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Während der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber ein Personalgespräch nur im Ausnahmefall anordnen (BAG, Urteil vom 02.11.2016, Az. 10 AZR 596/15).
Der Arbeitnehmer war beim Arbeitgeber seit 2003 zunächst als Krankenpfleger beschäftigt. Wegen eines Unfallereignisses wurde er befristet bis zum 31.12.2013 als medizinischer Dokumentationsassistent eingesetzt. Vom 29.11.2013 bis 21.02.2014 war der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt. Trotz der Erkrankung hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu einem Personalgespräch „zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit“ einbestellt. In seinem Erwiderungsschreiben hat der Arbeitnehmer die Teilnahme am Personalgespräch unter Hinweis auf seine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit abgelehnt. Da der Arbeitgeber der Auffassung war, der Arbeitnehmer müsse am Personalgespräch teilnehmen, hat er ihn abgemahnt. Hiergegen hat der Arbeitnehmer geklagt (Sachverhalt nach: BAG, Urteil vom 02.11.2016, 10 AZR 596/15).
Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung (BAG, Urteil vom 02.11.2016, 10 AZR 596/15) die ausgesprochene Abmahnung als unwirksam erachtet, weil das Fernbleiben des Arbeitnehmers vom Personalgespräch während seiner Erkrankung keinen Verstoß gegen arbeitsrechtliche Verpflichtungen dargestellt habe. Ein Arbeitnehmer sei grundsätzlich nämlich nicht verpflichtet, während der Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit an einem Personalgespräch teilzunehmen. Eine solche Verpflichtung könne sich nur in absoluten Ausnahmefällen ergeben.
Das könne einerseits der Fall sein, wenn nur der Arbeitnehmer Kenntnis zu wichtigen betrieblichen Abläufen und Vorgängen besitze und ohne einen Austausch hierzu dem Arbeitgeber die Fortführung der betrieblichen Tätigkeit erheblich erschwert oder unmöglich würde. Andererseits könne das der Fall sein, wenn der Arbeitgeber Arbeitsabläufe ändern will, die erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers haben können und hierfür die Einholung dessen Meinung unabdingbar sei. Schließlich seien solche Fälle denkbar, in denen der Arbeitgeber eine neue Arbeitsaufgabe vergeben wolle und vor einer anderweitigen Vergabe mit dem Arbeitnehmer über dessen Bereitschaft zur Übernahme dieser Tätigkeit sprechen wolle.
Hinzutreten müsse, dass wegen der Dringlichkeit ein Aufschub bis nach Ende der Erkrankung nicht geduldet werden könne, die Angelegenheit eine persönliche Anwesenheit des Arbeitnehmers notwendig mache und diese dem Arbeitnehmer auch zumutbar sei.
Zu keinem dieser Ausnahmekriterien hatte der Arbeitgeber im Verfahren ausreichend vorgetragen. Aufgrund dessen ging das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass dem Schutz des erkranken Arbeitnehmers Vorrang im Vergleich zum Interesse des Arbeitgebers am beabsichtigten Personalgespräch zukomme. Wenn der Arbeitnehmer aber dem Personalgespräch während seiner Erkrankung fernbleiben könne, so habe er auch nicht gegen eine arbeitsvertragliche Pflicht verstoßen. Mangels Verstoßes war die Abmahnung als unwirksam zu qualifizieren. Sie war aus der Personalakte zu entfernen (BAG, Urteil vom 02.11.2016, 10 AZR 596/15).

Die Entscheidung zeigt, dass Arbeitgeber keineswegs ohne einen dringenden betrieblichen Anlass Arbeitnehmer während deren Erkrankung zu einem Personalgespräch in den Betrieb einbestellen können. Bevor das geschieht, sollte ohnehin immer darüber nachgedacht werden, ob etwa mit milderen Mitteln derselbe Zweck erzielt werden kann. So dürfte sicher nichts dagegen einzuwenden sein, wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer in einem kurzen telefonischen Personalgespräch bittet, ihm zu sagen, wo konkrete Arbeitsmittel oder Dokumente zu finden sind.
Arbeitnehmer können grundsätzlich verlangen, dass ihnen zu Unrecht erteilte Abmahnungen aus der Personalakte entfernt werden. Zu Unrecht sind Abmahnungen insbesondere erteilt, wenn sie auf unzutreffenden rechtlichen Bewertungen des Arbeitgebers beruhen. Erscheint ein Arbeitnehmer zum Personalgespräch nicht, liegt dann kein arbeitsrechtlicher Verstoß vor, wenn die oben herausgearbeiteten Voraussetzungen für die Anordnung zum Erscheinen beim Personalgespräch nicht vorliegen. In diesen Fällen kann auch nicht abgemahnt werden.
Eingestellt am 27.02.2017 von Dr. Thomas Langner
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