Konsumiert ein Berufskraftfahrer harte Drogen („Chrystal Meth“), kann das eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen (BAG, Urteil vom 20.10.2016, 6 AZR 471/15).


Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann außerordentlich fristlos ausgesprochen werden, wenn ein Berufskraftfahrer harte Drogen („Chrystal Meth“) konsumiert hat, selbst wenn das in seiner Freizeit geschah. Dabei muss es nicht feststehen, ob seine Fahrtüchtigkeit konkret beeinträchtigt war (BAG, Urteil vom 20.10.2016, 6 AZR 471/15).

Sachverhalt:

Der Arbeitnehmer war zum Zeitpunkt des Ausspruchs der außerordentlich fristlosen Kündigung ein Jahr bei seinem Arbeitgeber als Berufskraftfahrer beschäftigt. Am Samstag, dem 11.10.2014, konsumierte er in seiner Freizeit harte Drogen („Chrystal Meth“). Seine Arbeitstätigkeit trat er am darauffolgenden Montag dennoch an. Nach Arbeitsende am Dienstag wurde der Arbeitnehmer bei einer privaten Fahrt von der Polizei kontrolliert und positiv auf Drogen („Chrystal Meth“) getestet. Am 27.10.2014 erfuhr der Arbeitgeber vom positiven Drogentest und nahm dies zum Anlass, dem Arbeitnehmer eine außerordentlich fristlose Kündigung auszusprechen.

Hiergegen wendet sich der Arbeitnehmer mit der Argumentation, die Einnahme harter Drogen („Chrystal Meth“) habe sich während seiner Freizeit zugetragen. Außerdem habe er seine Arbeitstätigkeit ordnungsgemäß erfüllt, es habe weder Anhaltspunkte für die Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit gegeben noch eine konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs. Deshalb sei eine außerordentlich fristlose Kündigung ungerechtfertigt. Der Arbeitgeber argumentiert seinerseits, dass augenscheinlich bis zum Drogentest der Arbeitnehmer unter Drogeneinfluss gefahren sei. Wegen der potentiellen Gefährdung des Straßenverkehrs durch den Drogenkonsum des Arbeitnehmers und zudem im Hinblick darauf, dass der einzige Kunde des Arbeitgebers den Einsatz des betreffenden Arbeitnehmers aufgrund des Vorfalls nicht mehr dulde, sei eine außerordentlich fristlose Kündigung gerechtfertigt. Es sei daher nicht nötig, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist warten zu müssen (BAG, Urteil vom 20.10.2016, 6 AZR 471/15).



Entscheidungsgründe:

Nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 20.10.2016, 6 AZR 471/15) stellt das Verhalten des Arbeitnehmers einen wichtigen Grund dar, der den Arbeitgeber zur außerordentlich fristlosen Kündigung berechtigt. Dem Arbeitgeber sei es nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen.

Seine Entscheidung begründet das BAG damit, dass der Arbeitnehmer in schwerwiegender Weise gegen seine arbeitsvertraglichen Nebenleistungspflichten verstoßen habe, als er seine Arbeitstätigkeit nach der Einnahme der harten Drogen („Chrystal Meth“) gleichwohl fortgesetzt hat. Ein Arbeitnehmer habe sich nicht in einen Zustand zu versetzen, in dem er während der Ausübung seiner Arbeitstätigkeit andere gefährden könne. Insoweit mache es keinen Unterschied, ob der Drogenkonsum während der Freizeit oder innerhalb der Arbeitszeit stattgefunden habe. Zudem komme es auch nicht darauf an, ob die Fahrtüchtigkeit tatsächlich konkret beeinträchtigt sei. Der vorwerfbare Pflichtenverstoß liege bereits in der massiven Gefährdung der Fahrtüchtigkeit durch den Drogenkonsum. Als Berufskraftfahrer sei der Arbeitnehmer gehalten, jede Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs und die Gefährdung der Rechtsgüter des Arbeitgebers zu vermeiden.

Damit stelle die Arbeitsaufnahme trotz vorherigen Drogenkonsums und erst recht die Fortsetzung der Arbeitstätigkeit nach dem Drogentest eine vorwerfbare Pflichtverletzung dar. Dem Arbeitgeber sei deshalb die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar gewesen, weswegen dieser eine außerordentlich fristlose Kündigung habe aussprechen können (BAG, Urteil vom 20.10.2016, 6 AZR 471/15).



Außerordentliche fristlose Kündigung eines Kraftfahrers wegen Konsums harter Drogen - von Dr. Thomas Langner, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Rechtsanwalt in Chemnitz (BAG, 6 AZR 471/15)
Hinweise und Empfehlungen:

Aufgrund des konkreten Sachverhalts hat sich das Gericht nicht dazu zu äußern gehabt, nach welchem Zeitablauf eine abstrakte Gefährdungslage nicht mehr gegeben ist, was den Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung entfallen ließe. Deshalb ist das Urteil auch nicht so zu verstehen, dass ein Arbeitgeber stets dann außerordentlich fristlos kündigen kann, wenn irgendwann einmal harte Drogen konsumiert worden wären. Es dürfte vielmehr darauf ankommen, welche Zeitspanne zwischen dem Drogenkonsum und dem vorwerfbar pflichtverletzenden Verhalten des Arbeitnehmers ausreichend ist, um eine mögliche Ursächlichkeit sicher ausschließen zu können. Ist eine Ursächlichkeit auszuschließen, dürfte sich eine außerordentlich fristlose Kündigung verbieten.












Eingestellt am 23.03.2017 von Dr. Thomas Langner
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