Wird die Zustimmung des Integrationsamts vor der Kündigung eines schwerbehinderten Menschen nicht eingeholt, kann das die Vermutung einer schadensersatzpflichtigen Benachteiligung begründen. (BAG, Urteil vom 02.06.2022 – 8 AZR 191/21)



Der Fall:

Der Arbeitgeber hatte dem schwerbehinderten Arbeitnehmer zunächst eine Kündigung ausgesprochen. Im Kündigungsschutzverfahren haben sich beide auf eine vergleichsweise Beendigung des Arbeitsverhältnisses geeinigt. Nach Ende dieses Verfahrens hat der Arbeitnehmer ein weiteres arbeitsgerichtliches Verfahren angestrengt. Dort begehrt er eine Entschädigung wegen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Als Verstoß benennt er, dass der Arbeitgeber im Vorfeld der ausgesprochenen Kündigung das Integrationsamt nicht zur Zustimmung angefragt habe. Das begründe einen Entschädigungsanspruch, weil er offenkundig schwerbehindert sei. Der Arbeitgeber wendet sich dagegen. Einerseits sei ihm die Schwerbehinderteneigenschaft nicht bekannt gewesen. Deshalb habe er auch nicht gewusst, dass Sonderkündigungsschutz greift und er die Zustimmung des Integrationsamts einholen müsse. Andererseits konnte wegen dieses mangelnden Wissens die Kündigung ihren Grund gerade nicht in der Schwerbehinderung gehabt haben. Daher sei keine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung gegeben, weswegen eine Entschädigung nicht gezahlt werden müsse. (BAG, Urteil vom 02.06.2022 – 8 AZR 91/21)



Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zum Thema: Vermutung der Benachteiligung bei fehlender Zustimmung des Integrationsamts vor Kündigung eines Schwerbehinderten
Die Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht hat zunächst generell festgestellt, dass ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Einholung der Zustimmung des Integrationsamts vor Ausspruch der Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten Menschen eine Benachteiligung wegen dessen Schwerbehinderung darstellen könne. Voraussetzung hierbei sei aber einerseits, dass dem Arbeitgeber die Schwerbehinderung bekannt gewesen sei oder aufgrund Offenkundigkeit hätte bekannt sein müssen. Voraussetzung andererseits sei, dass der Arbeitnehmer diese Umstände darlegend beweisen müsse. Zudem müsse der Arbeitnehmer vortragen, weswegen im konkreten Einzelfall auf eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung im Fall der Kündigung zu schließen sei. Das konnte der Arbeitnehmer im vorliegenden Fall nicht zur Überzeugung des Gerichts. Daher wurde die Klage abgewiesen. (BAG, Urteil vom 02.06.2022 – 8 AZR 91/21)












Eingestellt am 20.09.2023 von Dr. Thomas Langner
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