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Ausschlussfristen – die häufigsten Fragen




1. Was ist eine Ausschlussfrist?

Ausschlussfristen bewirken, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen, wenn sie nicht innerhalb einer konkret vorgegebenen Zeitspanne geltend gemacht werden. Damit verkürzen Ausschlussfristen gerade im Arbeitsverhältnis die sonst deutlich längere gesetzliche Verjährungsfrist. Ziel ist es, rasch Rechtsfrieden und Planungssicherheit für beide Arbeitsvertragsparteien herzustellen.



2. Welche Arten von Ausschlussfristen gibt es?

Zunächst ist zwischen gesetzlichen Ausschlussfristen und vertraglichen Ausschlussfristen zu unterschieden. Die vertraglichen Ausschlussfristen sind ihrerseits wiederum in arbeitsvertragliche Ausschlussfristen und tarifvertragliche Ausschlussfristen zu untergliedern.

Vertragliche Ausschlussfristen können einerseits als einstufige Ausschlussfristen und andererseits als zweistufige Ausschlussfristen vorkommen. Bei einstufigen Ausschlussfristen muss der Anspruch innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden, sonst verfällt er. Bei zweistufigen Ausschlussfristen muss neben der einfachen Ausschlussfrist auf einer zweiten Stufe auch noch innerhalb einer konkreten weiteren Frist die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs erfolgen. Wird diese Frist nicht gehalten, verfällt der Anspruch ebenso.



Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zum Thema Ausschlussfristen im Arbeitsrecht

3. Was sind gesetzliche Ausschlussfristen?

Unter gesetzlichen Ausschlussfristen sind solche Fristen zu verstehen, die der Gesetzgeber selbst geregelt hat. Solche Ausschlussfristen wirken in der Regel direkt auf das Arbeitsverhältnis ein. Beispielhaft hierfür seien folgende benannt:



4. Wie lang muss eine vertragliche Ausschlussfrist sein?

Eine Ausschlussfrist in einem Arbeitsvertrag darf nicht kürzer als 3 Monate sein. Das gilt sowohl für einstufige Ausschlussfristen, als auch für zweistufige Ausschlussfristen, also für jede dieser beiden Stufen separat. Kürzere Fristen sind nur dann wirksam, wenn es sich um echte individuelle Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber handelt. Das dürfte aber sehr selten sein, da der Arbeitgeber in der Regel einen vorformulierten Arbeitsvertrag verwendet.



5. Wie lang muss eine tarifvertragliche Ausschlussfrist sein?

In Tarifverträgen können Ausschlussfristen kürzer als 3 Monate sein. Hier geht die Rechtsprechung davon aus, dass mit einem Tarifvertrag ein ausgewogenes Regelwerk zwischen den Tarifvertragsparteien geschaffen und den beiderseitigen Interessen genügend Rechnung getragen wurde. Beispielhaft hierfür sei der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe benannt. Dort gilt eine zweistufige Ausschlussfrist mit jeweils nur 2 Monaten.

Hingegen können tarifvertragliche Regelungen auch längere Ausschlussfristen vorsehen. Beispielhaft hierfür sei der TVöD benannt. Dort gilt eine Ausschlussfrist von 6 Monaten. Zudem gilt dort nur eine einstufige Ausschlussfrist.



6. Wann beginnt und endet eine Ausschlussfrist?

Der Beginn einer Ausschlussfrist ist stets an die Fälligkeit eines konkreten Anspruchs geknüpft, das Ende an ihre vereinbarte Länge. Wann ein Anspruch fällig ist, richtet sich nach gesetzlichen, tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Vorschriften.

Beispiel 1: Der Arbeitnehmer verdient monatlich 3.000,00 € brutto. Die Lohnzahlung im Arbeitsverhältnis ist nach dem Arbeitsvertrag jeweils am 15. des Folgemonats fällig. Der Lohn für Januar wäre also am 15. Februar fällig. In der Lohnabrechnung für Januar rechnet der Arbeitgeber nur 2.500,00 € brutto ab. 500,00 € brutto bleiben offen.

Ist im Arbeitsvertrag eine einstufige Ausschlussklausel vereinbart, muss der Arbeitnehmer seine Ansprüche innerhalb von 3 Monaten gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Die Ausschlussfrist beginnt am 16. Februar und endet mit Ablauf des 15. Mai. Versäumt der Arbeitnehmer diese Frist, ist sein Anspruch erloschen. Hält er die Frist ein, kann er seinen Anspruch weiter geltend machen. Insbesondere hat er in diesem Beispiel keine zweite Ausschlussfrist zu beachten, weil nur eine einstufige Ausschlussfrist vereinbart war.

Beispiel 2: Fall wie im Beispiel eben. Aber jetzt hat der Arbeitnehmer seinen Lohnanspruch bereits am 14. April geltend gemacht. Der Arbeitgeber hat am 17. April ablehnend reagiert. Zudem ist hier eine zweistufige Ausschlussfrist mit jeweils 3 Monaten vereinbart. Dort heißt es unter anderem, dass die zweite Ausschlussfrist beginnt, wenn der Arbeitgeber den Anspruch ablehnt.

Die erste Ausschlussfrist hat der Arbeitnehmer gewahrt. Er hat seinen außergerichtlichen Anspruch innerhalb der bis zum 15. Mai ablaufenden Frist geltend gemacht. Damit ist der Arbeitnehmer aber noch nicht auf der sicheren Seite. Weil der Arbeitgeber den Anspruch am 17. April abgelehnt hat, muss der Arbeitnehmer nun noch bis spätestens 17. Juli Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht erheben. Geschieht das nicht, sind seine Lohnansprüche unwiderbringlich verfallen.



7. Welche Ansprüche erlöschen bei eingreifender Ausschlussfrist?

Grundlegend können alle zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestehenden denkbaren Ansprüche erlöschen. Am häufigsten von Ausschlussfristen betroffen sind Lohnansprüche, Überstundenvergütung, Entgeltfortzahlungsansprüche, Urlaubsabgeltungsansprüche (vgl. z.B.: BAG, Urteil vom 27.10.2020, 9 AZR 531/19) oder Ansprüche auf Rückzahlung von Fortbildungskosten.



8. Gibt es hiervon Ausnahmen?

Es gibt einige Ausnahmen. Dann greifen Ausschlussfristen nicht. Die häufigsten sind folgende:

  • Ansprüche aus Vorsatzhaftung,
  • Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub,
  • Verschuldenshaftung bei Körper- und Gesundheitsschäden,
  • Ansprüche auf Mindestlohn (aber Achtung, darüber hinausgehende Lohnbestandteile unterliegen der Ausschlussfrist),
  • Ansprüche aus einer betrieblichen Altersversorgung,
  • Ansprüche auf Herausgabe ordnungsgemäß ausgefüllter Arbeitspapiere oder
  • die Ansprüche wurden vom Arbeitgeber oder dem Arbeitnehmer anerkannt (BAG, Urteil vom 28.07.2010 – 5 AZR 521/09).


9. Was geschieht, ist eine Ausschlussfrist zu kurz bemessen?

Ist die Ausschlussfrist zu kurz gewählt, dann ist sie grundsätzlich insgesamt unwirksam. Eine Umdeutung der zu kurz gewählten Frist in die korrekte längere Frist ist nicht möglich. Das würde den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen.

Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn eine zweistufige Ausschlussfrist teilbar wäre und jede der beiden Stufen der Ausschlussfristen für sich verständlich ist. Die Unwirksamkeit der einen Stufe muss dann nicht zwingend auch die Unwirksamkeit der anderen Stufe bedeuten. Das ist aber stets im Einzelfall zu entscheiden.



Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zur Thematik Ausschlussfristen im Arbeitsrecht

10. Welcher Wortlaut einer Ausschlussklausel ist wirksam?

Ausschlussklauseln verlangen nicht einen etwa im Gesetz vorgegebenen Wortlaut. Sie müssen inhaltlich aber den gesetzlichen und höchstrichterlichen Anforderungen entsprechen. So war es in den letzten Jahren immer wieder nötig, Anpassungen bei Ausschlussklauseln vorzunehmen, um deren Wirksamkeit abzusichern. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Überspitzt gesagt: Eine heute dem Wortlaut nach noch wirksame Ausschlussklausel kann für ab morgen zu schließende Arbeitsverträge schon unwirksam geworden sein.



11. Gibt es typische Fälle für die Unwirksamkeit von Ausschlussfristen?

Aus aktueller Sicht sind hier beispielhaft folgende häufige Fehlerquellen in Ausschlussfristen zu benennen:

  • ausgebliebener Hinweis darauf, dass die Ausschlussfrist nicht für Mindestlohnansprüche gilt
  • in der Klausel festgehaltenes Schriftformerfordernis für nach dem 30.09.2016 geschlossene Arbeitsverträge (ab da gilt nur noch ein Textformerfordernis)
  • vertragliche Ausschlussfristen dürfen eine zeitliche Länge von 3 Monaten nicht unterschreiten
  • Ausschlussfristen dürfen Arbeitnehmer nicht einseitig benachteiligen
  • Ausschlussfristen müssen die bei ihrem Versäumen verbundene Rechtsfolge deutlich benennen


12. Kann ich mich darauf berufen, die Ausschlussfrist nicht zu kennen?.

Gesetzliche Ausschlussfristen gelten - wie jedes andere Gesetz auch - unabhängig davon, ob man die konkrete Regelung kennt oder nicht.

Bei vertraglichen Ausschlussfristen findet sich die vertragliche Regelung direkt im Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer hat diese Regelung also mit seiner Unterschrift akzeptiert. Damit gilt die Ausschlussfrist. Ob der Arbeitnehmer den Vertrag auch komplett gelesen und verinnerlicht hat, spielt dann keine Rolle mehr.

Gefährlich sind für Arbeitnehmer solche Ausschlussfristen, die sich nicht direkt aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Arbeitsvertrag einem allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag unterliegt oder aber auf einen anderweitigen Tarifvertrag verweist. Im Regelfall enthalten Tarifverträge nämlich Ausschlussfristen. Der Arbeitnehmer muss sich daher selbst erkundigen, ob und ggf. welche konkreten Ausschlussfristen gelten. Unterlässt er das, kann er sich nicht auf seine Unwissenheit berufen.



(Stand: 02/2023)