Pflichtteil statt enterbt
Welche Personen sind pflichtteilsberechtigt?
Nach dem Gesetz sind Ihr Ehepartner und Ihre Kinder pflichtteilsberechtigt. Hinterlassen Sie weder Ehepartner noch Kinder, wären auch Ihre Eltern pflichtteilsberechtigt. Darüber hinaus besteht für weitere Personen kein Pflichtteilsrecht. Leben also auch Ihre Eltern nicht mehr, haben Ihre Geschwister keine Pflichtteilsansprüche, auch wenn sich das Gerücht im Volksmund hartnäckig hält.
Das bedeutet: Schließen Sie Ihren Ehepartner und Ihre Kinder vom Erbe aus, müssen Sie damit zu rechnen, dass diese ihren Pflichtteil geltend machen werden. Damit erhalten sie dann auch entgegen Ihrem eigentlichen Willen doch etwas vom Erbe. Das gleiche gilt für Ihre Eltern, sind weder Ehegatte noch Kinder vorhanden. Alle anderen Personen können Sie ausdrücklich komplett vom Erbe ausschließen. Bei diesen ist nicht zu befürchten, dass sie einen Pflichtteil erhalten.
Was ist ein Pflichtteil? Wie hoch ist der Pflichtteil?
Die Höhe des Pflichtteils ist keine feste Größe. Sie richtet sich danach, was die pflichtteilsberechtigte Person erhalten würde, wäre sie gesetzlicher Erbe geworden. Deshalb ist zunächst die Höhe des gesetzlichen Erbteils der betreffenden Person als Anteil zu ermitteln. Steht der Anteil fest, beträgt der Pflichtteil hiervon genau die Hälfte. Pflichtteilsansprüche sind dann gegen den Erben bzw. die Erbengemeinschaft geltend zu machen. Pflichtteilsansprüche sind dabei nur auf Geld gerichtet. Eine Eintragung im Grundbuch ist nicht zu befürchten.
Beispiel: Der Erblasser hinterlässt zwei Kinder und seine Ehefrau, mit der er im gesetzlichen Güterstand gelebt hat. Da sich beide bereits vor vielen Jahren getrennt haben, ohne ein Scheidungsverfahren einzureichen, bedenkt er die Lebensgefährtin, mit der er bereits seit längerer Zeit zusammenlebt. Die Lebensgefährtin ist testamentarische Alleinerbin geworden. Wäre ein Testament nicht vorhanden, würden die Ehefrau zu 50 % und beide Kinder zu jeweils 25 % gesetzliche Erben werden. Wegen des Testaments sind sie von der Erbfolge ausgeschlossen. Sie besitzen jedoch Pflichtteilsansprüche, die Ehefrau in Höhe von 25 % und die Kinder in Höhe von jeweils 12,5 %.
Kann ich pflichtteilsberechtigte Personen dennoch komplett ausschließen?
a) Pflichteilsverzicht
Einerseits können Sie zu Lebzeiten darauf hinwirken, dass pflichtteilsberechtigte Personen eine notarielle Erklärung zum Pflichtteilsverzicht abgeben. In der Regel kostet Sie das zwar eine der Höhe nach frei auszuhandelnde Abgeltungszahlung. Sie haben aber Planungssicherheit für den künftigen Erbfall. Außerdem kommt es nicht selten vor, dass sich pflichtteilsberechtigte Personen auf diese Weise ganz gern „ihr Erbe auszahlen lassen“, weil sie gerade dringend Geld benötigen.
b) Pflichtteilsentziehung
Sonst kann der Pflichtteil nur in gesetzlich bestimmten seltenen Ausnahmefällen entzogen werden. Pflichtteilsentziehungsgründe liegen z.B. dann vor, wenn die sonst pflichtteilsberechtigte Person dem Erblasser, seinem Ehepartner oder einer ihm ähnlich nahe stehenden Person nach dem Leben getrachtet hat, sich eines Verbrechens oder eines vorsätzlichen Vergehens schuldig gemacht hat oder seine gesetzliche Unterhaltspflicht dem Erblasser gegenüber verletzt hat.
Aber Achtung! Im Testament müssen die Gründe der Entziehung und der Unzumutbarkeit der Pflichtteilszuwendung konkret formuliert sein. Hier setzt der Gesetzgeber strenge Maßstäbe. Deshalb ist hier von einem ohne juristische Hilfe erstellten Testament dringend abzuraten.