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Keine weitergehende Erwerbsobliegenheit bei schuldlosem Arbeitsplatzverlust, kann für ein Kind der Mindestunterhalt gezahlt werden (OLG Dresden, Urteil vom 06.11.2009, Az.: 24 UF 334/09)

Hat der Schuldner von Kindesunterhalt vor Jahren seinen Arbeitsplatz für eine besser dotierte Stelle aufgegeben, ist dort aber mittlerweile gekündigt worden und verdient er nun an einem neuen Arbeitsplatz weniger als zuvor, trifft ihn dann keine weitergehende Erwerbsobliegenheit, wenn ihm der Verlust des Arbeitsplatzes unterhaltsrechtlich nicht vorgeworfen werden kann und er im den Mindestunterhalt zu zahlen in der Lage ist (OLG Dresden, Urteil vom 06.11.2009, Az. 24 UF 334/09).

Sachverhalt:

Die das Kind betreuende Mutter begehrt vom geschiedenen Vater Kindesunterhalt. Nach seinen Einkommensverhältnissen kann der Vater des Kindes zwar nur den Mindestunterhalt zahlen. Die Mutter weist jedoch darauf hin, dass der Vater vor Jahren seinen Arbeitsplatz zugunsten einer besser dotierten Stelle aufgegeben habe, dann dort gekündigt worden sei und nunmehr eine Arbeit verrichte, bei der er weniger Lohn erziele, als bei der ursprünglich aufgegebenen Arbeitstätigkeit. Den Vater treffe deshalb eine Erwerbsobliegenheit, er müsse somit entsprechende Anstrengungen unternehmen, um wenigstens den früheren Einkommensbetrag zu erzielen. Hätte er seinen sicheren früheren Arbeitsplatz nicht aufgegeben, würde er noch das damals erzielte Einkommen besitzen. Deshalb müsse der Kindesunterhalt nach den damaligen Einkommensverhältnissen berechnet werden, sodass die Höhe des Kindesunterhalts dann über dem Mindestunterhalt liegen würde. Hiergegen wendet der Vater ein, dass er den früheren Arbeitsplatz habe aufgeben dürfen, weil sich der frühere Arbeitgeber trotz häufiger Nachfragen nicht dazu geäußert habe, ob das Arbeitsverhältnis nachhaltigen Bestand haben würde. Im Übrigen sei das frühere Arbeitsverhältnis für ihn zudem branchenfremd gewesen. Außerdem wendet der Vater ein, er habe den besser dotierten Arbeitsplatz unverschuldet verloren und würde nunmehr zwar einen geringer entlohnten, dafür aber einen seiner Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz einnehmen. Da er aufgrund dessen zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts in der Lage sei, bestünde für ihn keine weitere Erwerbsobliegenheit.

Entscheidung:

Das OLG Dresden hat in seinem Urteil vom 06.11.2009 (Az. 24 UF 334/09) dem Vater Recht gegeben. Hierzu führt das Gericht aus, dass die Aufgabe des früheren Arbeitsplatzes nicht vorwerfbar sei. Da die dortige Tätigkeit perspektivisch unsicher und zudem branchenfremd gewesen ist, hat es nahe gelegen, dass sich der Vater um einen anderen Arbeitsplatz bemüht hat. Die besser dotierte Arbeitsstelle war weder branchenfremd, noch dass sie hinsichtlich ihrer Arbeitsanforderungen von vornherein nicht der Qualifikation des Vaters entsprochen hätte. Der Vater musste daher nicht von vornherein davon ausgehen, dass er am neuen Arbeitsplatz scheitern würde. Dass der Vater den neuen Arbeitsplatz unverschuldet verloren habe, gehöre zum allgemeinen Lebensrisiko.

Das Gericht hält fest, dass es im Hinblick auf all diese Umstände ein grob pflichtwidriges Verhalten des Vaters nicht erkennen könne. Da der Vater mit dem derzeit erzielten Einkommen im Rahmen des Kindesunterhalts den Mindestunterhalt zahlen könne, trifft ihn keine weitergehende Erwerbsobliegenheit. Solange die Mutter nicht darlegen und beweisen könne, dass der Vater seine Arbeitskraft nicht so gut wie möglich einsetze, kann von einer weitergehenden Erwerbsobliegenheit nicht ausgegangen werden. Nur das hätte aber zur Folge, dass dem Vater ein fiktiv höheres Einkommen zuzurechnen wäre, was seinerseits eine höhere Zahlung von Kindesunterhalt als nur den Betrag des Mindestunterhalts nach sich ziehen würde. (OLG Dresden, Urteil vom 06.11.2009, Az. 24 UF 334/09)

Auswirkungen und Empfehlungen:

Der Elternteil, der den Kindesunterhalt begehrt, muss Folgendes wissen: Minderjährige Kinder leiten ihre Lebensstellung von den Eltern ab. Deshalb wird die Höhe des Kindesunterhalts in den Unterhaltsleitlinien der Oberlandesgerichte auch ausgerichtet am Einkommen des Unterhaltsschuldners. Wird vom Unterhaltsverpflichteten im Rahmen dessen ein über dem Mindestunterhalt liegender Kindesunterhaltsbetrag begehrt, muss einerseits dargelegt und bewiesen werden, dass der Unterhaltbedarf des Kindes höher ist als sich aus der Tabelle ergibt. Andererseits muss dargelegt und bewiesen werden, dass der zum Kindesunterhalt Verpflichtete gegen seine Erwerbsobliegenheit verstoßen hat, also seine Arbeitskraft nicht möglichst gut einsetzt.

Solange der Unterhaltsverpflichtete den Mindestunterhalt leistet und der andere Elternteil die eben benannten Darlegungen und Beweise nicht erbringen kann, kann er Änderungsbegehren grundsätzlich weitestgehend gelassen entgegenblicken. Unterhaltsrechtlich darf ihm aber keinerlei Vorwurf hinsichtlich eines ggf. zu geringen Verdienstes oder wegen eines Arbeitsplatzverlustes zu machen sein.









Eingestellt am 27.01.2010 von Dr. Thomas Langner
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