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Sonderkündigungsschutz – Die häufigsten Fragen



Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zum Thema: Sonderkündigungsschutz - Die häufigsten Fragen


1. Wer genießt Sonderkündigungsschutz?

Neben den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes greift für bestimmte Personengruppen ein Sonderkündigungsschutz. Der Sonderkündigungsschutz ist verschieden ausgestaltet und ist in der Regel in wiederum separaten Gesetzen festgeschrieben. Am bekanntesten dürfte der Sonderkündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen, Schwangere und Eltern in der Elternzeit sein. Daneben sieht der Gesetzgeber aber auch Sonderkündigungsschutz für Betriebsräte, Auszubildende, Wehr(ersatz)dienstleistende und Personen in Pflege-/Familienpflegezeit vor. Schließlich gilt ein Sonderkündigungsschutz auch für eher exotisch anmutende Personen, so etwa für Datenschutzbeauftragte. Das Gesetz sieht noch weitere Möglichkeiten vor. Die eben benannten sind aber die wesentlichsten Anwendungsfälle.

2. Welche Vorteile bringt ein Sonderkündigungsschutz?

Der Gesetzgeber sieht die einem Sonderkündigungsschutz unterliegenden Personen als besonders schutzwürdig an. Diese sollen stärker vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes geschützt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sind nach dem Gesetz für deren wirksame Kündigung besondere weitere Erfordernisse neben den üblichen Kündigungsvoraussetzungen nötig. Mangelt es hieran, ist eine Kündigung in der Regel schon deshalb unwirksam. Sind die Voraussetzungen durch den Arbeitgeber indes erfüllt, muss das nicht zwingend die Wirksamkeit der Kündigung nach sich ziehen. Dann ist nämlich die Wirksamkeit der Kündigung in einem weiteren Schritt immer noch wie jede andere Kündigung zu prüfen, etwa auf Basis des Kündigungsschutzgesetzes.

3. In welcher Form unterliegen schwerbehinderte Menschen dem Sonderkündigungsschutz?

Sowohl bei schwerbehinderten Menschen (Grad der Behinderung von wenigstens 50) sowie bei ihnen Gleichgestellten (Grad der Behinderung von wenigstens 30 und eine Anerkennung durch die Bundesagentur für Arbeit) muss der Arbeitgeber vor dem Ausspruch der Kündigung neben den sonst nötigen Voraussetzungen zuvor noch die Zustimmung des Integrationsamts einholen. Dabei spielt es keine Rolle, um welche Art von Kündigung es sich handelt, ob der Arbeitgeber also außerordentlich fristlos oder ordentlich unter Einhaltung der Kündigungsfristen kündigt. Der Sonderkündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen und ihnen Gleichgestellte setzt ein, sobald diese im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ununterbrochen länger als 6 Monate beschäftigt sind. Zuvor greift der Sonderkündigungsschutz noch nicht, also insbesondere nicht während einer vereinbarten Probezeit. Stimmt die Behörde nicht zu, kann der Arbeitgeber eine wirksame Kündigung nicht aussprechen. Er müsste dann gegebenenfalls Widerspruch gegen die Entscheidung und bei auch insoweit ausbleibendem Erfolg Klage beim Verwaltungsgericht einreichen.

4. Gilt das auch, wenn der Arbeitgeber meine Schwerbehinderteneigenschaft nicht kennt?

Für den Sonderkündigungsschutz eines schwerbehinderten Menschen (und Gleichgestellten) genügt es, ist dem Arbeitgeber im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bekannt, dass ein Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft gestellt wurde und der Antrag auch positiv verbeschieden wird. Dafür genügt dann auch die Rückwirkung.

Aber selbst wenn der Arbeitgeber hiervon zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung keine Kenntnis hatte, kann der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber noch innerhalb von 3 Wochen seit Zugang der Kündigung seine Antragstellung oder seine amtlich festgestellte Behinderteneigenschaft mitteilen. Dann besteht auch Sonderkündigungsschutz.

Sonderkündigungsschutz besteht schließlich selbst dann, wenn zwar noch kein Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung gestellt wurde, dem Arbeitgeber aber dieser Umstand offenkundig sein musste. Hier kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.

Fazit: Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte jedenfalls nach Ablauf der Probezeit dem Arbeitgeber eine Mitteilung über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bzw. Gleichgestellter gemacht werden. Damit ist schließlich nicht nur ein Sonderkündigungsschutz verbunden, sondern auch eine Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer 5 Tage mehr Urlaub pro Jahr zu gewähren.

5. Gilt der Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen auch im Kleinbetrieb?

Der Sonderkündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen und Gleichgestellte ist nicht abhängig von der Größe des Unternehmens. Ist die Wartezeit von 6 Monaten verstrichen, setzt der Sonderkündigungsschutz unmittelbar ein, unabhängig von der Beschäftigtenzahl im Betrieb.

6. Wie greift der Sonderkündigungsschutz bei Schwangeren und nach der Entbindung?

Will der Arbeitgeber einer Schwangeren bis zur Entbindung bzw. bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung kündigen, bedarf es der Zustimmung der zuständigen Behörde. Anderenfalls ist jede ausgesprochene Kündigung schon wegen des Fehlens der Zustimmung unwirksam. Der Schutz für die Arbeitnehmerin setzt aber zugleich voraus, dass dem Arbeitgeber entweder die Schwangerschaft bzw. die gerade erfolgte Entbindung bekannt ist oder aber ihm diese Umstände spätestens innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung noch mitgeteilt werden.

7. Gilt der Sonderkündigungsschutz für Schwangere auch im Kleinbetrieb und in der Probezeit?

Der Sonderkündigungsschutz für Schwangere und Mütter, die gerade entbunden haben, ist als absoluter Kündigungsschutz im Gesetz formuliert. Das bedeutet, dass dieser Schutz von Anfang an besteht, also nicht erst nach Einsetzen einer Probezeit beginnt. Das bedeutet zugleich, dass der Schutz auch unabhängig von der Größe des Betriebs besteht. Die Rechtsprechung geht sogar so weit, dass der Schutz bereits dann eintritt, wenn zwar der Arbeitsvertrag unterzeichnet ist, aber noch vor dem tatsächlichen Arbeitsantritt gekündigt werden soll (BAG, Urteil vom 01.10.2020 – 2 AZR 214/20).

8. Wie wirkt der Sonderkündigungsschutz bei Elternzeit?

Während der Elternzeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht kündigen. Das ist nur möglich, wenn die zuständige Behörde hierzu eine Zustimmung erteilt. Sonst ist jede ausgesprochene Kündigung unwirksam.

Der Kündigungsschutz setzt dabei nicht erst ab dem 1. Tag der Inanspruchnahme von Elternzeit ein, sondern bereits dann, wenn die Elternzeit verlangt wird. Allerdings gibt es auch insofern die Einschränkung, dass das Verlangen nicht länger als 8 Wochen vor Beginn der Elternzeit liegen darf. Ein mehrere Monate vor Beginn der Elternzeit ausgesprochenes Verlangen nach Elternzeit löst daher den Sonderkündigungsschutz noch nicht ab dem früheren Zeitpunkt aus. Während der Elternzeit und den maximal 8 Wochen zuvor darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen. In besonderen Ausnahmefällen ist aber auch hier vorgesehen, dass die zuständige Behörde auf Antrag des Arbeitgebers die Zustimmung zur Kündigung erteilen kann.

Der Sonderkündigungsschutz greift auch dann, wenn in der Elternzeit gleichwohl noch Teilzeitarbeit geleistet wird.

9. Wie wird der Sonderkündigungsschutz bei Betriebsratsmitgliedern erzielt?

Eine ordentliche Kündigung von Betriebsratsmitgliedern ist nicht möglich. Selbst nach Beendigung der Betriebsratstätigkeit gilt dieser Schutz noch ein Jahr fort. Das bedeutet allerdings nicht, dass einem Betriebsratsmitglied nie gekündigt werden könnte. Es bleibt weiterhin möglich, dass der Arbeitgeber einem Betriebsratsmitglied außerordentlich fristlos kündigt. Das setzt aber stets einen wichtigen Grund für die Kündigung voraus und bedarf damit besonderer Umstände, die es dem Arbeitgeber unmöglich machen, das Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsratsmitglied weiter fortzusetzen.

Der Vollständigkeit halber muss hier mitgeteilt werden, dass es auch für die außerordentliche Kündigung dann natürlich der Mitwirkung des Betriebsrats bedarf. Hier bedarf es der Zustimmung des Betriebsrats, eine bloße Anhörung genügt hier nicht.

10. Wie wirkt der Sonderkündigungsschutz von Auszubildenden?

Zwar kann auch mit Auszubildenden eine Probezeit von maximal 4 Monaten vereinbart werden. Aber nach Ablauf der Probezeit ist es dem Arbeitgeber nicht mehr möglich, einem Auszubildenden ordentlich kündigen zu können. Nach Ablauf der Probezeit kann der Arbeitgeber nur noch außerordentlich kündigen. Er benötigt also einen wichtigen Grund für die Kündigung. Dabei muss es dem Arbeitgeber unzumutbar sein, das Ausbildungsverhältnis mit dem Auszubildenden fortzusetzen. Gerade aufgrund des Erziehungsgedankens im Ausbildungsverhältnis unterliegt die Prüfung des Kündigungsgrundes hier ganz besonders strengen Anforderungen.

Nicht als Sonderkündigungsschutz im eigentlichen Sinne, aber als besondere Hürde für den Arbeitgeber stellt sich ein weiterer Umstand dar. Nach Ablauf der Probezeit im Ausbildungsverhältnis muss der Arbeitgeber in seinem Kündigungsschreiben auch die Kündigungsgründe angeben. Sonst ist die Kündigung auch allein wegen Fehlens der Kündigungsgründe unwirksam.

11. Habe ich Sonderkündigungsschutz bei Umgehung der Schwerbehindertenvertretung?

Insofern im Unternehmen eine Schwerbehindertenvertretung existiert, hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung unverzüglich und umfassend von der beabsichtigten Kündigung zu unterrichten, diese anzuhören und ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen. Geschieht das nicht, ist die Kündigung wegen nicht ordnungsgemäßer Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung unwirksam. Die Notwendigkeit der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung besteht dabei

von Beginn des Arbeitsverhältnisses. Auch hier spielt die Betriebsgröße keine Rolle. Allerdings dürfte im Kleinbetrieb eher selten eine Schwerbehindertenvertretung existieren.

12. Ist ein mehrfacher Sonderkündigungsschutz möglich?

Der Sonderkündigungsschutz ist nach dem Gesetz stets an konkrete Voraussetzungen gebunden. Liegen die Voraussetzungen mehrerer Arten von Sonderkündigungsschutz vor, sind sämtliche Vorschriften des Sonderkündigungsschutzes einschlägig. Relativ häufig wird bei einem schwerbehinderten Menschen deshalb neben dem Integrationsamt auch die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen sein. Handelt es sich dabei zusätzlich auch noch um eine schwangere Arbeitnehmerin, greift auch der Schwangerenschutz.

13. Wie mache ich meinen Sonderkündigungsschutz geltend?

Hier ist Eile geboten. Grundlegend muss gegen Kündigungen innerhalb von 3 Wochen Klage beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Wird die Frist versäumt, gilt die Kündigung als wirksam. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber gegen Vorschriften des Sonderkündigungsschutzes verstoßen hat. Es ist also besonders wichtig, auf die Fristeinhaltung zu achten, damit auch der gesetzliche Schutz aufrecht erhalten bleibt.











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