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Kurzarbeit - Die häufigsten Fragen




Dr. Thomas Langner (Chemnitz), Fachanwalt für Arbeitsrecht zum Thema: Die häufigsten Fragen zur Kurzarbeit

1. Kann ein Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen?

Kurzarbeit muss zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart werden. Insofern weder der Arbeitsvertrag, noch einschlägige tarifvertragliche Vorschriften oder eine Betriebsvereinbarung die Regelung enthalten, dass der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen kann, darf der Arbeitgeber Kurzarbeit nicht einseitig anordnen. Dann bedarf es zur Umsetzung von Kurzarbeit der individuellen Zustimmung des Arbeitnehmers. Allerdings ist zu befürchten, dass der Arbeitgeber kündigt, wenn der Arbeitnehmer der Kurzarbeit nicht zustimmt. Je nach Umfang der Möglichkeit der weiteren Beschäftigung kann es sich hierbei um eine Änderungskündigung zur Herbeiführung der Herabsetzung der Arbeitszeit oder eine Beendigungskündigung aus betriebsbedingten Gründen handeln.


2. Ist eine nur teilweise Kurzarbeit möglich?

Je nach Wegfall der in einzelnen Bereichen verrichteten Arbeitstätigkeiten ist es auch möglich, dass ein Arbeitgeber verschiedene Abteilungen unterschiedlich behandelt und Kurzarbeit in unterschiedlichem Umfang oder teilweise gar nicht anordnet.


3. Wer zahlt während der Kurzarbeit den Lohn, wer das Kurzarbeitergeld?

Je nach dem, in welchem Umfang der Arbeitgeber Kurzarbeitergeld beantragt, springt die Bundesagentur für Arbeit mit Kurzarbeitergeld ein. Im Übrigen ist der Arbeitgeber weiterhin verpflichtet, den Lohn selbst zu zahlen. Abgerechnet wird insgesamt wie üblich über den Lohnschein des Arbeitgebers. Der Lohnschein enthält dann eine Position hinsichtlich der Lohnzahlung und eine weitere Position hinsichtlich des Kurzarbeitergelds. Der Arbeitnehmer erhält sein Geld weiterhin wie gewohnt einheitlich vom Arbeitgeber und nicht teilweise auch von der Bundesagentur für Arbeit. Der Arbeitgeber hat jedoch intern einen Erstattungsanspruch gegen die Bundesagentur für Arbeit.


4. Wieviel Lohn erhält man während der Kurzarbeit?

Im Rahmen des noch bestehenden Beschäftigungsumfangs wird der Lohn anteilig wie bislang üblich abgerechnet. Hinsichtlich der nicht mehr zu erbringenden Arbeitszeit erhält ein Arbeitnehmer ohne unterhaltsberechtigte Kinder 60 % seines entstehenden Nettolohnverlusts. Mit wenigstens einem unterhaltsberechtigten Kind erhöht sich dieser Betrag auf 67 % des Nettolohnverlusts. Mitunter sehen Tarifverträge die Zahlung eines Lohnzuschusses bei Kurzarbeit durch den Arbeitgeber vor. Hierdurch würde der Geldzufluss an den Arbeitnehmer erhöht.

Beispiel: Zur Vereinfachung soll davon ausgegangen werden, dass der Arbeitnehmer vor der Kurzarbeit 2.000,00 € netto erhalten hat. Nun vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien 50 % Kurzarbeit. In dem Fall hat der Arbeitgeber 50 % des üblichen Lohns zu zahlen, nämlich 1.000,00 € netto. Hinsichtlich der weiteren 50 % wird der für den Arbeitnehmer entstehende Nettolohnverlust betrachtet. Dieser wird dann zu 60 % (600,00 € netto) bzw. zu 67 % (670,00 € netto) von der Bundesagentur für Arbeit als Kurzarbeitergeld gezahlt. Auf dem Lohnzettel erscheinen in Summe 1.600,00 € bzw. 1.670,00 € netto. Die Auszahlung erfolgt durch den Arbeitgeber, der seinerseits die Erstattung bei der Bundesagentur beantragt.

5. Kann trotz Kurzarbeit betriebsbedingt gekündigt werden?

Die Einführung der Kurzarbeit beruht auf der Prognose, dass lediglich ein vorübergehender Arbeitsmangel vorherrscht. Im Laufe der Zeit kann sich aber die Prognose als falsch erweisen. Fällt die Arbeit ganz weg, besteht kein Beschäftigungsbedarf mehr. In diesem Fall kann auch während der Kurzarbeit wegen damit dringender betrieblicher Erfordernisse betriebsbedingt unter Einhaltung der einschlägigen Kündigungsfrist gekündigt werden. Auf einem anderen Blatt steht die Frage danach, ob die Kündigung auch wirksam ist. Das muss nach den üblichen Kriterien im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht geprüft werden.


6. Wird das Kurzarbeitergeld weitergezahlt, kündigt der Arbeitgeber?

Wird eine Kündigung ausgesprochen, wird kein Kurzarbeitergeld mehr gezahlt, weil der betreffende Arbeitnehmer dann selbst bei künftiger Verbesserung der Auftragslage gerade nicht mehr eingesetzt werden soll. Sinn und Zweck von Kurzarbeitergeld ist nämlich, dass in Vermeidung einer Kündigung flexibel auf eine Veränderung der Auftragslage und eine damit einhergehende Erweiterung der Arbeitszeit reagiert werden kann. Ab dem Kündigungszeitpunkt muss der Arbeitgeber wieder den vollen kompletten Lohn zahlen. Das kann jedoch dann anders sein, hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer auch für die Zeit nach Wegfall des Kurzarbeitergelds durch die Bundesagentur für Arbeit eine wirksame Vereinbarung zur Beibehaltung der verminderten Zahlung wegen der verminderten Arbeitszeiten getroffen. Dann dürfte der Arbeitgeber weiterhin den geringeren Betrag zahlen.

7. Führt Kurzarbeit zur Minderung des Arbeitslosengelds?

Sollte es trotz der Kurzarbeit zu einer betriebsbedingten Kündigung kommen, entstehen einem Arbeitnehmer hierdurch keine Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld. Zeiten des Kurzarbeitergelds werden zwar als volle Anwartschaftszeiten berücksichtigt. Das Arbeitslosengeld berechnet sich aber nicht nach dem verringerten Kurzarbeitergeld, sondern nach dem Arbeitslohn, der statt des Kurzarbeitergelds erzielt worden wäre. Damit wird vermieden, dass Arbeitnehmer nach dem Bezug von Kurzarbeitergeld finanziellen Nachteile erleiden.


8. Wie sind vorhandene Überstunden und Resturlaub aus dem letzten Kalenderjahr beim Bezug von Kurzarbeitergeld zu bewerten?

Vorhandene Überstunden sind zunächst abzubauen. In gleicher Weise verhält es sich mit Urlaub aus dem vergangenen Kalenderjahr. Der Urlaub des aktuellen Jahres hingegen muss nicht in Anspruch genommen werden, auch nicht anteilig für die bereits absolvierten Arbeitsmonate.


9. Entsteht ein Nachteil, wenn man während der Zeit der Kurzarbeit Urlaub nimmt?

Während des Urlaubs muss der Arbeitgeber auf Basis des durchschnittlich üblichen Lohns der letzten 13 Wochen Urlaubsentgelt zahlen. Waren die letzten 13 Wochen von Kurzarbeit betroffen, führt das aber nicht zur Kürzung des Urlaubsentgelts, da im Bundesurlaubsgesetz Zeiten von Kurzarbeit ausdrücklich als Berechnungsgrundlage ausgenommen worden sind.

10. Wird Urlaub bei Kurzarbeit gekürzt?

Der Urlaubsanspruch entsteht grundsätzlich nur dann, wenn eine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wird. Ausnahmen bestehen dort, wo ein Arbeitnehmer trotz nicht erbrachter Arbeitsleistung seinen Urlaubsanspruch dennoch behält. Das ist beispielsweise der Fall bei Erkrankung oder einem Beschäftigungsverbot während der Schwangerschaft.

Bei der Gewährung von Urlaub orientiert sich die Anzahl der Urlaubstage an der Anzahl der wöchentlich zu erbringenden Arbeitstage. Wer jeden Arbeitstag zur Arbeit verpflichtet ist, erwirbt den kompletten Urlaubsanspruch. Wer hingegen in Teilzeit nur zwei von fünf Tagen in der Woche arbeitet, dessen Urlaubsanspruch wird auf 2/5 angepasst. Für die Tage der fehlenden Arbeitsverpflichtung entsteht also kein Urlaubsanspruch.

Diese Grundsätze werden auch bei Kurzarbeit fortgeschrieben. Im Rahmen der Kurzarbeit vermindert sich die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Erbringung seiner Arbeitsleistung. Dementsprechend ist zu differenzieren:

Führt die Kurzarbeit zum kompletten Wegfall der Arbeitsleistung (sogenannte „Kurzarbeit Null“), entsteht auch kein Urlaubsanspruch. Ist der Arbeitnehmer nämlich einerseits nicht mehr zur Erbringung der Arbeitsleistung verpflichtet, kann auch der Arbeitgeber umgekehrt nicht zur Gewährung von Urlaub verpflichtet sein.

Zwangsläufig muss umgekehrt dann aber eine teilweise bestehende Arbeitsverpflichtung des Arbeitnehmers auch zum Erhalt seines teilweisen Urlaubsanspruchs führen. Arbeitet der Arbeitnehmer zwar in Kurzarbeit, aber nicht „Kurzarbeit Null“, kommt es nur zur Kürzung und nicht zum Wegfall des Urlaubs. Der Urlaub wird proportional zur nicht bestehenden tatsächlichen Arbeitsverpflichtung gekürzt. Muss der Arbeitnehmer wegen Kurzarbeit nur an zwei von fünf Tagen seine Arbeitsleistung erbringen, wird der Urlaub auf 2/5 gekürzt.

Daneben gibt es Fälle, bei denen im Rahmen der Kurzarbeit nur die tägliche Arbeitszeit verringert wird. Die Arbeitsleistung ist aber gleichwohl an allen Arbeitstagen zu erbringen. In diesen Fällen ist der Arbeitnehmer immer noch täglich für den Arbeitgeber tätig. Deshalb ist in diesen Fällen eine Kürzung des Urlaubsanspruchs unzulässig.

Zusammenfassend ist also festzuhalten:

  • Kurzarbeit Null: der Urlaub kann für diesen Zeitraum komplett gekürzt werden
  • Kurzarbeit an bestimmten vollen Arbeitstagen: der Urlaub wird in Abhängigkeit vom Umfang der Kurzarbeit anteilig gekürzt
  • Kurzarbeit allein durch tägliche Arbeitszeitverkürzung: es erfolgt keine Kürzung des Urlaubsanspruchs
Wichtig! Die Möglichkeit der Kürzung muss nicht mit dem Arbeitgeber vereinbart sein. Sie ergibt sich aus dem Gesetz.

11. Haben geringfügig Beschäftigte Anspruch auf Kurzarbeitergeld?

Der Bezug von Kurzarbeitergeld ist an die Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung geknüpft. Da geringfügig Beschäftigte keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung einzahlen, besitzen diese umgekehrt auch keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.


12. Wie lange wird Kurzarbeitergeld gezahlt?

Der Bezug von Kurzarbeitergeld beträgt maximal 12 Monate. Während der Corona-Pandemie Sondervorschriften galten, die aber zwischenzeitlich wieder aufgehoben wurden.


13. Wirkt sich Nebenverdienst auf Kurzarbeitergeld aus?

Beim Nebenverdienst ist zunächst danach zu unterscheiden, ob dieser bereits vor Beginn der Kurzarbeit vorgelegen hat oder nicht. Hatte der Arbeitnehmer vor Beginn der Kurzarbeit den Nebenverdienst bereits erzielt, ergeben sich für das Kurzarbeitergeld keine Besonderheiten. Anders ist das, wenn der Nebenverdienst erstmals beginnend im Zeitraum der Kurzarbeit erzielt wird. Die dort erzielten Einnahmen tragen zur Erhöhung des Zuflusses an den Arbeitnehmer bei. Das führt zur Anrechnung auf das Kurzarbeitergeld. Das Kurzarbeitergeld wird gekürzt.




Stand: 10/2024