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Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten trotz Ausschlagung seines Erbteils (BGH, Urteil vom 30.11.2022 – IV ZR 60/22)



Der Fall:

Der Erblasser hat nach dem Vorversterben seiner Ehefrau die fünf gemeinsamen Kinder als Miterben in seinem Testament bedacht. Die Kinder sollten zu gleichen Teilen erben. Zugleich wurde einem der Kinder ein Vorausvermächtnis in Form von Grundstücksübereignungen gemacht und ein anderes Kind wurde zum Testamentsvollstrecker bestellt. Hieraufhin haben die drei weiteren Kinder die Erbschaft jeweils die Ausschlagung erklärt. Sie machen nun ihre jeweiligen Pflichtteilsansprüche geltend und fordern zuvor von den verbliebenen beiden Miterben Auskunft zum Umfang und der Höhe der vorhandenen Erbmasse sowie hinsichtlich aller ihnen als Abkömmlingen vom Erblasser zugewandten ausgleichspflichtigen Zuwendungen. Die verbleibenden Miterben halten das für ungerechtfertigt. Das Gesetz sehe lediglich vor, dass ein Nichterbe Auskunftsansprüche besitze. Die drei Geschwister seien aber zunächst Miterben gewesen. Als solche hätten Sie sich Auskünfte zunächst selbst beschaffen können. Mit ihrem jetzigen Auskunftsantrag seien sie daher bessergestellt als Miterben, die nicht voneinander Auskunft verlangen könnten. Daran könne auch die jeweils erklärte Ausschlagung und die jeweilige Geltendmachung der Pflichtteilsansprüche nichts ändern. (BGH, Urteil vom 30.11.2022 – IV ZR 60/22)



Rechtsanwalt Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zum Thema: Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten trotz Erbausschlagung
Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof gibt den die Auskunft begehrenden drei Geschwistern recht. Dabei verweist das Gericht auf den Gesetzeswortlaut. Dort sei geregelt, dass jedem Nichterben Auskunftsansprüche zustehen. Das Gesetz unterscheide nicht danach, welcher Grund zur Nichterbenstellung geführt habe. Folglich würde der enterbte Pflichtteilsberechtigte ebenso zu behandeln sein wie der erst durch Erbausschlagung zum Pflichtteilsberechtigten gewordene Anspruchsteller. Zugleich wies das Gericht darauf hin, dass es auch nicht darauf ankäme, ob der Pflichtteilsberechtigte zunächst Erbe gewesen sei oder nicht. Insofern stelle nämlich das Gesetz auf den Zeitpunkt der Geltendmachung ab. Gerade im Zeitpunkt der Geltendmachung sei aber die Erbenstellung durch die Ausschlagung schon nicht mehr aktuell gewesen. Folglich seien die drei Geschwister wie jeder andere Pflichtteilsberechtigte zu behandeln. Die begehrten Auskunftsansprüche wurden ihnen deshalb zugesprochen. Das nicht zuletzt auch im Hinblick darauf, dass einem Pflichtteilsberechtigten der eigene Zugang zur Erbmasse fehle, ohne die eine eigene Berechnung gar nicht möglich sei. Pflichtteilsberechtigte seien daher stets auf Auskünfte angewiesen, um ihre Ansprüche zu prüfen und gegebenenfalls gelten zu machen. (BGH, Urteil vom 30.11.2022 – IV ZR 60/22)












Eingestellt am 07.10.2024 von Dr. Thomas Langner
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