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Legt der Arbeitgeber Einlieferungsbeleg und Auslieferungsbeleg eines Einwurf-Einschreibens vor, spricht das nach dem ersten Anschein für den Zugang einer ausgesprochenen Kündigung (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18.01.2022 - 1 Sa 159/21)
Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer gekündigt. Das Kündigungsschreiben hat er an die Wohnanschrift des Klägers verschickt. Der Kläger wohnt in einem Haus, an dem sich eine Briefkastenanlage mit ca. 80 Briefkästen befindet. Der Arbeitnehmer bestreitet, die Kündigung erhalten zu haben. Hiergegen wendet der Arbeitgeber ein, dass er einen Auslieferungsbeleg für das Einwurf-Einschreiben mit der Unterschrift des Postzustellers habe. Deshalb sei von einer Zustellung des Kündigungsschreibens auszugehen. Noch mehr Aktivitäten entfalten zu müssen, sei ihm nicht zuzumuten. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren war im Rahmen der Kündigungsschutzklage zu entscheiden, ob die Kündigung per Einwurf-Einschreiben als zugegangen galt oder nicht. (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18.01.2022 - 1 Sa 159/21)
Das Landesarbeitsgericht ging davon aus, dass fehlerhafte Zustellungen zwar grundlegend nie ausgeschlossen seien. Aber auch in Mehrfamilienhäusern sei das als eher unwahrscheinlich zu betrachten. Die Vorlage des Einlieferungsbelegs und der Ausdruck des Auslieferungsbelegs mit Unterschrift des Zustellers war für das Gericht ausreichend, um einen Anscheinsbeweis für den Zugang der Kündigung durch Einwurf-Einschreiben anzunehmen. Die allgemeine Lebenserfahrung lasse erwarten, dass der Postzusteller den für ihn routinemäßigen Zustellungsvorgang eines Einwurf-Einschreibens ordnungsgemäß durchgeführt und quittiert habe. Dem hätte der Arbeitnehmer nur begegnen können, wenn er seinerseits gewisse Umstände vorgebracht hätte, die erhebliche Zweifel an der ordnungsgemäßen Zustellung hätten aufkommen lassen. Das war hier nicht der Fall. Das Gericht sah daher die Zustellung des Kündigungsschreibens durch Einwurf-Einschreiben als ordnungsgemäß an. (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18.01.2022 - 1 Sa 159/21)
Die Rechtsprechung zur Thematik des Zugangs einer Kündigung durch Einwurf-Einschreiben ist nicht einheitlich. Andere Gerichte hätten zum selben Sachverhalt unter Umständen anders entschieden. Generell ist die Beurteilung in jedem Einzelfall immer wieder neu vorzunehmen. Am sichersten für Arbeitgeber ist deshalb eine Zustellung durch persönliche Übergabe gegen Empfangsbestätigung oder durch einen Boten. Der Bote muss dann mit dem Inhalt des Schreibens vertraut sein und sollte aus prozesstaktischen Gründen nicht der Arbeitgeber selbst sein.
Eingestellt am 31.05.2023 von Dr. Thomas Langner
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