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Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Wertermittlung eines Hausgrundstücks auch nach dessen Verkauf (BGH, Urteil vom 29.09.2021 – IV ZR 328/20).
Die pflichtteilsberechtigte Tochter des Erblassers war in dessen Testament nicht als Erbin eingesetzt worden. Sie begehrt daher die konkrete Wertermittlung eines durch die Miterbengemeinschaft bereits verkauften Hausgrundstücks. Je nach Höhe des Wertbetrags würden der Tochter dann gegebenenfalls noch weitere Pflichtteilsansprüche zustehen. Die Miterben verweisen darauf, dass das Hausgrundstück zu 65.000,00 € verkauft worden sei und dann auch nur dieser Betrag Grundlage für die Berechnung der Pflichtteilsansprüche sein könne. Ein daneben bestehender Wertermittlungsanspruch bestünde daher nicht. Der Verkaufserlös würde augenscheinlich den Wert des Hausgrundstücks widerspiegeln. Dem tritt die Tochter mit der Argumentation entgegen, dass nicht sicher sei, ob der Verkaufspreis tatsächlich dem eigentlichen Wert des Hausgrundstücks entsprochen habe. Dagegen würde sprechen, dass im Rahmen einer früher erfolglos verlaufenden Teilungsversteigerung das Hausgrundstück mit 245.000,00 € bewertet worden sei. Außerdem habe sie selbst ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches einen Mindestwert von 120.000,00 € ausgewiesen habe und nur die Bewertung einer Bank zwischenzeitlich mit 58.000,00 € einen niedrigeren Wert ergeben habe (BGH, Urteil vom 29.09.2021 – IV ZR 328/20).
Der Bundesgerichtshof gab der Tochter recht. Er verwies darauf, dass ein Pflichtteilsberechtigter einen Anspruch auf Wertermittlung der Nachlassgegenstände habe. Dieser Anspruch diene nicht dazu, verbindlich den Wert von Nachlassgegenständen festzustellen. Vielmehr solle dem Pflichtteilsberechtigten durch eine Wertermittlung zunächst nur die Beurteilung dahingehend ermöglicht werden, ob und in welcher Höhe Pflichtteilsansprüche bestehen. Dieser Wertermittlungsanspruch setze sich auch fort, wenn der Nachlassgegenstand bereits verkauft worden sei. Anderenfalls hätte es die Erbengemeinschaft in der Hand, über einen geringen Verkaufserlös die Höhe von Pflichtteilsansprüchen zu regulieren. Das gelte umso mehr, wenn der Verkaufserlös damit möglicherweise weit unter dem tatsächlichen Verkehrswert liege. Eine Bindung an den erzielten Verkaufspreis komme dann nicht in Betracht, wenn der Pflichtteilsberechtigte vorträgt, dass der Verkaufserlös möglicherweise nicht dem tatsächlichen Verkehrswert entspricht. Aufgrund der vielfach eingeholten und voneinander abweichenden Gutachten sei das vorliegend gegeben. Der BGH gab damit dem Wertermittlungsbegehren der Tochter statt (BGH, Urteil vom 29.09.2021 – IV ZR 328/20).
Eingestellt am 07.03.2022 von Dr. Thomas Langner
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