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Beim Kindesunterhalt für minderjährige Kinder trifft den Unterhaltsschuldner eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit (OLG Hamm, Beschluss vom 21.07.2022 – 2 UF 88/21)



Der Fall:

Die Kindeseltern sind geschiedene Eheleute. Für die beiden bei der Kindesmutter wohnenden Töchter macht diese gegenüber dem Kindesvater Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts geltend. Zwar besitze der Kindesvater keine ausreichend hohen Einkünfte aus Erwerbtätigkeit. Ihn treffe aber eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Deshalb könne ihm zugemutet werden, nach Arbeit zu suchen. Gerade deshalb müsse bei ihm davon ausgegangen werden, dass er jedenfalls den Mindestlohn erzielen könne und deshalb auch den Mindestunterhalt für die Kinder abdecken könne. Der Kindesvater wendet ein, dass er aufgrund einer jahrelangen Erkrankung nicht mehr erwerbsfähig sei und deshalb kein höheres Einkommen als bislang erzielen könne. Weil das aktuelle Einkommen zu niedrig sei, wäre er nicht einmal in der Lage den Mindestunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle als Kindesunterhalt zu zahlen. (OLG Hamm, Beschluss vom 21.07.2022 – 2 UF 88/21)



Fachanwalt für Familienrecht Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zum Thema: Gesteigerte Erwerbsobliegenheit beim Kindesunterhalt
Die Entscheidung:

Das OLG Hamm arbeitete zunächst Grundsätze heraus, auf Basis derer ein nicht mit ausreichendem Einkommen versehener Unterhaltsschuldner dennoch den Mindestunterhalt als Kindesunterhalt zu zahlen hat. Danach sei Leistungsunfähigkeit nicht bereits dann gegeben, wenn der zum Kindesunterhalt Verpflichtete keine ausreichend tatsächlichen Einkünfte besitze. Vielmehr treffe ihn eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Er müsse also versuchen, seine Arbeitskraft in bester Weise einzusetzen. Geschehe das nicht, müsse dem Unterhaltsschuldner ein fiktives Einkommen zugerechnet werden - also ein Einkommen, was bei entsprechenden Erwerbsbemühungen potentiell erzielt werden könnte. Vorliegend konnte sich das Gericht nicht davon überzeugen, dass der Kindesvater im Rahmen seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit überhaupt Erwerbsbemühungen unternommen hatte, obgleich für ihn auf dem Arbeitsmarkt eine realistische Beschäftigungschance bestanden hätte. Weil gerade beim Kindesunterhalt für minderjährige Kinder eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit besteht, wurde dem Kindesvater rechnerisch ein mögliches Einkommen auf Basis des Mindestlohns unterstellt. Der so erzielbare Lohn wurde dann für die Bestimmung der Höhe des Kindesunterhalts auf Basis der Düsseldorfer Tabelle zu Grunde gelegt. Das Gericht hat aber zugleich darauf hingewiesen, dass das erzielbare Einkommen des Kindesvaters nicht zwingend lediglich auf Basis des Mindestlohns zu bestimmen sei. Vielmehr könne bei entsprechend einschlägigen tariflichen Regelungen auch ein über dem Mindestlohn für ungelernte Arbeitnehmer liegender höherer Lohnansatz gerechtfertigt sein. Auf Basis all dessen wurde der Kindesvater zur Zahlung von Kindesunterhalt auf Basis des Mindestunterhalts verurteilt. (OLG Hamm, Beschluss vom 21.07.2022 – 2 UF 88/21)












Eingestellt am 19.12.2022 von Dr. Thomas Langner
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