Abs. 1 BGB in unverhältnismäßiger Weise in das Elternrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes eingreifen würden, wenn einerseits die Mutter ihm die Zustimmung zur Ausübung des gemeinsamen elterlichen Sorgerecht verweigern könne und er darüber hinaus noch nicht einmal die Möglichkeit habe, die Entscheidung der Mutter bemessen nach Gesichtspunkten des Kindeswohls gerichtlich überprüfen zu lassen. Damit würde das Recht des Vaters eines nichtehelichen Kindes in unzulässiger Weise hinter das Recht der Mutter des nichtehelichen Kindes gesetzt, was gegen Art. 6 Abs. 2 GG verstoße (BVerfG, Beschluss vom 21.07.2010, Az. 1 BvR 420/09).

Auswirkungen und Empfehlungen:

Die vom BVerfG nun für verfassungswidrig erklärten §§ 1626 a Abs. 1 Nr. 1, 1672 Abs. 1 BGB hatten bislang zur Folge, dass der Vater des nichtehelichen Kindes gegen eine Weigerung der Mutter, ihn an der Ausübung der elterlichen Sorge teilhaben zu lassen, nicht vorgehen konnte. Hatte der Gesetzgeber diese Regelungen ursprünglich deshalb verabschiedet, weil er meinte, die Mütter würden die Zustimmung zur Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge nur verweigern, würden Spannungen bei der künftigen gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge bereits absehbar sein, so hat die Praxis leider gezeigt, dass die Zustimmung zur Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht selten aus allein eigensinnigen Gründen der Mutter verweigert wurde. Allenfalls dann, wenn die Mutter selbst nicht in der Lage gewesen wäre die elterliche Sorge auszuüben (Tod, Gefährdung des Kindeswohls), hätte der Vater das Sorgerecht erhalten können.

Für Väter bedeutet das Urteil aber nicht, dass sie praktisch per Wunsch auch Inhaber des Sorgerechts würden. Das BVerfG hat insoweit deutlich gemacht, dass das hierüber zu entscheidende Familiengericht stets im Blick haben müsse, ob die Erweiterung der elterlichen Sorge dem Kindeswohls entspricht, ob also die Eltern ein Mindestmaß an Konsens vereint. Fehlt es daran, kann die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl abträglich sein. Einzig dann ist auch die Übertragung der elterlichen Sorge allein auf den Vater möglich.

Mütter müssen zwar aufgrund der Entscheidung damit rechnen, dass Väter, die generell bereit sind, das elterliche Sorgerecht für das gemeinsame nichteheliche Kind mit auszuüben, künftig die Einräumung des gemeinsamen Sorgerechts auch versuchen werden durchzusetzen. Grundsätzlich unbegründet dürfte aber die Angst davor sein, dass der Vater dann das alleinige Sorgerecht erhält und der Mutter das Sorgerecht entzogen würde. In der Regel hat die Mutter in der Vergangenheit gezeigt, dass sie erziehungsgeeignet ist. Zudem kann bei der Beurteilung des Kindeswohls natürlich die Bindung zwischen Mutter und Kind nicht unberücksichtigt bleiben. In den allermeisten Fällen dürfte dann auch die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge das weniger einschneidende Mittel sein.

Weiterführend zur Thematik: Fragen zum Sorgerecht, NEUE RECHTSLAGE in Umsetzung des hier besprochenen Urteils










Eingestellt am 03.08.2010 von Dr. Thomas Langner
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