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Ausschlussfristen greifen nicht, rechnet der Arbeitgeber gegen Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers auf (BAG, Urteil vom 03.05.2023 - 5 AZR 268/22)
Der Arbeitnehmer streitet im arbeitsgerichtlichen Verfahren gegen den Arbeitgeber um ausstehenden Restlohn für Mai 2019 in Höhe von ca. 1.000,00 €. Der Arbeitgeber sieht sich nicht zur Lohnzahlung verpflichtet. Zwar habe der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbracht. Zugleich sei auch eine Lohnabrechnung erfolgt. Er sei aber nicht verpflichtet, den dort ausgewiesenen restlichen Nettolohn zu begleichen. Das deshalb, weil er gegenüber dem Arbeitnehmer Schadenersatzansprüche in dieser Höhe besitze. Diese habe er in voller Höhe gegen den auszuzahlenden Nettolohn zur Aufrechnung gebracht. Der Arbeitnehmer seinerseits bestreitet die Schadensersatzansprüche. Hieraufhin wendet der Arbeitgeber ein, dass der Arbeitnehmer jedenfalls dann die einschlägige Ausschlussfrist nicht beachtet habe. Danach hätte der Arbeitnehmer nämlich zunächst innerhalb von zwei Monaten seine Ansprüche außergerichtlich geltend machen müssen. Unabhängig davon hätte er dann nach Ablauf einer 14-tägigen Reaktionsfrist abermals zwei Monate für die Geltendmachung seiner Ansprüche vor dem Arbeitsgericht Zeit gehabt. Das sei beides nicht geschehen, weswegen der Arbeitgeber auch deshalb keinen Restlohn mehr zahlen müsse, selbst wenn die Schadenersatzansprüche nicht bestanden hätten. (BAG, Urteil vom 03.05.2023 - 5 AZR 268/22)
Das Bundesarbeitsgericht sieht die Ausschlussfrist als nicht einschlägig an. Es gibt deshalb dem Arbeitnehmer recht. Gerade durch die vom Arbeitgeber erklärte Aufrechnung habe der Arbeitgeber die Lohnforderung des Arbeitnehmers bereits anerkannt. Anders sei es nicht zu bewerten, wenn der Arbeitgeber von einer streitlos bestehenden Lohnforderung seine vermeintliche Gegenforderung abzieht. Damit habe der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Restlohn bereits anerkannt. Einmal anerkannte Ansprüche könnten aber naturgemäß später keiner Ausschlussfrist mehr unterworfen werden.
Da im Übrigen der vom Arbeitnehmer beanspruchte Lohn unter dessen Pfändungsfreigrenze lag, hatte der Arbeitgeber ohnehin nicht aufrechnen können. Es war daher für die Entscheidung des Gerichts unerheblich, ob die vom Arbeitgeber zur Aufrechnung gebrachten Ansprüche bestanden haben oder nicht. (BAG, Urteil vom 03.05.2023 – 5 AZR 268/22)
Ausschlussfristen sind im Übrigen auch dann nicht anwendbar, wenn es sich um unverzichtbare Ansprüche des Arbeitnehmers handelt. Das ist z.B. für Mindestlohnansprüche der Fall. Verdient der Arbeitnehmer hingegen über dem Mindestlohn, so wird gesplittet. Für den Anteil des Lohns über dem Mindestlohn gelten Ausschlussfristen. Für den Mindestlohnanteil selbst gelten Ausschlussfristen hingegen nicht.
Eingestellt am 28.10.2024 von Dr. Thomas Langner
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