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Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft - Die häufigsten Fragen



Neben der Vollarbeit gibt es Zeiten, in denen der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung in abgeschwächter Form erbringt. Hierzu zählen Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften. Oft besteht hier Unsicherheit zur Abgrenzung und zur Entlohnung. Daher folgender Überblick:




1. Was ist Bereitschaftsdienst?

Von Bereitschaftsdienst spricht man dann, wenn der Arbeitgeber bestimmt, dass sich der Arbeitnehmer innerhalb oder außerhalb der Firma an einer bestimmten Stelle aufzuhalten hat, um im Bedarfsfall seine volle Arbeitstätigkeit unmittelbar aufnehmen zu können. Die Rechtsprechung orientiert sich hierbei an einer Zeitvorgabe für den Beginn der Arbeitsaufnahme von ca. 10 bis 20 Minuten.


2. Gilt Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit?

Zwangsläufig geht mit einem Bereitschaftsdienst auch eine Aufenthaltsbeschränkung des Arbeitnehmers einher. Deshalb sind Bereitschaftsdienste komplett als Arbeitszeit einzuordnen. Aufgrund dessen müssen Bereitschaftsdienste grundsätzlich auch entlohnt werden.


3. In welcher Höhe wird Bereitschaftsdienst entlohnt?

Obgleich Bereitschaftsdienste vergütungspflichtige Arbeitszeit sind, ist hinsichtlich der Höhe der Entlohnung zu differenzieren. Wird der Arbeitnehmer innerhalb der Bereitschaftszeit zur Vollarbeit herangezogen, ist diese Vollarbeitsleistung mit dem üblichen Lohn für Vollarbeit zu vergüten. Wird die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers hingegen nicht in Anspruch genommen, muss nicht zwingend die volle Entlohnung gezahlt werden. Die Höhe der Entlohnung ist abhängig von der Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien. Derlei Vereinbarungen können sich aus dem Arbeitsvertrag oder einem einschlägigen Tarifvertrag ergeben. Haben die Arbeitsvertragsparteien eine geringere Entlohnung für Wartezeiten vereinbart, so gilt dieser Betrag, insofern er der Höhe nach noch angemessen ist. Haben die Arbeitsvertragsparteien hingegen nichts vereinbart, ist trotz der bloßen Wartezeit dennoch die übliche volle Entlohnung geschuldet.

Dr. Thomas Langner, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Chemnitz zur Frage: Lohn für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft?

4. Was ist Rufbereitschaft?

Bei der Rufbereitschaft kann sich ein Arbeitnehmer an einem Ort seiner Wahl aufhalten. Er muss jedoch erreichbar sein und sicherstellen können, dass er seine Vollarbeit im Bedarfsfall innerhalb einer angemessenen Zeitspanne aufnehmen kann. Die Rechtsprechung orientiert sich hierbei an einer Zeitvorgabe für den Beginn der Arbeitsaufnahme ab ca. 30 Minuten. Gerade die freie Bestimmung seines Aufenthaltsorts ist nämlich wesentliches Merkmal der Rufbereitschaft. Wird der Arbeitnehmer hierin eingeschränkt, liegt keine bloße Rufbereitschaft mehr vor. Es ist dann von Bereitschaftsdienst auszugehen, der in oben dargestelltem Umfang zu entlohnen ist.

5. Gilt Rufbereitschaft als Arbeitszeit?

Weil der Arbeitnehmer bei der Rufbereitschaft freier ist, zählt Rufbereitschaft nicht zur Arbeitszeit. Rufbereitschaft ist dann als Freizeit einzuordnen, solange der Arbeitgeber keine Vollarbeit abruft. Ruft der Arbeitgeber hingegen die Vollarbeit ab, zählt im Rahmen der Rufbereitschaft geleistete Vollarbeit dann auch als Arbeitszeit.


6. In welcher Höhe wird Rufbereitschaft vergütet?

Im Rahmen der Rufbereitschaft sind Vollarbeitszeiten wie die übliche Arbeitszeit voll entlohnungspflichtig. Aber auch in Zeiten, zu denen sich der Arbeitnehmer nur abrufbereit halten muss, ist er in seiner Freizeitgestaltung eingeschränkt. Auch diese Zeiten lösen deshalb grundlegend gleichfalls einen Anspruch des Arbeitnehmers auf eine angemessene Entlohnung aus. Das Kriterium der Angemessenheit wäre in jedem Einzelfall zu prüfen, insofern es an einer arbeitsvertraglichen oder tarifvertraglichen Regelung fehlt. Anerkannt ist aber, dass solcherlei Rufbereitschaftszeiten jedenfalls nicht mit dem Mindestlohn vergütet werden müssen. In der Regel liegt die Entlohnung hierfür nur bei einem eher als symbolisch zu bezeichnenden Bruchteil davon.


7. Wie sind Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaft abzugrenzen?

In vielen Fällen ist das nach den oben benannten Kriterien möglich (Aufenthaltsort des Arbeitnehmers und Zeitspanne bis zum Beginn der Arbeitsaufnahme). Ist z.B. zwar Rufbereitschaft vereinbart, verlangt der Arbeitgeber aber eine 10-minütige Reaktionszeit bis zur Arbeitsaufnahme, wird hierdurch die Bestimmung eines freien Aufenthaltsorts für den Arbeitnehmer faktisch ausgeschlossen. Dann liegt keine Rufbereitschaft mehr vor, sondern Bereitschaftsdienst.

Es gibt jedoch Grenzfälle, hinsichtlich derer die Rechtsprechung in jedem Einzelfall entscheiden muss. Schwerpunkt bei der Beurteilung dessen ist in der Regel die Frage danach, ob die Reaktionszeit des Arbeitnehmers zwischen Abfordern seiner Arbeitsleistung und dem erwarteten Einsetzen seiner der Arbeitserbringung angemessen lang bemessen ist (Rufbereitschaft) oder nicht (Bereitschaftsdienst). Das betrifft auf Basis der oben hergeleiteten Kriterien insbesondere die Zeitspanne zwischen 20 und 30 Minuten.


8. Muss ich Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaft akzeptieren?

Die Verpflichtung zur Erbringung von Bereitschaftsdiensten und von Rufbereitschaft besteht nur dann, wenn diese vereinbart sind. Eine solche Vereinbarung kann sich entweder im Arbeitsvertrag finden oder aber in einem einschlägigen Tarifvertrag. Ist das nicht der Fall, besteht keine Verpflichtung zur Erbringung von Bereitschaftsdiensten und zur Rufbereitschaft.


9. Habe ich einen Anspruch auf Bereitschaftsdienste bzw. Rufbereitschaft?

Der Arbeitgeber ist frei in seiner Entscheidung danach, ob er Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaft einführt. Ein Anspruch des Arbeitnehmers hierauf besteht nicht. Der Arbeitgeber ist zugleich frei darin zu entscheiden, welcher der Arbeitnehmer mit Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaft betraut wird. Auch hier besteht kein Anspruch des Arbeitnehmers. Insoweit hat der Arbeitgeber einen weiten Ermessensspielraum.



Stand 11/2024