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Trennungsjahr – Die häufigsten Fragen




1. Was bedeutet Trennungsjahr?

Die Beantragung der Scheidung ist grundsätzlich nur möglich, wenn die Eheleute zuvor ein Jahr getrennt voneinander gelebt haben. Das Trennungsjahr beginnt mit dem Tag der tatsächlichen Trennung der Eheleute. Ab diesem Zeitpunkt darf keine häusliche oder wirtschaftliche Lebensgemeinschaft mehr bestehen, im Volksmund gern kurz und knapp als „getrennt von Tisch und Bett“ bezeichnet.



2. Was versteht man unter Getrenntleben?

Was unter Getrenntleben zu verstehen ist, bereitet nicht selten Schwierigkeiten. Nach der gesetzlichen Definition leben Ehegatten getrennt, wenn zwischen Ihnen keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und wenigstens einer der Ehegatten diese auch erkennbar nicht mehr herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt.

Das bedeutet, dass einmal ein gemeinsam geführter ehelicher Haushalt nicht mehr bestehen darf und zudem wenigstens einer der Partner in erkennbarer Weise nicht mehr an einer Fortführung des gemeinschaftlichen Zusammenlebens interessiert ist. Beide Voraussetzungen müssen zusammenfallen. Das bloße Vorliegen nur einer dieser Voraussetzungen ist nicht ausreichend, um ein Getrenntleben anzunehmen. Es ist daher nicht von einem Getrenntleben auszugehen, wenn z. B. einer der Ehepartner längere Zeit auf Montage ist oder einer der Ehepartner zwar eine neue Partnerschaft begonnen hat, jedoch weiterhin in häuslicher Gemeinschaft mit dem anderen Ehepartner lebt.



3. Welchen Sinn hat das Trennungsjahr?

Das gesetzlich festgeschriebene Trennungsjahr soll übereilten Entscheidungen der Eheleute vorbeugen. Im Trennungsjahr sollen sie sich darüber im Klaren werden, ob ihre Ehe tatsächlich gescheitert ist oder ob deren Fortsetzung möglich scheint. Dabei sollen sich die Eheleute insbesondere mit den zu erwartenden Konsequenzen einer Trennung und ggf. künftigen Scheidung auseinandersetzen, nämlich zu dann zu klärenden Themenbereichen wie z.B. Kindesunterhalt, Umgang, Sorgerecht, Zugewinnausgleich, Trennungsunterhalt, …).



Fachanwalt für Familienrecht Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zum Thema: Trennungsjahr

4. Muss das Trennungsjahr auch bei Härtefällen eingehalten werden?

Das Trennungsjahr ist nur dann nicht einzuhalten ist, wenn das Verhalten eines Ehepartners für den anderen eine solche Belastung darstellt, dass ihm ein Festhaltenmüssen an der Ehe nicht länger zumutbar ist. In solchen Fällen kann der unzumutbar belastete Ehepartner den Scheidungsantrag ohne Einhaltung des Trennungsjahrs einreichen. Die Möglichkeit der früheren Einreichung gilt hingegen nicht für den Ehepartner, der die unzumutbare Belastung des anderen Ehegatten auslöst. Sonst könnte die
Anwendbarkeit der Härteklausel durch diesen provoziert werden.

Härtefallscheidungen kommen aber nur in absoluten Ausnahmefällen in Betracht. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn Misshandlungen vorliegen, Drogenmissbrauch gegeben ist oder Morddrohungen gegenüber dem anderen Ehegatten ausgesprochen werden. Oftmals wird aber ein solcher Ausnahmefall gerade wegen der vollzogenen Trennung schon nicht mehr gegeben sein. Deshalb sind beispielsweise der verschwenderische Umgang mit Geld, häufige Streitigkeiten oder die Verletzung der ehelichen Treue kein Härtefallgründe.



5. Kann man den Beginn des Trennungsjahres nicht rückdatieren?

Im Scheidungstermin fragt das Gericht beide Eheleute nach dem Trennungszeitpunkt. Würden sich beide einig sein und das Trennungsdatum rückdatieren, kämen sie in den meisten Fällen durch. Denn weder das Gericht hat einen Anlass am Wahrheitsgehalt zu zweifeln, noch der den Scheidungsantrag einreichende Rechtsanwalt.

Dennoch ist dringend von einer Rückdatierung des Trennungsdatums abzuraten. Einerseits könnte es sein, dass sich das ursprüngliche Einvernehmen zwischen den Ehegatten verflüchtigt und einer der Ehegatten im Scheidungstermin das tatsächliche Datum eröffnet. Das würde dann nicht nur ein Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht darstellen und kann strafrechtlich verfolgt werden. Vielmehr ist rein prozessual zu befürchten, dass der Scheidungsantrag wegen des nicht abgelaufenen Trennungsjahrs kostenpflichtig abgewiesen wird. Das Verfahren müsste künftig nach tatsächlichem Ablauf des Trennungsjahres neu eingeleitet werden und würde neue Kosten mit sich bringen.

Daneben können durch die Umgehung des Trennungsjahres auch weitere erhebliche Nachteile für die Ehepartner entstehen. So wird durch die frühere Rechtskraft der Scheidung ein etwaiger Trennungsunterhaltsanspruch zeitlich verkürzt. Durch den zeitlich früher gestellten Scheidungsantrag werden im Rahmen des Versorgungsausgleichs geringere Rentenanwartschaften ausgeglichen. Beim Trennungsunterhalt und Versorgungsausgleich tritt daher eine Benachteiligung des geringer verdienenden Ehepartners ein. Weiterhin tritt auch der Verlust des gesetzlichen Ehegattenerbrechts zu einem früheren Zeitpunkt ein als bei Einhaltung des Trennungsjahres. Schließlich können steuerliche Nachteile entstehen.



6. Kann man das Trennungsjahr verlängern?

Das Trennungsjahr ist zwar Voraussetzung für die Einreichung eines Scheidungsantrags. Es besteht natürlich keine Pflicht, nach Ablauf des Trennungsjahres einen Scheidungsantrag stellen zu müssen. Die Eheleute können also über Jahre getrennt sein und damit faktisch ihr Trennungsjahr verlängern.



7. Muss ich trotz neuem Partner das Trennungsjahr einhalten?

Das Gesetz ist hier eindeutig. Liegt kein Härtefall vor, müssen die Ehegatten das Trennungsjahr einhalten. Es ist völlig unerheblich, ob bereits vor Ablauf des Trennungsjahres die eheliche Lebensgemeinschaft Ehe wegen eines neuen Partners definitiv nicht mehr aufgenommen wird. Es wäre selbst unerheblich, wenn die Ehepartner nach einer Woche Ehe feststellen, dass sie die Ehe nicht fortsetzen wollen.



8. Nach Ablauf des Trennungsjahres wird dann sofort geschieden?

Bevor das Familiengericht eine Scheidung ausspricht, muss es sich davon überzeugen, dass die Ehe gescheitert ist. Das ist dann der Fall, wenn die Lebensgemeinschaft zwischen den Ehepartnern nicht mehr besteht und deren Wiederherstellung für die Zukunft auch nicht zu erwarten ist.

Wollen nach Ablauf des Trennungsjahres beide Ehepartner die Scheidung, geht das Gesetz davon aus, dass die Ehe gescheitert ist. Dann kann zeitnah geschieden werden, wenn sich die Eheleute auch über alle Scheidungsfolgesachen (nachehelicher Unterhalt, Zugewinnausgleich, …) einig sind oder es keiner Regelungen hierzu bedarf. Sind hingegen im Scheidungsverfahren Anträge auf Regelung von Scheidungsfolgesachen gestellt, darf das Gericht nicht eher scheiden, als dass über alle Scheidungsfolgesachen ebenso mit entschieden werden kann.

Will hingegen ein Ehepartner nach Ablauf des Trennungsjahres die Scheidung nicht, ist nach dem Gesetz erst nach Ablauf von drei Jahren anzunehmen, dass die Ehe gescheitert ist. Zwischen einem Jahr und drei Jahren Trennungszeit ist es aber für den scheidungswilligen Ehegatten möglich darzulegen und zu beweisen, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Ehe als gescheitert anzusehen ist. Hiervon ist dann auszugehen, wenn einer der Ehepartner bereits eine neue Lebenspartnerschaft eingegangen ist. Hiervon wäre auch auszugehen, wenn die Ehefrau schwanger ist, das Kind aber nicht vom Ehemann stammt. Auch hier kann sich die Dauer des Verfahrens noch weiter strecken, wenn noch über Scheidungsfolgesachen zu entscheiden ist.

Nach alle dem wird deutlich, dass bei vollumfänglichem Einvernehmen tatsächlich relativ rasch geschieden werden kann. Eine gewisse Verfahrensdauer ist natürlich einzukalkulieren. Besteht hingegen kein Einvernehmen, kann sich der Scheidungsausspruch nicht unerheblich verzögern.



9. Beginnt das Trennungsjahr nach gescheitertem Versöhnungsversuch neu?

Von einem Versöhnungsversuch spricht man dann, stellen die Eheleute ihre häusliche Gemeinschaft wieder her und werden Sie wieder als Paar wahrgenommen. Ob Versöhnungsversuche das Trennungsjahr nach erneutem Scheitern wieder neu beginnen lassen, ist vom Erfolg und der Länge des Versöhnungsversuchs abhängig. Es gilt dabei zwei Konstellationen zu unterscheiden:

  • Ein kurzer Versöhnungsversuch (maximal ca. drei Monate) unterbricht das Trennungsjahr nicht. Scheitert die Versöhnung, läuft das Trennungsjahr weiter. Die Zeit des Versöhnungsversuchs wird auch nicht herausgerechnet.
  • Dauert der Versöhnungsversuch länger (ca. ab drei Monaten), wird hierdurch das Trennungsjahr unterbrochen. Scheitert die Beziehung erneut, beginnt dann das Trennungsjahr von vorn.
Die 3-Monatsfrist ist dabei nur als Faustregel zu verstehen. Je nach Einzelfall kann hiervon auch in die ein oder andere Richtung abgewichen werden.


10. Ist ein Versöhnungsversuch noch im Scheidungsverfahren möglich?

Ein Versöhnungsversuch ist selbstverständlich auch noch im Scheidungsverfahren möglich. Schließlich gibt es keine Verpflichtung sich scheiden lassen zu müssen, wenn der Antrag einmal eingereicht ist. Sehen die Ehepartner eine Chance ihre Ehe zu retten, hat dieses Bestreben stets Vorrang.



11. Ab welchem Zeitpunkt beginnt das Trennungsjahr?

Das Trennungsjahr beginnt ab dem Zeitpunkt, zu dem einer der Ehepartner dem anderen deutlich zu verstehen gibt, dass er sich von ihm trennt und dieses Vorhaben auch unmittelbar umgesetzt wird. Eindeutiges Indiz für die Trennung ist im Regelfall der Auszug aus der gemeinsamen Ehewohnung.

Entgegen landläufiger Meinung ist es zwar nicht nötig, dass beide eine Erklärung unterzeichnen müssen, in der der Trennungstermin festgehalten ist. Letztlich kann aber eine solche gemeinsame Erklärung später von Nutzen sein. Würde nämlich der scheidungsunwillige Ehepartner im Scheidungstermin behaupten, dass Trennungsjahr ist noch nicht abgelaufen, würde das das Scheidungsverfahren deutlich verzögern können. Statt einer Erklärung beider Ehepartner kann auch ein anwaltliches Schreiben als künftiges Beweismittel für den Beginn des Trennungsjahres dienen.



Fachanwalt für Familienrecht Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zum Thema: Trennungsjahr

12. Ist das Trennungsjahr in der gemeinsamen Wohnung möglich?

Grundlegend kann die Trennung auch in der gemeinsamen Wohnung stattfinden. Allerdings ist gerade dort sehr genau auf die häusliche und wirtschaftliche Trennung der Lebensbereiche zu achten. Die Eheleute müssen faktisch in ihrer Wohnung wie Fremde leben. Insbesondere müssen die Räumlichkeiten konkret aufgeteilt werden. Jeder hat seine eigenen Räumlichkeiten, die der Andere nicht nutzt. Jede Gemeinsamkeit ist zu vermeiden, also insbesondere gemeinsame Mahlzeiten oder Fernsehabende. Daneben muss jeder der Ehepartner selbst für seine Versorgung und seine Wäsche sorgen. Es herrscht eine völlig voneinander getrennte Haushaltsführung. Auch die Finanzen sind voneinander getrennt. Kurz: Jeder muss seinen Alltag losgelöst vom anderen Ehepartner bewältigen.

Grundlegend ist allerdings nicht dazu zu raten, dass Trennungsjahr in der gemeinsamen Wohnung zu absolvieren. Einerseits prüft der künftige Scheidungsrichter in solchen Fällen sehr genau, ob tatsächlich völlig losgelöste Lebensbereiche existiert haben und keinerlei Gemeinsamkeiten mehr vorhanden waren. Bestehen daran Zweifel, kann das Gericht den Ablauf des Trennungsjahres als nicht eingetreten ansehen und den Scheidungsantrag abweisen.

Gefährlich ist aber auch die Situation, dass sich plötzlich die Gesinnung des anderen Ehepartners ändert und er im Scheidungstermin unvermittelt bestreitet, innerhalb der Ehewohnung getrennt gelebt zu haben. Nach einer solchen Behauptung hat der andere Ehepartner erhebliche Beweisprobleme, da typischerweise innerhalb der Wohnung keine Zeugen vorhanden sein dürften, die ein striktes Getrenntleben bestätigen könnten. Zweifelt das Gericht am Ablauf des Trennungsjahres, würde auch hier der Scheidungsantrag kostenpflichtig abgewiesen.



13. Was sollte innerhalb des Trennungsjahrs geklärt werden?

Typischer Weise sind im Rahmen des Auszugs eines Ehepartners Fragen zur Teilung von Haushaltsgegenständen und der Zuweisung der Ehewohnung zu klären. Ziehen beide Ehepartner aus, muss die bisherige Wohnung gekündigt werden. Sind Kinder vorhanden, stellt sich die Frage nach Kindesunterhalt, nach der künftigen Ausübung des Sorgerechts und nach dem Umgangsrecht für den Elternteil, in dessen Haushalt die Kinder künftig nicht wohnen. Daneben sind innerhalb der Ehezeit erteilte Vollmachten zu widerrufen, Konten zu trennen oder Versicherungen an die neue Situation anzupassen - nur um die wichtigsten Aspekte zu benennen.

Gleichzeitig sollten jedoch im Trennungsjahr bereits Regelungen zu den Scheidungsfolgen versucht werden zu klären. Dabei ist an mögliche Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt oder die Klärung etwaiger Zugewinnausgleichsansprüche zu denken. Außerdem kann es mitunter sein, ganz oder teilweise auf den Versorgungsausgleich zu verzichten. Zudem sollten Überlegungen zum Schicksal einer in Miteigentum der Ehepartner stehenden Immobilie angestellt werden. Je mehr hier miteinander einvernehmlich geklärt werden kann, desto weniger Streit ist in der künftigen Auseinandersetzung zu erwarten. Das spart nicht zuletzt auch Kosten.



14. Wirkt sich das Trennungsjahr auf die steuerliche Veranlagung aus?

In den allermeisten Fällen werden Ehegatten gemeinsam veranlagt. Für sie gilt dann das Ehegattensplitting. Dabei können Eheleute mit unterschiedlich hohem Einkommen einen deutlichen finanziellen Vorteil erzielen. Mit dem Ablauf des Kalenderjahres der Trennung geht dieser Vorteil verloren. Zwar können die Eheleute im Kalenderjahr der Trennung immer noch gemeinsam veranlagt werden. Im folgenden Kalenderjahr ist das allerdings nicht mehr möglich. Gilt im Familienrecht ein Zeitjahr, geht die Finanzverwaltung strikt von Kalenderjahren aus.

Beispiel 1:

Trennen sich die Eheleute am 30.12. eines Jahres können sie für das alte Jahr noch die gemeinsame Veranlagung wählen. Im neuen Jahr müssen sie sich getrennt veranlagen.

Beispiel 2:

Trennen sich die Eheleute am 02.01. eines Jahres, können sie für das gesamte gerade erst begonnene Jahr noch die gemeinsame Veranlagung wählen. Erst im Folgejahr müssen sie sich getrennt veranlagen.


An den Beispielen wird deutlich, dass es durchaus entscheidend sein kann, ob man sich noch am letzten Tag des alten Jahres trennt oder aber erst am ersten Tag des neuen Jahres.

Einhergehend mit dem Wegfall der Möglichkeit der gemeinsamen Veranlagung für Ehepartner fällt auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Steuerklasse 3 weg. Ab dem auf den Trennungszeitpunkt folgenden Kalenderjahr sind die Ehepartner in Steuerklasse 1 (getrennt/geschieden) bzw. Steuerklasse 2 (alleinerziehend) einzugruppieren. Der in der Ehe noch von der Steuerklasse 3 profitierende Ehepartner hat dann mit deutlich höheren Steuern zu rechnen. Der Ehepartner mit bisheriger Steuerklasse 5 hingegen wird ein höheres Nettoeinkommen erzielen. Dieser Effekt ist zwingend im Rahmen von Trennungsunterhaltsberechnungen bereits zu berücksichtigen. Zu Beginn des Trennungsjahrs wird daher der Unterhaltsanspruch rechnerisch ein anderer sein als nach dem anstehenden Jahreswechsel.



(Stand: 04/2022)