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Widerruf eines Testaments durch Streichung des bisherigen Alleinerben (OLG Stuttgart, Urteil vom 25.03.2020 – 8 W 104/19)
Die verwitwete Erblasserin hatte keinerlei Verwandte mehr, mit Ausnahme ihrer Schwester. Sie erstellte zunächst ein Testament, in dem sie einen Verein als Erben eingesetzt hatte. Dieses Testament war formwirksam handschriftlich und eigenhändig unterzeichnet erstellt. Einige Zeit später wurde der Verein auf dem Testament durchgestrichen und stattdessen an diese Stelle handschriftlich ergänzt „wird noch genannt, 01.12.2006“. Nach dem Versterben der Erblasserin hat ein Nachlasspfleger in deren Wohnung das privatschriftliche Testament gefunden. Nun streiten sich die Schwester der Erblasserin und der Verein darum, wer Alleinerbe geworden ist. Der Verein meint, dass mit der Ergänzung und Streichung ein Widerruf des Testaments nicht möglich gewesen sei. Die Schwester hingegen ist der Auffassung, dass die Streichung den Widerruf des Testaments herbeigeführt habe und sie deshalb gesetzliche Erbin geworden sei, weil das Testament keinen Erben benannt hat.
Das Oberlandesgericht macht in seiner Entscheidung (OLG Stuttgart, Urteil vom 25.03.2020 – 8 W 104/19) deutlich, dass die Streichung im Testament dessen Widerruf nach sich gezogen hat. Weil jedoch nicht zugleich ein neuer Erbe eingesetzt wurde, trat gesetzliche Erbfolge ein. Als einzige Verwandte ist daher die Schwester Erbin geworden. In seiner Entscheidung weist das Gericht insbesondere darauf hin, dass zwar auch Streichungen in Testamenten nur dann zu einem Widerruf führen, wenn diese eigenhändig geschrieben und unterschrieben sind. Es genüge aber auch, dass sich die Streichung und der damit anderslautende Wille sinnvoll in den Gesamttext des Testaments einfügen und damit von der früheren Unterschrift weiterhin gedeckt werden. Da ein neuer Erbe nicht eingesetzt wurde und sich die Streichung einzig auf den Widerruf des bisher eingesetzten Erben beschränkt hatte, war hierfür eine separate Unterschrift nicht nötig. Vorliegend trat hinzu, dass sich das Testament bis zum Auffinden durch den gerichtlich bestellten Nachlasspfleger in der Wohnung der Erblasserin befunden hatte. Es lagen also keine Anzeichen dafür vor, dass das Testament verändert worden wäre. Weil damit die gewillkürte Erbfolge nicht mehr wirksam war, kam es zur gesetzlichen Erbfolge der Schwester der Erblasserin (OLG Stuttgart, Urteil vom 25.03.2020 – 8 W 104/19).
Eingestellt am 06.04.2021 von Dr. Thomas Langner
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