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Bezug und Aufteilung von Kindergeld beim Wechselmodell




1. Wann spricht man vom Wechselmodell?

Ein Wechselmodell liegt dann vor, wenn sich die Eltern nach ihrer Trennung einig sind, dass die Kinder auch weiterhin von Ihnen in etwa gleichem Umfang betreut werden. Die Betreuung der Kinder erfolgt dabei abwechselnd (z.B. im Wochenrhythmus) und für etwa gleich lange Zeiträume. Das paritätische Wechselmodell entspricht daher ungefähr einer 50/50-Betreuungsregelung.

Genauer zur Thematik im Artikel: „Wechselmodell - Die häufigsten Fragen“.



2. Wer erhält das Kindergeld beim Wechselmodell ausgezahlt?

Kindergeld wird nach dem Gesetz an den Elternteil ausgezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat, dem damit auch die höhere Betreuungslast zufällt. Beim paritätischen Wechselmodell liegt ein Betreuungsüberhang aber gerade nicht vor. Doch auch hier müssen Eltern gegenüber der Kindergeldkasse mitteilen, wer von ihnen das Kindergeld erhalten soll. Eine jeweils hälftige Zahlung scheidet nämlich aus.

Können sich Eltern nicht einigen, muss notfalls das Familiengericht entscheiden. Mangels näherer Bestimmungen in § 64 EstG ist das Familiengericht in seiner Entscheidung bei der Zuweisung frei. Es hat einzig eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Diese Entscheidung wird sich in der Regel zunächst daran orientieren, wer von beiden Elternteilen die größere Gewähr der zweckgebundenen Verwendung des Kindergelds bietet. Gilt das für beide Elternteile gleichermaßen, greift in der Regel der Kontinuitätsgrundsatz, wonach das Kindergeld beim bisher beziehenden Elternteil verbleibt.



Dr. Thomas Langner (Chemnitz), Fachanwalt für Familienrecht, zu: Kindergeld und Wechselmodell

3. Wie wird das Kindergeld beim Wechselmodell intern aufgeteilt?

Ist das Kindergeld an einen Elternteil ausgezahlt, muss weiter die Frage danach geklärt werden, in welcher Weise das Kindergeld zwischen den Eltern aufgeteilt wird. In vielen Fällen finden Eltern gerade beim paritätischen Wechselmodell eine Lösung ohne gerichtliche Hilfe.

Einigen sich Eltern insoweit aber nicht, wird das Kindergeld gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zunächst in zwei Teile aufgesplittet. Die eine Hälfte des Kindergeldes ist für die Betreuungsleistung der Eltern gedacht, die andere Hälfte für den Barunterhaltsbedarf. Mit beiden Teilen des Kindergelds wird dann wie folgt verfahren:

Im paritätischen Wechselmodell erbringen beide Elternteile die Betreuungsleistung typischerweise zu gleichen Teilen. Der auf die Betreuungsleistung der Elternteile gezahlte Anteil des Kindergeldes wird daher intern auch gleich verteilt. Jeder der Elternteile erhält also ein Viertel des Kindergeldes.

Anders als bei der Betreuungsleistung ist der Barbedarf eines Kindes vom Einkommen der Eltern abhängig. Haben beide Eltern ein gleich hohes bereinigtes Nettoeinkommen, wird auch der zweite Teil des Kindergeldes hälftig geteilt. Das ist aber eher selten.

Häufiger ist die Situation, dass die Eltern unterschiedlich hohes bereinigtes Nettoeinkommen besitzen. Dann wird die zweite Hälfte des Kindergeldes entsprechend der Höhe des über dem Selbstbehalt liegenden bereinigten Nettoeinkommens gequotelt.

Das über dem Selbstbehalt liegende bereinigte Nettoeinkommen eines Elternteils wir dabei in gleicher Weise ermittelt, wie das auch beim Kindesunterhalt der Fall ist. Die Höhe der Quoten wird so bestimmt, wie das auch bei Kindesunterhalt im Wechselmodell erfolgt.



4. Rechenbeispiel Kindergeld beim Wechselmodell

Beispiel: Die Eltern haben ein paritätisches Wechselmodell vereinbart. Die Mutter hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.970,00 €, der Vater ein solches von 2.770,00 €. Das Kindergeld für ein erstes Kind beträgt aktuell 250,00 € (Stand: 01/2023).

Von den 250,00 € Kindergeld entfallen 125,00 € auf die Betreuungsleistung der Eltern und 125,00 € auf die trotz Wechselmodell grundsätzlich zu leistenden wechselseitigen Unterhaltszahlungen (Barbedarf des Kindes).

Die auf die Betreuungsleistung der Eltern entfallenden 125,00 € werden zwischen den Eltern gleich hoch aufgeteilt, weil jeder Elternteil das Kind im Wechselmodell in gleichem Umfang betreut. Damit erhält jeder Elternteil zunächst 62,50 € vom Kindergeld.

Die verbleibenden 125,00 € für den Barbedarf werden gequotelt nach dem Einkommen der Eltern verteilt, hier:

  • Einkommen Mutter: 1.970,00 € abzgl. 1.370,00 € Selbstbehalt = 600,00 €;
  • Einkommen Vater: 2.770,00 € abzgl. 1.370,00 € Selbstbehalt = 1.400,00 €
Auf diese Weise ergibt sich ein einzusetzendes Einkommen der Eltern über deren Selbstbehalt mit 2.000,00 € (600,00 € + 1.400,00 €). Die Quotelung der verbleibenden 125,00 € Kindergeld wird auf Basis dessen wie folgt vorgenommen:
  • vom insgesamt einzusetzenden Einkommen (2.000,00 €) entfallen 30 % (600,00 €) auf die Mutter und 70 % (1.400,00 €) auf den Vater
  • in dieser Weise sind auch die verbleibenden 125,00 € aufzuteilen: 37,50 € beträgt der Anteil der Mutter (30 % von 125,00 €) und 87,50 € beträgt der Anteil des Vaters (70 % von 125,00 €)
Damit ergibt sich folgendes Gesamtergebnis der internen Verteilung des Kindergelds:
  • Mutter 100,00 € (62,50 € + 37,50 €)
  • Vater 150,00 € (62,50 € + 87,50 €)


5. Der Besserverdienende erhält damit mehr Kindergeld – ist das richtig?

Das stimmt. Allerdings darf das Kindergeld nicht allein betrachtet werden. Es muss eine Gesamtbetrachtung unter Einbezug des im Wechselmodell dennoch zu zahlenden Unterhalts erfolgen. Dann relativiert sich die Sicht.

An sich müssten im Wechselmodell nämlich wechselseitig Barunterhaltszahlungen erbracht werden. Praktischer Weise werden diese Beträge in der Regel miteinander verrechnet. Im Ergebnis dessen zahlt dann nur der Elternteil mit dem höheren Einkommen an den geringer verdienenden Elternteil den rechnerisch übersteigenden Unterhaltsbetrag. So leistet ein Elternteil trotz Wechselmodell dennoch Unterhalt an den anderen Elternteil. Wer damit intern mehr Barunterhalt leistet, dem muss nach der Rechtsprechung dann aber auch in höherem Maße der auf den Barunterhalt entfallende Anteil des Kindergelds zugutekommen.

Verständlicher wird diese Sicht, vergleicht man die Situation mit der beim Residenzmodell. Wie oben gilt auch hier, dass ½ des Kindergeldes auf die Betreuungsleistung entfällt und ½ des Kindergeldes auf die Barunterhaltsleistung. Wohnt ein Kind bei einem Elternteil, betreut dieser Elternteil das Kind überwiegend und erhält dafür das Kindergeld für die Betreuungsleistung zu ½. Der andere Elternteil hat ein Umgangsrecht und betreut das Kind damit nicht überwiegend allein. Dieser Elternteil erbringt seinen Unterhalt für das Kind ausschließlich durch Zahlung des Kindesunterhalts. Diesem Elternteil wird vom sich nach der Düsseldorfer Tabelle ergebenden Unterhaltsbetrag deshalb die andere Hälfte des Kindergeldes komplett gutgeschrieben.



(Stand: 04/2023)