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Erfolgreiche Beschwerde gegen den Scheidungsausspruch bei unterbliebener richterlicher Kontrolle eines vorliegenden Ehevertrags (OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.06.2022 – 9 UF 221/21)



Der Fall:

Die Ehepartner haben im April 1992 geheiratet. Im März 1992 wurde zwischen ihnen ein notarieller Ehevertrag geschlossen. Im Ehevertrag wurde der Versorgungsausgleich ausgeschlossen, auf nachehelichen Unterhalt verzichtet und Gütertrennung vereinbart. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die aus Brasilien stammende Ehefrau 23 Jahre alt und als ungelernte Servicekraft zu einem geringen Einkommen beschäftigt. Zudem stand die Frage nach der Verlängerung ihrer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis an. Außerdem war die Ehefrau bereits schwanger. Der Ehemann war 37 Jahre alt. In seinem Beruf erzielte er seit Jahren ein sehr deutlich höheres Einkommen als die Ehefrau. Nach Ablauf des Trennungsjahrs beantragte der Ehemann im Jahr 2021 die Durchführung des Scheidungsverfahrens. Im anberaumten Scheidungstermin hat das Gericht die Scheidung ausgesprochen und festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Hiergegen wendet sich die Ehefrau mit ihrer Beschwerde an das Oberlandesgericht. Sie rügt Verfahrensfehler des Familiengerichts, weil das Gericht den geschlossenen Ehevertrag auf seine Wirksamkeit hätte überprüfen müssen. Hätte das Gericht die Prüfung des Ehevertrags vorgenommen, wäre ein Versorgungsausgleich zu ihren Gunsten durchzuführen gewesen. (OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.06.2022 – 9 UF 221/21)



Fachanwalt für Familienrecht Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zum Thema: Keine Scheidung bei nicht überprüftem Ehevertrag
Die Entscheidung:

Tatsächlich hat das Oberlandesgericht den Scheidungsausspruch des Ausgangsgerichts aufgehoben. Es hat die Sache zur neuen Verhandlung zurückverwiesen. Zugleich hat das Oberlandesgericht darauf hingewiesen, dass es dem Familiengericht obliege, im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht den vorgelegten notariellen Ehevertrag auf Wirksamkeit zu kontrollieren. Hierzu müsse zwingend eine Tatsachenaufklärung bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses erfolgen. Vorliegend sei nämlich gerade nicht offenkundig, dass der notarielle Ehevertrag in jedem Fall wirksam sei. Vielmehr sei nicht auszuschließen, dass Unwirksamkeitsgründe vorliegen könnten. Grundlage hierfür könnte die Schwangerschaft der Ehefrau im Zeitpunkt des Vertragsschlusses kurz vor Eheschließung sein. Eine ungleiche Verhandlungsposition könnte sich aber auch aus den unterschiedlichen Einkommensverhältnissen, dem erheblichen Altersunterschied oder wegen der Thematik der anstehenden Verlängerung der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis der Ehefrau ergeben haben. Es sei daher nicht auszuschließen, dass der Ehevertrag ganz oder teilweise unwirksam sein könnte. Einhergehend damit könnte ein Anspruch der Ehefrau auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gegeben sein. All das müsse das Familiengericht noch klären. Der Rechtsstreit wurde deshalb zurückverwiesen und der Scheidungsausspruch aufgehoben. (OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.06.2022 – 9 UF 221/21)












Eingestellt am 03.04.2023 von Dr. Thomas Langner
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