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Eine Abmahnung ist aus der Personalakte zu entfernen, unterliegt das gerügte Verhalten nicht dem Direktionsrecht (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.06.2009, 2 AZR 606/08)
Sachverhalt:
Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Arbeitgebers hatte dieser in der Vergangenheit mit nicht tarifgebundenem Personal eine Absenkung des 13. Monatsgehalts vereinbart. Da die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht nachließen, hat der Arbeitgeber nun versucht, auch mit den tarifgebundenen Arbeitnehmern eine Sondervereinbarung zu treffen. Die Mitarbeitervertretung war hiermit grundsätzlich einverstanden, allerdings erbrachte eine Mitarbeiterversammlung nicht das gewünschte Ergebnis. Der Arbeitgeber lud daher die Arbeitnehmerin separat zu einem Personalgespräch mit dem Hinweis, dass das bereits 75 % der tariflich gebundenen Arbeitsnehmer einer Herabsetzung des 13. Monatsgehalt zugestimmt hätten und man mit ihr daher nochmals ein Einzelgespräch führen wolle. Zugleich wies der Arbeitgeber darauf hin, dass das Gespräch als Dienstzeit bewertet werde und verbindlich sei. Nachdem die Arbeitnehmerin zwar zum angegebenen Zeitpunkt erschienen war, jedoch deutlich gemacht hatte, dass Sie lediglich ein Gespräch zu führen bereit sei, nicht aber ein Personalgespräch, hat der Arbeitgeber dieser eine Abmahnung ausgesprochen. Die Arbeitnehmerin begehrt, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Der Arbeitgeber entgegnet, dass er im Rahmen seines Direktionsrechts bestimmen könne, welche Arbeit wann und wo erledigt werden solle. Hierzu würde auch ein Personalgespräch gehören.
Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil (BAG, Urteil vom 23.06.2009, 2 AZR 606/08) dem Begehren der Klägerin entsprochen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Zwar besitzt der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer ein Direktionsrecht. Dieses kann aber nur bezogen auf die Konkretisierung der Hauptleistungspflichten gesehen werden. Der Arbeitgeber kann deshalb Ort und Zeit der Erbringung der Arbeitsleistung festlegen. Hingegen bezieht sich das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht auf die Höhe des zu zahlenden Entgelts oder den Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung. Diese Themenkreise sind vielmehr Grundlage des Vertrags, nicht lediglich Ausdruck von dessen Ausgestaltung und damit einer Weisung allein nach dem Willen des Arbeitgebers nicht zugänglich. Augenscheinlich war aber der geplante Inhalt des Personalgesprächs ausschließlich auf eine geplante Vertragsänderung gerichtet, nicht aber auf eine Veränderung derjenigen Aspekte, die der einseitigen Anordnung des Arbeitgebers zugänglich sind. Daran ändert auch nichts, dass der Arbeitgeber das Gespräch als Arbeitszeit deklarierte, denn zum Gespräch als solches war die Arbeitnehmerin gerade erschienen, sie war nur nicht bereit, ein Personalgespräch zu führen. Da dem Arbeitgeber bereits im Vorfeld klar war, dass die Arbeitnehmerin einer Änderung der Vertragsbedingungen nicht einvernehmlich zustimmen würde, war die Weisung des Arbeitgebers zum Erscheinen anlässlich des Personalgesprächs unwirksam. Folglich hat keine Pflichtverletzung der Arbeitnehmerin bestanden. Daher muss die Abmahnung ins Leere gehen. Sie ist unwirksam und deshalb aus der Personalakte zu entfernen (Bundesarbeitsgericht - BAG, Urteil vom 23.06.2009, 2 AZR 606/08).
Auswirkungen und Empfehlungen:
Der Arbeitnehmer sollte nach Ausspruch einer Abmahnung stets prüfen, ob die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung dem einem Arbeitgeber zustehenden Direktionsrechts unterliegt. Ist das nicht der Fall, sollte dennoch überlegt werden, ob tatsächlich gegen die Abmahnung vorgegangen wird. Das mag sicher im Hinblick auf eine unbescholtene Personalakte sinnvoll sein. Mitunter kann es aber auch besser sein, (zunächst) gegen die Abmahnung nicht vorzugehen. Sollte die Abmahnung Grundlage einer späteren Kündigung sein, kann auch später noch die Wirksamkeit der Abmahnung überprüft werden. Welchen Weg man wählt, muss in jedem Einzelfall situationsbezogen entschieden werden.
Für Arbeitgeber ist es wichtig im Vorfeld einer Abmahnung genau zu prüfen, ob das dem Arbeitnehmer vorgeworfene Fehlverhalten tatsächlich dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber Weisungen ankündigen, erteilen oder deren Nichteinhaltung rügen will. Kann ein Verhalten des Arbeitnehmers aber ausschließlich mit einer Vertragsänderung herbeigeführt werden, scheitert eine Abmahnung. Sie ist aus der Personalakte zu entfernen. Für Abänderungen des Arbeitsvertrags steht ggf. das Instrument einer Änderungskündigung zur Verfügung. Schließlich muss der Arbeitgeber wissen, dass sich der Arbeitnehmer dann einem Personalgespräch nicht entziehen kann, wenn es dort vordergründig um Ort, Inhalt und Zeit der Arbeitsleistung geht.
Weiterführende Darstellung: Abmahnung
Eingestellt am 30.11.2009 von Dr. Thomas Langner
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