e-Mail Telefon

Kein Verlust des Pflichtteils bei bloßem Auskunftsersuchen zum Nachlass (OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.02.2022 – 21 W 182/21)



Der Fall:

Die Eheleute hatten sich in einem gemeinschaftlichen Testament zunächst wechselseitig als Alleinerben bedacht und danach ihre vier gemeinschaftlichen Kinder als Schlusserben eingesetzt. Das Testament enthält zugleich eine Pflichtteilsstrafklausel mit folgendem Wortlaut: „Sollte eines unserer Kinder nach dem Tode des Erstverstorbenen den Pflichtteil fordern, so erhält es beim Tode des Letztverstorbenen ebenfalls nur den Pflichtteil.“ Nach dem Tod des Ehemanns begehrte eine Tochter von der Mutter Auskunft über die Erbmasse. Die zunächst erteilte Auskunft wurde als unzureichend zurückgewiesen und Nachbesserungen angemahnt. Das geschah. Danach beauftragte die Tochter ihren Rechtsanwalt, den Pflichtteils von 2.542,52 € gerichtlich geltend machen. Einige Tage später ließ sie entgegen der ursprünglichen Bitte ihren Anwalt wissen, dass er doch nichts unternehmen solle. Tatsächlich wurde auch nicht geklagt. Nachdem später auch die Mutter verstorben war, sind die anderen drei Geschwister der Ansicht, sie wären miteinander zu je einem Drittel Miterben geworden. Das deshalb, weil ihre Schwester nach Versterben des Vaters den Pflichtteil gefordert habe und sie dann aufgrund der testamentarischen Regelung auch bei Versterben der Mutter nur Anspruch auf den Pflichtteil haben würde. Die Schwester tritt dem entgegen. Sie ist der Auffassung, dass das bloße Auskunftsersuchen und die interne Herleitung eines Pflichtteilsbetrags noch nicht unter die Pflichtteilsstrafklausel fallen. Das wäre erst dann so, hätte sie ihren Pflichtteilsanspruch auch tatsächlich gefordert. Das war aber gerade unterblieben. (OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.02.2022 – 21 W 182/21)



Rechtsanwalt Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zum Thema: Kein Verlust des Pflichtteils bei bloßem Auskunftsersuchen zum Nachlass
Die Entscheidung:

Das Gericht sieht die Pflichtteilsstrafklausel als nicht einschlägig an. Dabei stellt es auf den konkreten Wortlaut der Pflichtteilsstrafklausel im gemeinschaftlichen Testament ab. Die Klausel beinhalte ausdrücklich die Situation, dass ein Pflichtteil nach dem erstversterbenden Elternteil auch gefordert wird. Sinn und Zweck einer Pflichtteilsstrafklausel sei, dem überlebenden Ehegatten den Nachlass unangetastet zu erhalten. Zugleich solle mit Pflichtteilsstrafklauseln verhindert werden, dass sich der überlebende Ehegatte mit pflichtteilsberechtigten Kindern auseinandersetzen muss. Hier habe die Tochter nach dem Versterben des Vaters ihren Pflichtteil aber noch nicht gefordert. Dafür genüge nämlich das bloße Verlangen auf Auskunft nicht, selbst wenn das mit Nachdruck und Beharrlichkeit geschehe. Schließlich konnte auch die interne Anweisung an ihren anwaltlichen Vertreter zur Geltendmachung des konkreten Pflichtteilsbetrags die Pflichtteilsstrafklausel nicht auslösen. Denn bevor es tatsächlich zur Forderung des Pflichtteilsbetrags gegenüber der Mutter gekommen ist, wurde die Mandatierung zurückgenommen. Gegenüber der Mutter selbst wurde der Pflichtteil jedenfalls nicht geltend gemacht. Für die Mutter war die Angelegenheit mit den erteilten Auskünften erledigt. Damit sah das Gericht alle vier Geschwister als die testamentarischen Erben ihrer Mutter an. (OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.02.2022 – 21 W 182/21)












Eingestellt am 23.01.2023 von Dr. Thomas Langner
Trackback

Kommentar hinzufügen:

Ihr Kommentar wird nach Überprüfung veröffentlicht.
Ihre persönlichen Daten werden nicht angezeigt.
Ihr Name:
Ihr Kommentar:
Registrieren: E-Mail Benachrichtigung bei neuen Kommentaren.
Registrierte Nutzer können Benachrichtigungen per Email
anfordern, unseren Newsletter abonnieren und weitere
Informationen erhalten.
Spamschutz: Bitte geben Sie die Zeichen auf dem Bild ein.
Neu laden

Wie viele Zeichen befinden sich im Bild?


Bewertung: 0,0 bei 0 Bewertungen.
Wie hilfreich fanden Sie diese Informationen?
(1=wenig hilfreich, 5=sehr hilfreich)