Bezug und Aufteilung von Kindergeld beim Wechselmodell
2. Wer erhält das Kindergeld beim Wechselmodell ausgezahlt?
3. Wie wird das Kindergeld beim Wechselmodell intern aufgeteilt?
4. Rechenbeispiel Kindergeld beim Wechselmodell
5. Der Besserverdienende erhält damit mehr Kindergeld – ist das richtig?
1. Wann spricht man vom Wechselmodell?
Ein Wechselmodell liegt dann vor, wenn sich die Eltern nach ihrer Trennung einig sind, dass die Kinder auch weiterhin von Ihnen in etwa gleichem Umfang betreut werden. Die Betreuung der Kinder erfolgt dabei abwechselnd (z.B. im Wochenrhythmus) und für etwa gleich lange Zeiträume. Das paritätische Wechselmodell entspricht daher ungefähr einer 50/50-Betreuungsregelung.
Genauer zur Thematik im Artikel: „Wechselmodell - Die häufigsten Fragen“.
2. Wer erhält das Kindergeld beim Wechselmodell ausgezahlt?
Kindergeld wird nach dem Gesetz an den Elternteil ausgezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat, dem damit auch die höhere Betreuungslast zufällt. Beim paritätischen Wechselmodell liegt ein Betreuungsüberhang aber gerade nicht vor. Doch auch hier müssen Eltern gegenüber der Kindergeldkasse mitteilen, wer von ihnen das Kindergeld erhalten soll. Eine jeweils hälftige Zahlung scheidet nämlich aus.Können sich Eltern nicht einigen, muss notfalls das Familiengericht entscheiden. Mangels näherer Bestimmungen in § 64 EstG ist das Familiengericht in seiner Entscheidung bei der Zuweisung frei. Es hat einzig eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Diese Entscheidung wird sich in der Regel zunächst daran orientieren, wer von beiden Elternteilen die größere Gewähr der zweckgebundenen Verwendung des Kindergelds bietet. Gilt das für beide Elternteile gleichermaßen, greift in der Regel der Kontinuitätsgrundsatz, wonach das Kindergeld beim bisher beziehenden Elternteil verbleibt.
3. Wie wird das Kindergeld beim Wechselmodell intern aufgeteilt?
Ist das Kindergeld an einen Elternteil ausgezahlt, muss weiter die Frage danach geklärt werden, in welcher Weise das Kindergeld zwischen den Eltern aufgeteilt wird. In vielen Fällen finden Eltern gerade beim paritätischen Wechselmodell eine Lösung ohne gerichtliche Hilfe.
Einigen sich Eltern insoweit aber nicht, wird das Kindergeld gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zunächst in zwei Teile aufgesplittet. Die eine Hälfte des Kindergeldes ist für die Betreuungsleistung der Eltern gedacht, die andere Hälfte für den Barunterhaltsbedarf. Mit beiden Teilen des Kindergelds wird dann wie folgt verfahren:
Im paritätischen Wechselmodell erbringen beide Elternteile die Betreuungsleistung typischerweise zu gleichen Teilen. Der auf die Betreuungsleistung der Elternteile gezahlte Anteil des Kindergeldes wird daher intern auch gleich verteilt. Jeder der Elternteile erhält also ein Viertel des Kindergeldes.
Anders als bei der Betreuungsleistung ist der Barbedarf eines Kindes vom Einkommen der Eltern abhängig. Haben beide Eltern ein gleich hohes bereinigtes Nettoeinkommen, wird auch der zweite Teil des Kindergeldes hälftig geteilt. Das ist aber eher selten.
Häufiger ist die Situation, dass die Eltern unterschiedlich hohes bereinigtes Nettoeinkommen besitzen. Dann wird die zweite Hälfte des Kindergeldes entsprechend der Höhe des über dem Selbstbehalt liegenden bereinigten Nettoeinkommens gequotelt.
Das über dem Selbstbehalt liegende bereinigte Nettoeinkommen eines Elternteils wir dabei in gleicher Weise ermittelt, wie das auch beim Kindesunterhalt der Fall ist. Die Höhe der Quoten wird so bestimmt, wie das auch bei Kindesunterhalt im Wechselmodell erfolgt.
4. Rechenbeispiel Kindergeld beim Wechselmodell
Beispiel: Die Eltern haben ein paritätisches Wechselmodell vereinbart. Die Mutter hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.950,00 €, der Vater ein solches von 2.350,00 €. Aktuelles Kindergeld für ein erstes Kind 255,00 € (Stand: 01/2025).
- von den 255,00 € Kindergeld entfallen je 127,50 € auf die Betreuungsleistung der Eltern und den Barbedarf des Kindes
- die anteiligen 127,50 € für die Betreuungsleistung werden zwischen den Eltern aufgeteilt, jeder Elternteil erhält 63,75 €
- die verbleibenden weiteren 127,50 € für den Barbedarf werden gequotelt nach dem Einkommen der Eltern verteilt, hier:
- Einkommen Mutter: 1.950,00 € abzgl. 1.750,00 € Selbstbehalt = 200,00 €
- Einkommen Vater: 2.350,00 € abzgl. 1.750,00 € Selbstbehalt = 600,00 €
- einzusetzendes Einkommen über dem Selbstbehalt: 800,00 € (200,00 € + 600,00 €)
- damit entfallen vom insgesamt einzusetzenden Einkommen 25 % auf die Mutter und 75 % auf den Vater
- so sind auch die zweiten 127,50 € aufzuteilen: 31,87 € Anteil Mutter (25 %) und 95,63 € (75 %) Anteil Vater
- interne Verteilung Kindergeld: Mutter 95,62 € (63,75 € + 31,87 €), Vater 159,38 € (63,75 € + 95,63 €)
5. Der Besserverdienende erhält damit mehr Kindergeld – ist das richtig?
Das stimmt. Allerdings darf das Kindergeld nicht allein betrachtet werden. Es muss eine Gesamtbetrachtung unter Einbezug des im Wechselmodell dennoch zu zahlenden Unterhalts erfolgen. Dann relativiert sich die Sicht.
An sich müssten im Wechselmodell nämlich wechselseitig Barunterhaltszahlungen erbracht werden. Praktischer Weise werden diese Beträge in der Regel miteinander verrechnet. Im Ergebnis dessen zahlt dann nur der Elternteil mit dem höheren Einkommen an den geringer verdienenden Elternteil den rechnerisch übersteigenden Unterhaltsbetrag. So leistet ein Elternteil trotz Wechselmodell dennoch Unterhalt an den anderen Elternteil. Wer damit intern mehr Barunterhalt leistet, dem muss nach der Rechtsprechung dann aber auch der höhere Verteilungsbetrag des auf den Barunterhalt entfallenden Anteils des Kindergelds zugutekommen.
Verständlicher wird diese Sicht, vergleicht man die Situation mit der beim Residenzmodell. Wie oben gilt auch hier, dass ½ des Kindergeldes auf die Betreuungsleistung entfällt und ½ des Kindergeldes auf die Barunterhaltsleistung. Wohnt ein Kind bei einem Elternteil, betreut dieser Elternteil das Kind überwiegend und erhält dafür das Kindergeld für die Betreuungsleistung zu ½. Der andere Elternteil hat ein Umgangsrecht und betreut das Kind damit nicht überwiegend allein. Dieser Elternteil erbringt seinen Unterhalt für das Kind ausschließlich durch Zahlung des Kindesunterhalts. Diesem Elternteil wird vom sich nach der Düsseldorfer Tabelle ergebenden Unterhaltsbetrag deshalb die andere Hälfte des Kindergeldes komplett gutgeschrieben. Haftet nun im Wechselmodell einer der Elternteile neben der Betreuung wegen zu geringen Einkommens gar nicht zusätzlich für Barunterhalt, würde auch hier nur der zahlende Elternteil den hälftigen Kindergeldanteil gutgeschrieben bekommen.