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Wird das Berufsausbildungsverhältnis während der Probezeit länger als ein Drittel unterbrochen, kann die Probezeit um diesen Zeitraum verlängert werden (BAG, Urteil vom 09.06.2016 – 6 AZR 396/15).
Der zwischen dem Auszubildenden und dem Ausbilder geschlossene Berufsausbildungsvertrag enthielt eine Probezeit von vier Monaten. Im Weiteren enthielt der Vertrag die Klausel, dass sich die Probezeit dann um Fehlzeiten verlängert, wenn die Berufsausbildung während der Probezeit um mehr als ein Drittel unterbrochen wird. Während der eigentlichen Probezeit von vier Monaten war der Auszubildende für sieben Wochen erkrankt. Im fünften Monat des Ausbildungsverhältnisses hat der Ausbilder dem Auszubildenden ohne Einhaltung einer Frist gekündigt. Gegen diese Kündigung hat sich der Auszubildende mit dem Argument gewandt, dass ihn die Verlängerungsklausel unangemessen benachteiligen würde. Ohne die Verlängerungsklausel hätte das Berufsausbildungsverhältnis wegen vorherigen Ablaufs der Probezeit nicht mehr gekündigt werden können, weswegen die Kündigung unwirksam sei (BAG, Urteil vom 09.06.2016 - 6 AZR 396/15).
Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 09.06.2016 (6 AZR 396/15) die Kündigung des Ausbilders gegenüber dem Auszubildenden als wirksam befunden. Zwar könne nach dem Gesetz während eines Berufsausbildungsverhältnisses nur eine Probezeit bis zu maximal vier Monaten vereinbart werden. Allerdings habe sich aufgrund der wirksam vereinbarten Verlängerungsklausel die zwischen dem Ausbilder und dem Auszubildenden vereinbarte Probezeit um die Fehlzeiten des Auszubildenden über die ursprünglich vereinbarte Probezeit hinaus verlängert. Richtig sei zwar, dass die vereinbarte Verlängerungsklausel dahingehend überprüft werden müsse, ob sie den Auszubildenden unangemessen benachteiligt. Das sei vorliegend nicht der Fall. Sinn und Zweck der Probezeit sei es nämlich, beiden Vertragspartnern ausreichend Zeit einzuräumen, um sich im Klaren darüber zu werden, ob das Berufsausbildungsverhältnis fortgesetzt werden soll oder nicht. So muss sich der Ausbilder klar darüber werden, ob der Auszubildende für den angestrebten Beruf geeignet ist und der Auszubildende muss sich darüber klar werden, ob der angestrebte Beruf seinen Vorstellungen entspricht. Könne diese Entscheidung jeweils nicht auf Basis ausreichender Erprobung getroffen werden, steige die Gefahr, dass das Ausbildungsverhältnis nur wegen der ablaufenden Frist vorzeitig gekündigt wird. Damit wohne der vereinbarten Verlängerungsklausel auch ein Nutzen für den Auszubildenden inne. Würde man deshalb bei erheblichen Fehlzeiten und auf Basis einer hierzu getroffenen Vereinbarung die Verlängerung der Probezeit nicht zulassen, würde sich der Sinn und Zweck einer Probezeit ins Gegenteil verkehren können. Die Klausel zur Verlängerung der Probezeit während des Berufsausbildungsverhältnisses ist damit zum beiderseitigen Nutzen. Ihr sei deshalb keine benachteiligende Wirkung zu Lasten des Auszubildenden zu entnehmen. Da die Klausel als wirksam befunden wurde, war weiter festzuhalten, dass die Kündigung noch während der wirksam verlängerten Probezeit ausgesprochen wurde. Die Kündigung war damit ordnungsgemäß erfolgt. Die Kündigungsschutzklage hatte keinen Erfolg. (BAG Urteil vom 09.06.2016 - 6 AZR 396/15)
Die Entscheidung dürfte von ihrem Sinn und Zweck auch übertragbar sein auf alle Probezeitvereinbarungen, also nicht nur auf solche im Berufsausbildungsverhältnis, sondern auch auf Arbeitsverhältnisse.
Auf Basis der Entscheidung ist zu raten, dass in Berufsausbildungsverträge und Arbeitsverträge eine Klausel zur Verlängerung der Probezeit aufgenommen werden sollte. Was die Länge betrifft, so sollte die Drittelregelung des Bundesarbeitsgerichts als Grundlage herangezogen werden.
Schließlich ist auf eines hinzuweisen: Im Berufsausbildungsverhältnis ist eine Kündigung nach dem Gesetzeswortlaut innerhalb der Probezeit jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich. Damit wirkt die Kündigung praktisch wie eine außerordentlich fristlose Kündigung, obgleich sie keines besonderen Kündigungsgrundes bedarf. Deshalb hatte das Gericht daneben auch nicht zu prüfen, ob ein anerkennenswerter Kündigungsgrund vorgelegen hat oder nicht.
(BAG Urteil vom 09.06.2016, 6 AZR 396/15)
Eingestellt am 07.09.2016 von Dr. Thomas Langner
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