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Ein im Testament angeordnetes grundstücksbezogenes Betretungsverbot für den Lebenspartner der Erbin ist sittenwidrig. (LG Bochum, Urteil vom 20.05.2021 – 8 O 486/20)
Die Erblasserin vererbte an ihre Tochter und ihre Enkelin ein Hausgrundstück. Zuletzt hatte die Erblasserin dort gemeinsam mit beiden gelebt. Die Tochter hatte sich jedoch einem neuen Lebenspartner zugewandt und lebte teils auch bei diesem. Die Erblasserin war gegen diese Beziehung und verfügte deshalb in ihrem Testament, dass die Tochter zwar das Hausgrundstück erben solle. Der Lebenspartner dürfe aber dauerhaft das Grundstück nicht betreten. Auch müsse sichergestellt sein, dass der Lebenspartner künftig das Grundstück weder verkauft noch geschenkt bekomme. Für diesen Zweck ordnete die Erblasserin Testamentsvollstreckung an. Sollte die Tochter gegen die Auflagen verstoßen, solle der Testamentsvollstrecker das Grundstück veräußern und vom Veräußerungserlös einen wesentlichen Anteil an gemeinnützige Einrichtungen zahlen. Nur der Rest sollte der Tochter und der Enkelin verbleiben. Hiergegen wendet sich die Tochter. Sie sieht die Auflage mit der verknüpften Strafandrohung als unwirksam an. (LG Bochum, Urteil vom 20.05.2021 – 8 O 486/20)
Das Gericht weist zunächst darauf hin, dass ein Erblasser testamentarisch Auflagen anordnen könne. Dabei sei es auch unerheblich, ob solche Auflagen aus Sicht unbeteiligter Dritter möglicherweise unsinnig oder nicht nachvollziehbar seien. Die Grenze möglicher Auflagen sei jedoch dann erreicht, wenn auf die Entschließungsfreiheit des Erben ein nicht hinzunehmender Druck ausgeübt werde. Das sei insbesondere dann der Fall, wenn eine Auflage eine Intensität erreiche, die die private und höchstpersönliche Lebensführung eines Erben einschränkt. Das sei hier aber der Fall. Die Erbin müsse faktisch dafür sorgen, dass ihr Lebenspartner das ihr vererbte Hausgrundstück nie betritt. Die Einhaltung der Auflage würde damit die Beziehung der Tochter zu ihrem Lebenspartner sehr deutlich erschweren und zeitweise unmöglich machen. Augenscheinlich sollte die testamentarische Auflage auch genau das zum Ziel haben. Die gemeinsame Lebensführung mit ihrem Lebenspartner gehöre aber zu deren Kernbereich höchstpersönlicher Lebensgestaltung. Das sei eine unzulässige Einflussnahme eines Erblassers auf die Entschließungsfreiheit eines Erben. Damit sieht das Gericht die Grenze der Sittenwidrigkeit als überschritten an. Damit sei die Auflage nichtig und durch die Tochter und die Enkelin nicht zu beachten. (LG Bochum, Urteil vom 20.05.2021 – 8 O 486/20)
Eingestellt am 13.03.2023 von Dr. Thomas Langner
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