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Zugewinnausgleich – Die häufigsten Fragen





1. Was ist eine Zugewinngemeinschaft?

Heiraten Eheleute, tritt der gesetzlich vorgesehene Güterstand ein. Das ist die Zugewinngemeinschaft. Hiervon können Eheleute nur abweichen, wenn in einem Ehevertrag ein anderer Güterstand vereinbart wird. Zu denken ist dabei an eine modifizierte Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung oder Gütergemeinschaft.

Bei der Zugewinngemeinschaft wird jedem Ehegatten weiterhin sein eigenes Vermögen zugeordnet, ohne dass der andere Ehepartner hierauf eine Zugriffsmöglichkeit hätte. Hieran ändert sich auch während der Ehe nichts. Der sein Vermögen mehrende Ehegatte wird Alleineigentümer bzw. alleiniger Forderungsinhaber. Das ist nur dort anders, wo die Ehepartner Miteigentum erwerben, etwa beim Kauf eines Einfamilienhauses.

Wie das Vermögen, so werden auch die Schulden der Ehepartner losgelöst voneinander betrachtet. Mit Eingehung der Ehe wird trotz des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft keineswegs der Schuldenberg des einen Ehepartners auch zum Schuldenberg des anderen Ehepartners. Überspitzt gesagt: Ein Ehepartner kann einen großen Schuldenberg haben und der andere Ehepartner ein enormes Vermögen. Die Gläubiger des überschuldeten Ehepartners können sich nicht erfolgreich an den anderen Ehepartner halten. Das wäre nur dann anders, hätte sich der vermögende Ehepartner vertraglich für Verbindlichkeiten des anderen Ehepartners mit verpflichtet, etwa als Mitdarlehensnehmer oder Bürge.

Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass die Zugewinngemeinschaft an separaten Vermögensmassen der Eheleute während der Ehe festhält. Endet die Ehe jedoch, dann kommt es zum Zugewinnausgleich.

Der Vollständigkeit halber ist schließlich darauf hinzuweisen, dass die Vermögenszuordnung bei Haushaltsgegenständen etwas differenzierter zu betrachten ist. Solches Vermögen bleibt in der Regel nicht so strikt getrennt wie eben beschrieben. Grund ist, dass beide Ehegatten diese Gegenstände zur gemeinsamen Lebensführung nutzen. Haushaltsgegenstände unterliegen daher bei einer Auseinandersetzung zwischen den Ehepartnern Sonderregelungen.



2. Was ist Zugewinn?

Für die Bestimmung des Zugewinns wird das Vermögen jedes Ehepartners zum Tag der Hochzeit (Anfangsvermögen) mit dem Vermögen zum Ende der Ehe (Endvermögen) verglichen.

Der Stichtag für das Endvermögen ist dabei der Tag, an dem der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft endet. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Gelingt die Ehe zeitlebens, endet sie erst durch den Tod eines Ehepartners. Scheitert die Ehe, wird der Endstichtag nach dem Gesetz auf den Tag der Zustellung des Scheidungsantrags festgesetzt. Schließlich kann der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch Ehevertrag beendet werden. Das geschieht in der Regel dadurch, dass die Eheleute für die Zukunft ihrer Ehe Gütertrennung vereinbaren.

Für jeden Ehegatten einzeln wir dann vom Endvermögen dessen indexiertes (also das um die Inflation bereinigtes) Anfangsvermögen in Abzug gebracht. Verbleibt bei dieser Berechnung ein positiver Vermögensbetrag, handelt es sich bei diesem Betrag um den während der Ehe erwirtschafteten Zugewinn des Ehepartners.

Zur Ermittlung des Anfangs- und Endvermögens werden sämtliche denkbaren Vermögenspositionen herangezogen. Dazu gehören insbesondere Geldvermögen, Wertpapiere, Immobilienvermögen, Anteile an Kapitalgesellschaften oder der Wert von angesparten Kapitallebensversicherungen. Selbstverständlich sind auch Negativpositionen zu berücksichtigen, wie zum Beispiel noch offene Darlehensverbindlichkeiten.

Vor der Bestimmung des Zugewinns eines jeden Ehepartners ist also eine sehr akribisch zu erstellende Übersicht nötig. Zur Vereinfachung für Mandanten wird dafür in meiner Kanzlei an Mandanten ein Erfassungsbogen ausgereicht. Das vereinfacht die Auflistung der Vermögenswerte und minimiert die Gefahr, dass einzelne nicht ohne weiteres offensichtliche Positionen vergessen werden (z.B. eine private Rentenversicherung nach ausgeübtem Kapitalwahlrecht).

Die zu erstellende Übersicht mag für den Zeitpunkt der Beendigung der Ehe recht einfach sein, weil die entsprechenden Belege relativ aktuell und damit sicher gut zugänglich sind. Die Übersicht macht in vielen Fällen aber beim Anfangsvermögen Probleme. Besonders dann, liegt der Hochzeitstag der Eheleute schon sehr lange zurück. Dort mangelt es oftmals an der Beweisbarkeit der einzelnen Positionen.



3. Was ist Zugewinnausgleich?

Ist für beide Eheleute jeweils separat der während der Ehezeit erzielte Zugewinn ermittelt worden, kann die Richtung und die Höhe des Zugewinnausgleichs berechnet werden. Übersteigt der Zugewinn des einen Ehepartners den Zugewinn des anderen, steht dem weniger vermögenden Ehepartner die Hälfte des Differenzbetrags als Zugewinnausgleichsanspruch zu.

Beispiel 1:

M und F haben am 01.01.2010 geheiratet. F hatte kein Vermögen. M hatte damals 20.000,00 € in die Ehe eingebracht. Am 20.05.2022 wird der Scheidungsantrag zugestellt. An diesem Tag hatte F 10.000,00 € Vermögen und M 100.000,00 €. Damit hat F während der Ehe einen Zugewinn von 10.000,00 € (Endvermögen 10.000 € abzüglich Anfangsvermögen 0,00 €) erwirtschaftet. M hat während der Ehe einen Zugewinn von 80.000,00 € (Endvermögen 100.000 € abzüglich Anfangsvermögen 20.000,00 €) erzielt. Damit übersteigt der Zugewinn des M den Zugewinn der F um 70.000,00 €. Folglich hat F gegen M einen Zugewinnausgleichsanspruch von 35.000,00 €.

Nach dem Ausgleich des Zugewinns haben F und M jeweils den gleichen Anteil am während der Ehe erworbenen Vermögen. F hat 10.000,00 € Vermögenszuwachs selbst erwirtschaftet. Hinzu treten 35.000,00 € aus dem Zugewinnausgleich. In Summe hat sie jetzt 45.000,00 €. M hingegen hat während der Ehe 80.000,00 € Zugewinn erwirtschaftet. Hiervon gibt er 35.000,00 € an F ab. Ihm verbleiben danach ebenso noch 45.000,00 €.

Hintergrund der gesetzgeberischen Überlegung beim Zugewinnausgleich ist folgender: Die Eheleute haben innerhalb der ehelichen Gemeinschaft gemeinsam gewirtschaftet. Sie sollen daher bei Scheitern der Ehe auch gemeinsam jeweils hälftig am wirtschaftlichen Erfolg der Ehe teilhaben. Dabei spielt die Überlegung eine Rolle, dass oftmals einerseits ein Ehepartner der Kindererziehung wegen während der Ehe beruflich zurücksteckt, hierdurch finanzielle Nachteile erleidet und kein maßgeblich eigenes Vermögen erwerben kann. Andererseits kann sich gerade deshalb der andere Ehepartner umso besser beruflich entwickeln, ein deutlich höheres Einkommen erzielen und damit ein deutlich höheres eigenes Vermögen erwirtschaften. Ohne das einvernehmlich so praktizierte eheliche Lebensmodell wäre dieser Vermögenszuwachs so nicht möglich gewesen. Das Zurückstecken des anderen Ehepartners soll daher im Wege des Zugewinnausgleichs kompensiert werden. Im Ergebnis sind beide Eheleute am wirtschaftlichen Erfolg der Ehe auch gleich beteiligt.

Aufgrund der Komplexität der Geltendmachung von Zugewinnausgleichsansprüchen ist daher zu raten, sich möglichst frühzeitig mit der Thematik auseinanderzusetzen, um späteren Nachteilen vorzubeugen.



4. Wie werden Erbschaften und Schenkungen beim Zugewinnausgleich berücksichtigt?

Sinn und Zweck des Zugewinnausgleichs ist eine gemeinsame Beteiligung der Eheleute am wirtschaftlichen Erfolg der Ehe. Schenkungen Dritter und zugeflossene Erbschaften sind jedoch nicht das Ergebnis des wirtschaftlichen Erfolgs der Ehe, sondern eher einem Zufall von außen geschuldet. Deshalb werden Schenkungen und Erbschaften im Ergebnis nicht ausgeglichen. Schenkungen und Erbschaften verbleiben allein bei dem Ehepartner, dem sie zugewendet worden sind. Der andere hat keinen Anspruch darauf.

Rechnerich werden Schenkungen und Erbschaften deshalb bei der Ermittlung von Zugewinnausgleichsansprüchen als sogenanntes privilegiertes Anfangsvermögen bewertet. Das bedeutet, dass die Erbschaft oder Schenkung als Wert zwar im Endvermögen enthalten ist. Im Gegenzug wird der indexierte Erbschafts- oder Schenkungsbetrag dann aber auch vom Endvermögen in Abzug gebracht.

Beispiel 2:

Würde im Beispiel 1 die F nur deshalb ein Vermögen von 10.000,00 € besitzen, weil ihr zugleich während der Ehe 5.000,00 € von Ihren Eltern geschenkt wurden oder sie diesen Betrag geerbt hätte, dann ergibt sich nur noch ein Zugewinn von 5.000,00 €. Das deshalb, weil vom Endvermögen mit 10.000,00 € der Betrag des privilegierten Anfangsvermögens mit 5.000,00 € (Schenkung bzw. Erbschaft) in Abzug zu bringen ist.

F hat daher nur noch einen Zugewinn von 5.000,00 €. Für die Berechnung ändert sich, dass der Differenzbetrag von ihrem Zugewinn (5.000,00 €) zum Zugewinn des M (80.000,00 €) nun auf 75.000,00 € steigt. Die Hälfte hiervon betragen 37.500,00 €. In dieser Höhe hat die F einen Anspruch auf Zugewinnausgleich gegen M.

Nach dem Ausgleich des Zugewinns haben F und M jeweils den gleichen Anteil am während der Ehe erworbenen Vermögen und F behält die 5.000,00 € aus der Schenkung. F hat 5.000,00 € Vermögenszuwachs selbst erwirtschaftet. Hinzu treten 37.500,00 € aus dem Zugewinnausgleich und die 5.000,00 € aus der Schenkung. In Summe hat sie jetzt 47.500,00 €. M hingegen hat während der Ehe 80.000,00 € Zugewinn erwirtschaftet. Hiervon gibt er 37.500,00 € an F ab. Ihm verbleiben danach 42.500,00 €, also 5.000,00 € weniger als der F. Diese 5.000,00 € machen den Wert der Schenkung aus, den F unabhängig vom Zugewinnausgleich weiterhin allein behalten kann.

Aber Achtung! Zwar wird der Wert von Schenkungen und Erbschaften beim Zugewinnausgleich im Ergebnis unberücksichtigt gelassen. Wurde jedoch das als Schenkung oder im Rahmen der Erbschaft erhaltene Vermögen während der Ehezeit veredelt (z.B. Sanierung eines Hauses) oder haben Schenkungsgegenstand bzw. Erbschaftsmasse einen automatischen Wertzuwachs durch Zeitablauf erfahren (marktübliche Steigung der Grundstücks- und Immobilienpreise), so sind diese Wertzuwachsbeträge echter Zugewinn während der Ehe und demzufolge auszugleichen.

Beispiel 3:

F erhält von ihren Eltern ein unbebautes Grundstück zu einem Wertbetrag von 5.000,00 €. Am Ende der Ehe ist das Grundstück als Bebauungsgebiet ausgewiesen und besitzt einen Wert von 25.000,00 €. Der Betrag von 5.000,00 € ist beim Zugewinnausgleich weiterhin privilegiert. Der Wertzuwachs des Grundstücks während der Ehe von 20.000,00 € fällt jetzt aber in den Zugewinn. Die Berechnung in Beispiel 2 ändert sich nun wie folgt:

F hat jetzt einen Zugewinn von 25.000,00 € (5.000,00 € selbst erwirtschaftet und 20.000,00 € Grundstücksmehrung). M hat weiterhin 80.000,00 € Zugewinn. Der Differenzbetrag beider Zugewinnbeträge sinkt auf 55.000,00 €. Die Hälfte hiervon betragen 27.500,00 €. Jetzt hat F nur noch in dieser Höhe einen Anspruch auf Zugewinnausgleich gegen M.

Nach dem Ausgleich des Zugewinns haben F und M jeweils den gleichen Anteil am während der Ehe erworbenen Vermögen und F behält die 5.000,00 € aus der Schenkung. F hat in Summe 57.500,00 € (5.000,00 € selbst erwirtschaftet, 27.500,00 € aus dem Zugewinnausgleich, 5.000,00 € aus der Schenkung und die Wertmehrung von 20.000,00 € für das Grundstück). M hingegen hat während der Ehe 80.000,00 € Zugewinn erwirtschaftet. Hiervon gibt er 27.500,00 € an F ab. Ihm verbleiben danach 52.500,00 €, also genau die 5.000,00 € weniger als der F, die diese als Schenkung erhalten hatte.



Fachanwalt für Familienrecht Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zum Thema: Zugewinnausgleich, die häufigsten Fragen

5. Muss mein Ehepartner mir sein Anfangs- und Endvermögen mitteilen?

Zur Bestimmung des Zugewinns eines jeden Ehepartners ist es nötig, dessen Anfangsvermögen und Endvermögen zu kennen. Zur Erleichterung dessen sind im Gesetz Auskunfts- und Belegansprüche festgeschrieben. Das bedeutet, dass die Ehepartner sich nach Aufforderung hierzu jeweils Auskunft über ihr Anfangs- und Endvermögen zu erteilen haben. Hierzu gehören gleichfalls Auskünfte über einen etwaig privilegierten Vermögenserwerb (Erbschaften und Schenkungen während der Ehe) und über illoyale Vermögensverfügungen. Auf Anforderung haben sie zudem entsprechende Belege vorzulegen.

Die Auskunft vom anderen Ehepartner kann dabei dann verlangt werden, sobald der Güterstand beendet ist (etwa durch ehevertragliche Vereinbarung künftig geltender Gütertrennung) oder der Scheidungsantrag zugestellt wurde. Nach der Auskunftserteilung ist die Herleitung des jeweiligen Zugewinns der Ehepartner und damit auch die Herleitung der Zielrichtung und der Höhe eines Zugewinnausgleichsanspruchs möglich.



6. Was geschieht, kann ich die Zugewinnausgleichsforderung nicht zahlen?

Für solche Fälle sieht das Gesetz eine besondere Stundungsmöglichkeit vor. Besteht hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsforderung zwischen den Eheleuten Einigkeit, kann das Familiengericht die Zahlung auf Antrag stunden. Voraussetzung ist, dass die gegenwärtige Zahlungsverpflichtung den Ehepartner zur Unzeit und damit besonders hart treffen würde, aber eine Verbesserung seiner Lage bereits absehbar ist. Das Familiengericht kann zugleich anordnen, dass im Gegenzug zur Stundung vom verpflichteten Ehepartner Sicherheitsleistung zu erbringen ist. Zudem ist die gestundete Forderung zu verzinsen.



7. Mein Ehepartner verprasst sein Vermögen, was ist zu tun?

Verfügt ein Ehegatte illoyal über sein Vermögen (z.B. Vermögensumschichtung an eine Liebschaft), sanktioniert das Gesetz solche Handlungen. Der Wert des illoyal abgeflossenen Vermögens wird rechnerisch dennoch dem Endvermögen des treuwidrig handelnden Ehepartners zugerechnet. Der verschwenderisch agierende Ehegatte wird also so behandelt, als wenn er das Vermögen noch hätte. Rechnerisch werden daher Zugewinnausgleichsansprüche durch ein Verprassen des Vermögens nicht beeinträchtigt.

So gut gemeint das Gesetz an dieser Stelle ist, stehen dem doch rein praktische Hindernisse entgegen. Es nutzt der beste hergeleitete Zugewinnausgleichsanspruch nichts, wenn das Vermögen nicht mehr vorhanden ist und daher keine Zahlung mehr erfolgen kann. Dem sollte vorgebeugt werden. Dabei sind vor allem drei Möglichkeiten denkbar:

  • Zur Sicherung der Zugewinnausgleichsansprüche sollte in solchen Fällen stets über einen sogenannten dinglichen Arrest nachgedacht werden. Der Arrestantrag wird erfolgreich sein, wenn das Gericht sich davon überzeugen kann, dass anderenfalls die Umsetzung der Zugewinnausgleichsansprüche vereitelt oder wesentlich erschwert würden.
  • Weitere Möglichkeit des Schutzes des eigenen Zugewinnausgleichsanspruch ist die Geltendmachung des vorzeitigen Zugewinnausgleichs. Danach kann der Anspruch auf Zugewinnausgleich sofort geltend gemacht werden, wenn der andere Ehepartner illoyal über sein Vermögen verfügt oder zu verfügen ankündigt, obgleich an sich die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Zugewinnausgleichsansprüchen noch nicht vorliegen würden.
  • Schließlich kann auch daran gedacht werden, vom Empfänger der illoyalen Vermögensumschichtung (etwa der mit dem Vermögen bedachten Liebschaft) Ersatz des Wertes der unentgeltlichen Zuwendung des ausgleichspflichtigen Ehegatten zu verlangen. Hierbei würde es sich um einen direkten Zahlungsanspruch gegen die mit der illoyalen Verfügung bedachten Person handeln.


8. Werden Zugewinnausgleichsansprüche im Scheidungsverfahren festgelegt?

Generell ist es eine Fehlvorstellung, wenn Mandanten davon ausgehen, dass das Familiengericht im Rahmen des Scheidungsverfahrens alle umstrittenen Punkte klärt. Richtig ist, dass das Familiengericht nur solche Dinge klärt, hinsichtlich derer Anträge gestellt werden. Im Scheidungsverfahren ist das zunächst einzig der pure Scheidungsantrag. Hinzu tritt der von Gesetzes wegen vom Gericht vorzunehmende Versorgungsausgleich. Wird im Rahmen des Scheidungsverfahrens kein Zugewinnausgleich beantragt, entscheidet das Gericht hierzu nichts.

Das bedeutet, dass Eheleute stets selbst aktiv werden müssen, um ihre Zugewinnausgleichsansprüche zunächst zu beurteilen und diese dann gegebenenfalls durchzusetzen. Hierzu wird nicht selten anwaltlicher Rat nötig sein, da die Thematik besonders komplex ist. Im Rahmen dessen kann dann entschieden werden, ob Zugewinnausgleichsansprüche tatsächlich in das Scheidungsverfahren mit eingebracht werden sollen oder aber separat nach Ablauf des Scheidungsverfahrens geltend gemacht werden. Für beide Varianten sprechen verschiedene Gesichtspunkte. Jeweils im Einzelfall muss dann taktisch entschieden werden, welche der Varianten für den Mandanten günstiger ist.

Dass das Gericht nicht von Amts wegen über Zugewinnausgleichsansprüche entscheidet, ist dabei auch sachgerecht. Man verdeutliche sich nur die Situation, dass rechnerisch zwar ein Zugewinnausgleichsanspruch zu Gunsten eines Ehepartners besteht. Gleichwohl haben sich die Ehepartner darauf geeinigt, dass ein Verzicht auf den Zugewinnausgleichsanspruch erfolgt, etwa weil eine andere Gegenleistung durch den sonst verpflichteten Ehepartner erbracht worden ist und das für beide eine akzeptable Lösung darstellt. Es wäre in einer solchen Situation kontraproduktiv, wenn das Gericht über bereits zwischen den Ehepartnern geeinigte Aspekte zwingend entscheiden müsste.

Zu beachten ist jedoch, dass ein formeller Verzicht auf Zugewinnausgleichsansprüche nur notariell vereinbart werden kann oder aber im Rahmen des Scheidungstermins erklärt werden kann. Beim Scheidungstermin müssen beide Eheleute anwaltlich vertreten sein. Nach Rechtskraft der Scheidung können die Ex-Eheleute miteinander ohne einzuhaltende Formvorschriften einen Verzicht auf Zugewinnausgleichsansprüche miteinander vereinbaren.

In vielen Fällen wird der Verzicht nicht vereinbart, sondern Zugewinnausgleichsansprüche werden einfach nicht verfolgt. Sind die Ansprüche künftig verjährt, ist dem beiderseitigen Anliegen Genüge getan. Bis zum Ablauf der Verjährung besteht allerdings immer die Gefahr, dass die Ansprüche doch noch geltend gemacht werden. Wollen die Ehegatten Planungssicherheit, sollte eine Regelung ins Auge gefasst werden.



9. Kann ich im Ehevertrag Zugewinnausgleichsansprüche ausschließen?

Zu einem möglichen Zugewinnausgleichsanspruch können Ehegatten in einem Ehevertrag Regelungen treffen. So können die Ehepartner den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft für sich ausschließen.

Der häufigste Fall ist dabei der, das Ehepartner den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zu Gunsten einer Gütertrennung abändern. Das kann sowohl zu Beginn der Ehe als auch noch während der Ehezeit geschehen. Letztlich ist das auch im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung möglich. Auf diese Art und Weise erhalten die Eheleute Planungssicherheit für den Fall einer ehelichen Auseinandersetzung.

Eheleute können den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft aber auch modifizieren. Eine Modifikation kann beispielsweise so geschehen, dass das Betriebsvermögen vom Zugewinnausgleich ausgenommen wird, im Übrigen der Zugewinnausgleich aber durchgeführt werden soll. Solche Regelungen werden oft deshalb getroffen, um im Fall eines Scheiterns der Ehe die Existenz eines Unternehmens nicht zu gefährden.



Fachanwalt für Familienrecht Dr. Thomas Langner (Chemnitz) zum Thema: Die häufigsten Fragen zum Zugewinnausgleich

10. Muss ich beim Zugewinnausgleich für Schulden meines Ehepartners haften?

Eine direkte Haftung für Schulden des Ehepartners ist grundlegend ausgeschlossen. Ausnahmen gelten dort, wo beide Ehepartner miteinander Zahlungsschuldner geworden sind, etwa durch gemeinsam unterzeichnete Darlehensverträge oder eine Bürgschaftsverpflichtung.

Der andere Aspekt ist der Umstand, ob die Schulden des einen Ehepartners Einfluss auf die Berechnung des Zugewinns besitzen. Hier sind zwei Fälle denkbar: Ein Ehepartner ist mit Schulden in die Ehe gegangen und ein Ehepartner hatte am Ende der Ehe Schulden. Dazu ist folgendes auszuführen:

Hat ein Ehegatte zum Zeitpunkt der Heirat Schulden in die Ehe gebracht, baut er diese Schulden während der Ehezeit ab. Die Rückführung der Schulden stellt damit auch einen Zugewinn dar.

Beispiel 4:

F hat kein Anfangsvermögen und kein Endvermögen. M hatte zu Beginn der Ehe 20.000,00 € Schulden und am Ende der Ehe 20.000,00 € Vermögen. Der Zugewinn des M während der Ehe beträgt daher 40.000,00 €. Weil die F keinen Zugewinn erzielt hat, hat sie einen Anspruch auf Zugewinnausgleich gegen M von 20.000,00 €. Nach dem Zugewinnausgleich hat F 20.000,00 €. Der M hat jetzt zwar effektiv 0,00 €. Allerdings ist der M zugleich von seinen Schulden im Heiratszeitpunkt mit 20.000,00 € während der Ehezeit befreit worden.

Hat ein Ehepartner während der Ehezeit Schulden angehäuft und hat er aufgrund dessen nur ein negatives Endvermögen, entfallen Zugewinnausgleichsansprüche des anderen Ehepartners. Würde jetzt allerdings der andere Ehepartner selbst Zugewinn erzielt haben, müsste er an den verschuldeten Ehepartner Zugewinnausgleich zahlen.

Beispiel 5:

F hat am Anfang der Ehe 0,00 € besessen. Am Ende der Ehe besitzt sie 10.000,00 €. M ist mit 0,00 € in die Ehe gestartet und hat am Ende der Ehe 20.000,00 € Schulden. Damit steht fest, dass F einen Zugewinn von 10.000,00 € erzielt hat, M hingegen hat keinen Zugewinn erzielt. Folglich hat M gegen F in diesem Fall einen Zugewinnausgleichsanspruch von 5.000,00 €.



11. In welcher Weise fällt ein Einfamilienhaus in den Zugewinnausgleich?

Grundlegend unterscheidet sich die Berücksichtigung eines Einfamilienhauses beim Zugewinn nicht von anderen Vermögenswerten. War das Einfamilienhaus bereits zu Beginn der Ehe vorhanden, ist es beim Anfangsvermögen und beim Endvermögen einzustellen. War das Einfamilienhaus nur am Ende der Ehe vorhanden, ist es nur beim Endvermögen einzustellen. Entscheidend dabei ist, wie sich die Eigentumsverhältnisse am Einfamilienhaus darstellen:

  • Sind beide Ehepartner während der Ehe Miteigentümer geworden, ist der jeweils hälftige Verkehrswert des Hauses auch bei beiden im Endvermögen einzustellen. Sind die Darlehensraten noch nicht vollständig beglichen, sind bei beiden auch noch die Verbindlichkeiten zu berücksichtigen. Abhängig von den übrigen Vermögenswerten berechnet sich dann der Zugewinnausgleichsanspruch in oben hergeleiteter Weise (Verweis Ziffer 4).
  • Ist hingegen ein Ehepartner Alleineigentümer des Objekts, ist das Objekt auch nur bei ihm im Vermögen zu berücksichtigen, gegebenenfalls wiederum bereinigt um noch offene Verbindlichkeiten. Dann wird die übliche Zugewinnausgleichsberechnung hergeleitet.
Aber Achtung! Mit der Berücksichtigung des im Miteigentum stehenden Einfamilienhauses im Rahmen des Zugewinnausgleiches ist noch nichts dazu entschieden, welches künftige Schicksal das Einfamilienhaus nimmt. Bleiben beide Ehepartner Miteigentümer? Soll ein Ehepartner Alleineigentümer werden? Oder wird das Objekt veräußert? Diese Fragestellungen kann die rein mathematisch herzuleitende Berechnung von Zugewinnausgleichsansprüchen nicht klären. Solche Aspekte müssen im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung miteinander geregelt werden. Aufgrund der Komplexität dieser Materie dürfte anwaltliche Beratung angezeigt sein - nicht zuletzt wegen der engen Verknüpfung mit der übrigen Auseinandersetzung des Vermögens.


12. Muss ich den Zugewinnausgleichsbetrag versteuern?

Bei einem Zugewinnausgleichsanspruch handelt es sich um einen reinen Geldanspruch. Die Fragestellung nach dessen Versteuerung liegt also nahe. Grundlegend kann hier Entwarnung gegeben werden. Zugewinnausgleichsansprüche sind nicht zu versteuern.

Aber Achtung! Von der Steuerbefreiung erfasst ist nur der pure Geldanspruch des anspruchsberechtigten Ehepartners. Vorsicht ist geboten, wenn der Geldanspruch durch Übertragung von Gegenständen erfüllt werden soll. Solche Gestaltungen können steuerliche Tatbestände auslösen. Das gilt besonders dann, wenn Immobilien im Spiel sind.



13. Können Zugewinnausgleichsansprüche verjähren?

Zugewinnausgleichsansprüche verjähren nach drei Jahren. Der Beginn des Verjährungszeitpunkts liegt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft beendet wurde. Ist Verjährung eingetreten, kann der zum Zugewinnausgleich Verpflichtete den Anspruch ablehnen. So kann es geschehen, dass der rechnerisch großartig hergeleitete Zugewinnausgleichsanspruch komplett verpufft.





(Stand: 04/2022)