Eine Kündigungsschutzklage ist erfolglos, verstößt der Arbeitnehmer gegen Pflichten des Arbeitsvertrags (hier: Arbeitszeitbetrug) und kommt es hierdurch zum Vertrauensbruch (BAG, Urt. v. 26.09.2013, 2 AZR 682/12)


Bei der Frage danach, ob die Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers nach begangenem Arbeitszeitbetrug erfolgreich ist, kommt es entscheidend darauf an, ob hierdurch ein Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten vorliegt und es hierdurch zum Vertrauensbruch gekommen ist (BAG, Urteil vom 26.09.2013, 2 AZR 682/12).

Sachverhalt:

Mit ihrer Kündigungsschutzklage greift die Arbeitnehmerin eine außerordentliche, hilfsweise ordentlich ausgesprochene Kündigung an. Hintergrund war folgendes Geschehen: Sowohl die Arbeitnehmerin als auch ihr Ehemann arbeiteten beim selben Arbeitgeber. Nachdem der Ehemann seine bisherige Führungsposition verlor, bekam er die Anweisung, seine künftige neue Tätigkeit um 08.00 Uhr zu beginnen und 8 Stunden am Tag zu arbeiten. Als der Arbeitgeber kurz darauf ein Zeiterfassungssystem einführt, erschien die Arbeitnehmerin weiterhin pünktlich, stempelte aber zugleich die Stempelkarte ihres Ehemannes mit ab, begab sich an dessen Arbeitsplatz, startete dessen Computer und begann dann selbst mit ihrer Arbeit. Der Ehemann erschien täglich ca. 20 Minuten verspätet. Der Arbeitgeber nimmt das zum Anlass, um wegen Arbeitszeitbetrug außerordentlich, hilfsweise ordentlich zu kündigen. Die Arbeitnehmerin wendet mit ihrer Kündigungsschutzklage ein, dass eine feste Arbeitszeit für ihren Ehemann nie vereinbart gewesen sei. Außerdem habe der Ehemann sein tägliches Arbeitspensum innerhalb der vorgegebenen Arbeitszeit von 8 Stunden geschafft. Folglich würde kein Arbeitszeitbetrug vorliegen. Die Beklagte entgegnet, dass ein Arbeitszeitbetrug vorliegen würde. Gerade aufgrund der Stempelkarte würde der Eindruck erweckt, der Ehemann der Klägerin habe Arbeitszeiten erbracht, die tatsächlich nicht geleistet wurden. Deshalb könne die Kündigungsschutzklage keinen Erfolg haben (Sachverhalt nach BAG, Urteil vom 26.09.2013, 2 AZR 682/12).

Entscheidung:

Obgleich das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 26.09.2013 (2 AZR 682/12) nicht abschließend über die Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin entscheiden konnte, hat es seine bislang aufgestellten Grundsätze zum Arbeitszeitbetrug manifestiert. Generell könne Arbeitszeitbetrug eine Kündigung rechtfertigen, wenn der Arbeitnehmer objektiv gesehen gegen ihm obliegende vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis verstößt und gerade dieser Verstoß einen Vertrauensbruch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer begründet. Aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts war über die vorliegende Kündigungsschutzklage deshalb aber noch keine abschließende Entscheidung möglich, weil das vorinstanzliche Landesarbeitsgericht den Sachverhalt nicht in entscheidungserheblicher Weise ausreichend aufgeklärt hatte. Das Bundesarbeitsgericht hat den Rechtsstreit dorthin zurückverwiesen. Das Landesarbeitsgericht muss nun unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Bundesarbeitsgerichts das Kündigungsschutzverfahren nochmals betreiben und neu urteilen (BAG, Urteil vom 26.09.2013, 2 AZR 682/12).

Kündigungsschutzklage Arbeitszeitbetrug Rechtsanwalt Fachanwalt Dr. Langner Chemnitz
Anmerkungen und Empfehlungen:

Gerade wenn der Arbeitsvertrag nicht fest gebundene Arbeitszeiten vorsieht, ist es für einen Arbeitgeber schwer zu kontrollieren, ob vom Arbeitnehmer die vorgegebene Arbeitszeit entsprechend der arbeitsvertraglichen Vereinbarung erbracht wird. Jeder vorsätzliche Verstoß, Arbeitszeiten korrekt zu erfassen, kommt deshalb als wichtiger Grund, der seinerseits eine außerordentliche Kündigung nach sich ziehen kann, in Betracht. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob dem Arbeitgeber ein Vermögensschaden entstanden ist. Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer objektiv gegen ihn treffende Pflichten verstoßen hat und gerade im Fall von Arbeitszeitbetrug in aller Regel ein schwerer Vertrauensmissbrauch vorliegt. Eine Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug dürfte dann wenig Aussicht auf Erfolg haben. Nur in seltenen Ausnahmefällen dürfte der Arbeitgeber bei Arbeitszeitbetrug auf eine vorher auszusprechende Abmahnung zu verweisen sein.

Arbeitnehmern kann daher nur geraten werden, im Bereich der Arbeitszeiterfassung korrekt vorzugehen, um jedem Anschein von Arbeitszeitbetrug vorzubeugen.

Arbeitgeber sollten neben der Arbeitszeiterfassung individuelle Stichproben machen, um entweder Fälle von Arbeitszeitbetrug zu ermitteln oder aber um damit Fällen von Arbeitszeitbetrug vorzubeugen.

(BAG, Urteil vom 26.09.2013, 2 AZR 682/12)

Weiterführende Darstellung zu den Themenbereichen: ordentliche Kündigung, außerordentliche Kündigung, Abmahnung










Eingestellt am 15.10.2013 von Dr. Thomas Langner
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