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Gesetzliche Erbfolge und gewillkürte Erbfolge


Das eigene Lebensende ist ein unbeliebtes Thema. Es ist nachvollziehbar, dass man sich damit nicht gerne auseinandersetzt. Und doch ist es ratsam, bereits frühzeitig zu regeln, wie das eigene Vermögen im Todesfall aufgeteilt werden soll. Denn nicht selten führt ein Erbfall zu großem Konfliktpotenzial unter den Erben.

Um möglichen Streitigkeiten zwischen den Erben vorzubeugen und den Familienfrieden auch künftig gewahrt zu wissen, ist es deshalb empfehlenswert, sich bereits frühzeitig mit den Grundlagen und den Möglichkeiten des Erbrechts auseinanderzusetzen. Das Erbrecht unterscheidet dabei zwischen der gewillkürten und der gesetzlichen Erbfolge.


Hat der Verstorbene keine Regelungen zum Schicksal seines Vermögens für den Todesfall getroffen, verteilt sich das Erbe nach den gesetzlichen Vorschriften. Dieses sieht neben dem Ehegatten die Verwandten des Erblassers als Erben. Sollten keine gesetzlichen Erben vorhanden sein, so fällt das Vermögen letztlich dem Staat zu.

Rangfolge des gesetzlichen Verwandtenerbrechts

Die gesetzliche Erbfolge ist in Ordnungen und Stämmen organisiert. Das führt einerseits zu einem Ausschluss der Verwandten einer höheren Ordnung, sobald auch nur ein Verwandter einer vorgehenden Ordnung existiert. So erben die Abkömmlinge des Erblassers [1. Ordnung] vor den Eltern des Erblassers und deren Abkömmlingen [2. Ordnung] und diese wiederum vor den Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlingen [3. Ordnung]. Das führt andererseits dazu, dass jedes Kind des Verstorbenen mit seinen Nachkommen einen Stamm bildet. Jedem Stamm steht derselbe Erbteil zu. Sind innerhalb dieser Stämme erbberechtigte Vorfahren bereits verstorben, so treten an deren Stelle wiederum deren Abkömmlinge.

Gesetzliches Ehegattenerbrecht

Daneben sieht die gesetzliche Erbfolge das Erbrecht des überlebenden Ehegatten vor. Die Berechnung des Ehegattenanteiles erfolgt danach, welcher Ordnung die miterbenden Verwandten angehören und welcher Güterstand zwischen den Ehegatten zum Zeitpunkt des Erbfalls bestand. Der Anteil des überlebenden Ehegatten muss hierbei zuerst berechnet werden, um dann die Anteile der übrigen Erben feststellen zu können.

Rechtsanwalt Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zur gesetzlichen und gewillkürten Erbfolge
Beispiel: Der Erblasser hinterlässt seine Frau, seinen Sohn, seine beiden Enkel der vorverstorbenen Tochter und seine Mutter. Nach der gesetzlichen Erbfolge erben neben der Ehefrau die Kinder und Enkel des Erblassers, da diese Abkömmlinge des Erblassers sind. Sie sind Erben erster Ordnung und verdrängen deshalb die Mutter des Erblassers, die nur Erbin 2. Ordnung ist. Die Höhe des Erbteils der Ehefrau richtet sich dann nach dem familienrechtlich vereinbarten Güterstand. In den verbleibenden Restbetrag würden sich eigentlich der Sohn und die Tochter hineinteilen. Da die Tochter aber vorverstorben ist, geht deren Erbteil hälftig auf deren Kinder über.

Die gewillkürte Erbfolge

Wer sein Erbe ganz oder teilweise anders verteilt wissen will als nach der gesetzlichen Erbfolge, muss sich die Möglichkeiten der gewillkürten Erbfolge zu Nutze machen. Dabei kann im Rahmen eines zu erstellenden Testaments, eines Ehegattentestaments oder eines Erbvertrags von der sonst gesetzlich vorgeschriebenen Verteilung der Erbmasse ganz oder teilweise abgewichen werden.

Das Gesetz eröffnet dabei vielerlei Möglichkeiten, um die eigene Rechtsnachfolge je nach Interessenlage gestaltend beeinflussen zu können. Hinzuweisen ist insoweit z.B. auf die Möglichkeit der Anordnung von Vor- und Nacherbfolge, eines Vermächtnisses, einer Auflage, einer konkreten Erbauseinandersetzungsregelung oder der Testamentsvollstreckung.

Von Interesse können überdies Testamente sein, die auf besondere Lebenssituationen zugeschnitten sind, wie ein Testament für Geschiedene bzw. eine Patchworksituation, ein Unternehmertestament, das sog. Behindertentestament oder Testamente zugunsten von Lebensgefährten.

Unter Ausnutzung dieser Gestaltungsmöglichkeiten kann die Erbfolge weitestgehend willkürlich gewählt werden. Ausnahmen ergeben sich möglicherweise allenfalls dort, wo dem freien Testieren Hinderungsgründe entgegenstehen (Testierunfähigkeit, Bindung an eine frühere Verfügung von Todes wegen) oder Ansprüche pflichtteilberechtigter Personen zu berücksichtigen sind.